Wahl des Datenmanagers von entscheidender Bedeutung

Produktion und Anwendungen zeigen hohen State of the Art

07.12.1990

Dr. Annette Kahre, International Marketing Communications Manager, eps Bertelsmann

Noch immer ist die elektronische Aufbereitung von Daten und ihre Publikationen auf CD-ROM (Compact Disk Read Only Memory) für viele Unternehmen aller Branchen ein Buch mit sieben Siegeln. Und dennoch engagieren sich immer mehr Informationsanbieter für dieses Medium mit seinen fast unglaublichen Speicherkapazitäten und Recherchemöglichkeiten.

Ähnlich wie bei der Angst vor dem Fliegen sind häufig mangelhafte Informationen der Grund, weshalb Unternehmen ein CD-ROM-Projekt auf die lange Bank schieben. Dabei sind die Vorteile dieses optischen Speichermediums hinlänglich bekannt. Und bei ordentlicher Planung lassen sich unvorhergesehene Überraschungen bereits im Vorfeld ausschalten. Wie sieht nun das Procedere einer CD-ROM-Produktion aus und wie kommt ein Unternehmen zu seiner eigenen CD-ROM? (Zur besseren Übersicht ist es ratsam, den Ablauf einerseits sozusagen step by step in Einzelschritten zu schildern, andererseits aber auch das Projekt in einen Zeitplan einzubinden.)

Technischer Ablauf der CD-ROM-Produktion

Der erste Schritt bei der Erstellung einer CD-ROM ist die Erfassung und Digitalisierung der Daten. Dies erfolgt beim lnformationsanbieter - in der Automobilindustrie beispielsweise ist dies der Hersteller selbst - über Eingabemedien wie zum Beispiel einer Computertastatur oder mit Hilfe eines Scanners, der Vorlagen einliest und mit entsprechender Erkenungssoftware digitalisiert.

In der Automobilindustrie, im Verlagswesen oder auch im Pharmawesen, wo CD-ROM bereits schon jetzt erfolgreich ein gesetzt wird, liegen die gewünschten Daten (wie beispielsweise die Beschreibung von Ersatzteillisten) meist schon in entsprechend digitaler Form vor, da sie für die bisherige Produktion auf Mikrofiche ebenso verwendet wurden.

Somit kann der künftige CD-ROM Anbieter in fast allen Fällen unmittelbar mit dem zweiten und wohl bedeutendsten Schritt im Projektablauf starten: der Datenaufbereitung. Er transportiert dazu seine Daten auf beliebigen Datenträgern - meistens Magnetbändern oder anderen optischen Speichermedien wie WORM (Write Once Read Many) - zu einem "Datenmanager" oder Service-Haus.

Der Datenaufbereitung wird allgemein die größte Bedeutung zugemessen: "Etwa 60 bis 70 Prozent des Zeitaufwands wird für die Strukturierung und Aufbereitung benötigt", kommentiert Manfred Wendt, Geschäftsführer der eps Bertelsmann Electronic Printing Service GmbH, diesen Schritt. Deshalb empfiehlt es sich auch, diesen Generaldienstleister aufzusuchen. Er hat jahrelang Know-how über die Details bei der CD-ROM-Realisation angesammelt. Außerdem steht eine ausgereifte erprobte Retrieval-Software zur Verfügung. Die ist nötig, damit sich die Daten ordentlich verwalten und vom Anwender schließlich auf bequeme Art und Weise verknüpfen und abfragen lassen.

