Die "Deutsche Telecom" zur Nutzungsabhängigen Tarifierung (NT) für Festverbindungen:

Problematik des "Anderen" nicht mehr relevant

06.11.1981

KÖLN (CW) - Der Postverwaltungsrat hat am 4. September 1981 der 17

Änderungsverordnung zur Fernmeldeordnung zugestimmt. Unter Punkt 5.1 der Verordnung heißt es: "Harmonisierung der Tarife für Wähl- und Festverbindungen." Was verbirgt sich eigentlich dahinter?

Konkret bedeutet dies, daß ab 1983 für alle Arten von Festverbindungen, das sind Fernsprech-Abzweigleitungen, -Nebenanschlußleitungen, -Querverbindungen, überlassene Stromwege, Telex-Nebenanschlußleitungen, Melde- und Fernwirkstromwege sowie Direktrufverbindungen, grundsätzlich die neue Tarifkomponente "Zeit" angewendet

wird. Allerdings gilt gleichzeitig die Einschränkung, daß auf die meßtechnische Erfassung der Nutzungszeit bei allen Regelverbindungen innerhalb des Ortsnetzes und bei allen Direktrufverbindungen vorerst verzichtet wird. Statt dessen wird eine pauschale Mindestnutzungszeit von 80 Stunden pro Monat zugrunde gelegt. Da diese Pauschale mit den der zeit geltenden Gebühren identisch ist, tritt somit für solche Benutzer vorerst keinerlei Gebührenerhöhung ein. Von der DBP wird betont, daß es sich hier um ein Einstiegsmodell handelt, das in den nächsten Jahren gemeinsam mit den Anwender- und Herstellerverbänden weiterentwickelt werden soll. Insbesondere für den Bereich der Direktrufverbindungen soll gemeinsam erarbeitet werden, wie die tatsächliche Nutzungszeit gebührenrelevant gemacht werden kann, ohne daß die Wirtschaftlichkeit bisheriger Anwendungen in Frage gestellt wird.

Der Postverwaltungsrat hat der DBP aufgegeben, ein Jahr nach Realisierung der nutzungszeitabhängigen Tarifierung einen Erfahrungsbericht vorzulegen. Die Notwendigkeit der sogenannten Harmonisierung der Tarife ergibt sich vor allem im Hinblick auf die Regulierungen zur K-Anlage und analogen Verbindungen. Unter K-Anlagen versteht man Kommunikations-Nebenstellenanlagen zur Vermittlung aller Nachrichten in Form von Sprache, Text, Bild oder Daten. K-Anlagen sollen das Bindeglied zwischen privaten Inhouse-Netzen und den öffentlichen Fernmeldenetzen der DBP werden.

Durch eine ausschließlich verkehrsabhängige Tarifierung (Volumen Nutzungszeit) für alle Nachrichtenwege und der damit verbundenen Tarifharmonisierung kann die Post dann eher den freizügigen Nachrichtenverkehr über alle Netze und Dienste mit der K-Anlage zulassen.

Manche Vorteile bleiben Langfristig gesehen, so etwa ab 1985, wird der HfD für Benutzer mit großem Datenvolumen teurer werden. Nach Aussagen der DBP kommen 80 Prozent der Anwendungsfälle für Festverbindungen mit täglich vier Stunden Übertragungszeit zurecht. Hier ergibt sich keine Gebührenerhöhung, sondern sogar durch den Wegfall der Ausgleichsgebühr eine Gebührensenkung. Kommt ein Anwender an die Grenze der 80-Stunden-Nutzungszeit-Pauschale, so kann er eventuell durch Wahl einer höheren Übertragungsgeschwindigkeit seine Kosten im Griff behalten. Die 20 Prozent Intensivnutzer (Großanwender) erfahren einen gebremsten Gebührenanstieg durch eine Übergangsregelung. Erst zwischen 1988 und 1992 trifft sie die volle Gebührenlast. Nach wie vor wird jedoch nach Aussagen der Post gegenüber Wählverkehr in diesen Fällen ein beträchtlicher Gebührenvorteil verbleiben.

Die Harmonisierung wird sich auf die Struktur des gesamten Fernmelderechts vorteilhaft auswirken. Mit der Einführung der WT wird auch der Weg geebnet für die Weitervermietung (resale) von Festverbindungen an Dritte. Damit ist die fernmelderechtliche Problematik des "Anderen" nicht mehr relevant. Durch die Leistungsorientierung können Nebenstellenanlagen und Front-end-Prozessoren weitgehend restriktionsfrei betrieben werden. Neben dem völlig freien Netzzugang, der auch die Kopplung der öffentlichen Fernmeldenetze zuläßt, kann durch Mehrfachbelegung beziehungsweise Kanalteilung eine erhöhte Nutzung erreicht werden. Das Multifunktionsterminal kann dann voll genutzt werden; der Bildschirm ist für Telex, Teletex und EDV gleichermaßen einsetzbar. Die Liberalisierung auf dem Endgerätesektor wird begünstigt.

Die "Deutsche Telecom" e. V. ist als Anwenderverband in wichtigen Gremien der DBP vertreten und arbeitet dort aktiv mit, um die Anwenderinteressen zu vertreten. Sie wird die Post beim Wort nehmen, damit das Ausmaß einer möglichen Verteuerung in jenen Grenzen verläuft, die die Wirtschaftlichkeit bisheriger Anwendungen nicht gefährden kann. Die Deutsche Telecom e.V legt Wert darauf, daß bei der Nutzungszeitmessung nur echte Daten berücksichtigt werden, also keine Poll-Zeiten und keine Leerlaufzeiten. Vor allem muß eine ausreichende Planungssicherheit gewährleistet sein, damit der Anwender seine Telekommunikationstechnik in einem angemessenen Zeitraum entsprechend anpassen kann.

Das Thema "Harmonisierung der Tarife für Wähl- und Festverbindungen" wird einer der Diskussionsschwerpunkte bei der Telecom '81 in Köln (vom 4. bis 6. November) sein. Die Deutsche Bundespost wird sich dort in allen Fragen der breiten Öffentlichkeit stellen müssen.

Informationen: Deutsche Telecom e. V. c/o Deutsch-Atlantische Telegraphen-Aktiengesellschaft, Kaiser-Wilhelm-Ring 30/32, 5000 Köln 1, Tel.: 02 21/13 10 51.