Auf dem europäischen Markt hat sich die von eps entwickelte Cobra-Software (Cobra; CD-ROM Optimized B-tree and Retrieval and Access System) bereits einen bedeutenden Namen gemacht. "Es zeigt uns immer mehr, daß die einheitliche Einführung von Datenstrukturen und File-Designs (Anforderung der Daten auf der CD-ROM) langfristig zu effizienterer CD-ROM-Produktion und freundlicher Handhabung der Daten führt", so die Erkenntnis des Gütersloher Service-Unternehmens.

eps greift hierbei auf Erfahrung zurück, da mit der "SilverDAT", dem Arzneimittelverzeichnis "AIS" (Arzneimittel-lnformations-System) und dem Einkaufs-Bezugsquellennachweis "Wer liefert Was?" drei der auflagenstärksten CD-ROMS in der Bundesrepublik produziert werden. Die SilverDAT von der deutschen Automobil Treuhand Gesellschaft (DAT) gilt unter EDV-Experten als "Klassiker", da sie bereits 1986 den Einzug der CD-ROM-Technologie in die deutsche Automobilindustrie begründete. Weiterhin arbeitet Bertelsmann momentan mit großen Automobil-Herstellern - im EG-Projekt "Tecdoc" mit Daimler Benz, Peugeot, Citroen und Volkswagen - sogar europaweit an der Einführung von leistungsfähigen Standards.

Die Wahl des Datenmanagers ist auch deshalb von besonderer Bedeutung, da eine hier getroffene Entscheidung zu meist langfristiger Bindung führt. Denn kaum ein Anbieter wird seinen Kunden mit jeder Aktualisierung der CD-ROM eine erneute Einarbeitung in die jeweilige Situation zumuten - die damit verbunden sind. Hinzu kommt, daß der Auftraggeber auch nach der Erstellung der CD-ROM zusätzlich die Marktkenntnisse des Dienstleistungsunternehmens nutzen kann.

Das Dienstleistungsunternehmen bereitet die Daten in entsprechender Form auf, das heißt der Auftraggeber bekommt nach der individuellen Indexierung eine sogenannte File-Struktur, die eine vernünftige Gliederung für die Datenordnung auf der CD-ROM vorsieht. Nur so läßt sich die entsprechende Retrieval-Software (Software zum Auffinden und Verknüpfen bestimmter Daten- und Datenkombinationen) für den späteren Anwender sinnvoll gestalten - und der Kfz-Werkstatt-Monteur oder jeder andere beliebige Nutzer dieser CD-ROM hat ein denkbar einfaches Spiel bei der Handhabung. "Für uns ist es wichtig, daß der Kunde mit einheitlicher Software arbeitet", kommentiert Antonius Hürkamp, Vertriebs-Marketingleiter bei Bertelsmann. Er verweist auch auf Standards wie zum Beispiel die Seitenbeschreibungssprache SGML: "Da ist SGML (Standard General Mark-up Language) einer der ganz wesentlichen Aspekte, den wir immer mit ins Angebot einbringen werden."

Ergänzt durch Fehlerkorrekturcode

Nun geht's zum CD-ROM-Produzenten: Im Falle eps könnte sich der Auftraggeber diese nächsten Schritt sparen, denn im Konzern gibt es als Produktionsstätte die vom Schallplatten- und CD-Geschäft her bekannte Sonopress GmbH

Die eigentliche - physikalische - Herstellung (Pressung) der CD-ROM erfolgt ähnlich wie bei der CD-Audio. Jedoch müssen hier, insbesondere in der sogenannten Premastering-Phase, noch einige Faktoren zusätzlich berücksichtigt werden. Da sich trotz ausgereifter Produktionsverfahren immer noch einige mikroskopische Fehler, bedingt durch Partikel und Umwelteinflüsse, auf jeder CD-ROM-Disk befinden können, werden die Kundendaten online beim Einlesen in das Premasteringsystem zusätzlich um einen Fehlerkorrekturcode ECC (Error Correction Code) ergänzt. Dieser ECC enthält sogenannte redundante Daten, die aus den Kundendaten errechnet werden. Der Effekt dieses Vorgangs: Sollte sich beim Auslesen der Daten (beispielsweise durch die oben erwähnten Partikel) ein Fehler einschleichen wollen, so hat er keine Chance. Der ECC erkennt dies und korrigiert den Fehler.

Original-Daten bereit für den Mastering-Prozeß

Diese so gewonnenen Original-Daten zusammen mit dem ECC sind nun bereit für den eigentlichen Mastering-Prozeß, die Herstellung der CD-ROM (dieser Prozeß ist nahezu identisch mit der Herstellung von Audio-CDs und damit bekannte und bewährte Technologie).

Für Technik-Freaks. Zu den Aufgaben des Premastering kann es auch gehören daß die angelieferten Daten dem ISO-Standard 9660 oder dem sogenannten High-Sierra-Format entsprechen müssen. Denn nur somit kann gewährleistet werden daß die CD-ROM auch in jedem auf dem Markt erhältlichen Standard-Laufwerk betrieben werden kann.

Nach dem Mastering kommen noch die Produktionsschritte Galvanik und Serienfertigung (diese sollen aber nicht näher beschrieben werden, da sie bekannter Stand der Produktionstechnik sind).

Unterschied zwischen CD-ROM und CD-Audio

Interessanter ist allerdings das Ende der Fertigung: Hier gibt es nämlich noch ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zwischen CD-ROM und CD-Audio. Bei der CD-ROM offeriert Sonopress noch einen 1:1-Check der Daten auf der fertigen Scheibe gegen das angelieferte Kundenmaterial. Dieser Test soll gewährleisten daß sich während des gesamten Produktionsprozesses keinerlei Abweichungen gegenüber den Kundeninformationen eingeschlichen haben.

Kurz zur Physik der CD-ROM Sie besteht aus einer 12 cm großen Kunststoffscheibe, auf deren einer Seite die Informationen als mikroskopisch kleine Vertiefungen auch Pits genannt, eingeschweißt sind. Die vier bis fünf Milliarden Pits pro Scheibe sind spiralförmig von innen nach außen angeordnet. Eine Reflektionsschicht aus Aluminium überzieht die Informationsseite und wird ihrerseits durch eine Lackschicht vor schädlichen Umwelteinfüssen geschützt. Mit einem Laserstrahl werden die 1/1000 mm dicken Informationen auf der Pit-Ebene später gelesen. Das für die Massenproduktion notwendige Master wird aus den im Premastering aufbereiteten Kundeninformationen auf ein Glasmaster übertragen und nach einem galvanischen Prozeß als Produktionsmatrize für die Serienfertigung erstellt.

Bevor sich ein Unternehmen dafür entscheidet seine Daten auf CD-ROM zu vertreiben muß überprüft werden, ob diese Technologie tatsächlich das geeignete Medium für den individuellen Zweck ist CD-ROM wird in die Gruppe der Optischen Speicher eingeordnet, zu der auch die WORM (Write Once Read Many) und die wiederbeschreibbare ROD (Rewrite able Optical Disk) zählen.

CD-ROM unterscheidet sich von der WORM und der ROD in der Art der Datennutzung. Wie der Name "Read Only Memory" bereits sagt, kann CD-ROM nur einmal mit Daten bespielt werden und vom Anwender schließlich unzählige Male abgespielt aber nicht mehr bespielt werden. Die Handhabung läßt sich mit CDs in der Hifi-Welt vergleichen CD-ROM dient also hauptsächlich zur Datenverbreitung; das heißt Informationen - wie beispielsweise Adreß- oder Ersatzteillisten - bleiben auf der Scheibe, wie sie der Anbieter dort anbringt und können vom Anwender weder verändert noch ergänzt werden.

Handhabung wie CDs in der Hifi-Welt

Das Medium bietet also 100Prozentige Datensicherheit, und aufgrund der unglaublichen Speichermenge von mehr als 600 MByte pro Scheibe bietet es eine praktische Handhabung im Versand. Wo vorher ein mehrere Kilogramm schweres Paket - beispielsweise mit Ersatzteillisten - auf den Postweg ging, steckt man jetzt die Silberscheibe lediglich in einen Briefumschlag. Will man später die Daten ergänzen oder ein Update machen, bedarf es entweder einer neuen Pressung oder eines Updates via andere Medien, zum Beispiel in Kombination mit Disketten oder DFÜ.

Insgesamt gesehen überwiegen bei der CD-ROM die Vorteile wie kostengünstige Medienproduktionen in hohen Stückzahlen, günstige Versandkosten, Recycling, schneller Datentransfer sowie platz- und kostensparende Lagerung. Typische Anwendungen werden dort angesiedelt, wo große Informationsmengen, beispielsweise in Form von Nachschlagewerken, einfach gehandhabt werden müssen; so die Service-lnformationen und Ersatzteilkataloge der Automobilindustrie, das Medikamentenverzeichnis der Pharma-lndustrie oder sämtliche Patentsschriften eines Patentamtes.

CD-ROM-Projekt innerhalb von 24 Stunden

Für besonders eilige Produktionen Dienstleiter auch einen sogenannten Übernachtservice. Ähnlich wie bei der Erstellung von CD-Audios ist es bei Bertelsmann in Zusammenarbeit mit der Tochter Sonopress möglich, ein CD-ROM-Projekt tatsächlich innerhalb von 24 Stunden zu produzieren. Dies erfordert aufgrund des Mehraufwands bei CD-ROM im Vergleich zu CD-Audio und entsprechenden Service-Aufwand natürlich höhere Kosten.

Anders sind die WORMs, die der Anwender einmal bespielen, dann allerdings nicht mehr löschen kann oder die RODs, die sich beliebig oft bespielen und auch wieder löschen lassen. Sie zielen auf völlig andere Anwendungen, wie beispielsweise hausinterne Archivierung oder Sicherung von Daten, die nicht in hohen Auflagen distribuiert werden müssen.

Zeitplan für ein CD-ROM-Projekt

CD-ROM-Projekte weichen im Realisierungszeitraum generell voneinander ab. Die Geschwindigkeit des Erstellungsprozesses hängt von verschiedenen Faktoren wie Benutzeranforderungen, der Art des vorhandenen Datenmaterials und nicht zuletzt von der Service Leistung des Servicehauses ab. Da ein Zeitplan oder Pflichtenheft vor allem aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus unabdingbar ist, sollte sich ein Unternehmen bereits im Vorfeld mit dem entsprechenden Dienstleistungsunternehmen eingehendst darüber beraten.

Ein fiktives Beispiel soll eine etwaige Vorstellung der beanspruchten Zeit liefern:

- Januar '90: Erste Kontaktaufnahme zu verschiedenen Dienstleistern.

- Februar '91: Auswahl eines Generaldienstleisters nach verschiedenen Kriterien wie Kosten, Art der Datenaufbereitung, verwendbare Retrieval-Software und Service

- Leistung. Dazu kann durchaus sogar eine Vereinbarung für die Distribution der CD-ROM mit dem Servicehaus abgeschlossen werden.

- März '90: Hausinterne Erstellung der Anwendungssoftware für den Übertrag der Daten zum Servicehaus. Dazu sollten entsprechende Datenformate geliefert werden. Bereitstellung der Testdaten.

- April '90: Erarbeitung und Programmierung der Benutzeroberfläche. Eventuelle Ergänzung vom Auftraggeber um fremdsprachliche Komponenten oder aktuellere Daten. Redaktionsschluß.

- Mai '90: Übergabe der Originaldaten an das Servicehaus.

- Juni '90: Realisierung der CD-ROM-Anwendungen.

Vorabversion.

- Juli '90: Produktion der CD-ROM in gewünschter Auflage.

Anfallende Kosten für:

- Beratung und Konzepterstellung

- Datenaufbereitung (abhängig von Lieferform, Menge und Schlüssel)

- Programmierung der Anwendungssoftware

- Lizenzen für die Retrieval-Software (abhängig von der Auflage)

- Produktion der CD-ROM (abhängig von der Auflagenhöhe)

- Zusätzliche Kosten für Verpackung, Gestaltung und Druck des Handbuches sowie eventuelle Übersetzungskosten.