Tools für die Datumsumstellung

Problem 2000: Morgen ist es für Aktionen zu spät

13.03.1998

Auf der CeBIT finden sich die Hersteller ein, deren Produkte heute Sorgen bereiten, die Lieferanten der PCs und Netzwerkkomponenten ebenso wie die Entwickler der Programmiersprachen und Anwendungen. In besonderem Maße aber haben die Kunden älterer DV-Anbieter Sorgen. Deren Systeme sind stark von zweistelligen Jahreszahlen durchseucht.

Nur eine Erleichterung haben Anwender, deren DV-Geschichte nicht erst mit den Namen Intel, Microsoft und Novell begonnen hat. Ihre wichtigsten Anlaufstellen auf der CeBIT finden sich fast durchweg in den Hallen 1 bis 3. Wer beispielsweise Rechner von IBM, Siemens-Nixdorf, Digital, Hewlett-Packard und Data General im Rechenzentrum stehen hat, für den ist in der Halle 1 der CeBIT auch die erste Adresse.

Alle diese Systemhersteller haben eigens eingerichtete Teams, die auf das Problem 2000 in ihren Umgebungen spezialisiert sind. Im Falle Big Blue hat sich die für IBM Global Services zuständige Dienstleistungs-Tochtergesellschaft CGI Deutschland mit einem umfassenden Tools- und Service-Angebot "CGI 2000" des Themas angenommen. Bull findet sich in Halle 2.

Wer vor einem Jahr über das im Vergleich zur IBM-Welt geringe Angebot von Umstellungs-Tools für BS2000-Systeme enttäuscht gewesen sein sollte, dem sei ein nochmaliger Besuch bei SNI in Halle 1 empfohlen - auch wenn der Hersteller in seinen Werbekampagnen inzwischen die Euro-Einführung in den Vordergrund stellt. Übrigens findet sich am Stand von SNI als Mitaussteller auch die Berliner Firma CTB Camtec Software mit ihrem Angebot für Umstellungsprojekte.

Ebenfalls in Halle 1 findet sich die SWS Software Services GmbH, und zwar als Partner auf dem Oracle-Messestand (6a2). Das Karlsruher Unternehmen ist auf die Migration von hierarchischen zu relationalen Datenbanken (nicht nur von Oracle) spezialisiert. Es verspricht, mit dem Produkt "Yes 2000" die Datumsmigration zehn- bis zwanzigmal schneller als mit CASE-Tools zu schaffen. Ansprechpartner ist Marketing-Leiter Rainer Gerkens.

Auch Oracles Datenbankkonkurrent Informix hat sich ein auf Datumsumstellungen und Euro-Erweiterungen spezialisiertes Unternehmen auf den Stand 4D2 in Halle 1 geholt. Wincap Software zeigt mit der "Workbench" eine Suite zum Re-Engineering von Informationssystemen auf der Basis von Plattformen wie MVS, AS/400, VSE, GCOS 7 und 8, VMS, Unix, Windows und MS-DOS. Es eignet sich für eine Reihe problematischer Programmiersprachen, Datenbanken, Job Control Languages und Scheduler.

Die Workbench besteht aus einer Vielzahl kombinierbarer Tools, die nicht nur die Umstellungen weitgehend automatisieren sollen, sondern auch ein Repository aktualisieren und mit einer justierbaren generischen Parsing-Engine Regeln einer Sprache und die vielfältigen logischen Verknüpfungen von Datums- und Währungsfeldern nachvollziehbar machen. Ansprechpartner am Stand ist Andreas Roy.

Gleich dreimal ist Origin auf der CeBIT mit dem Lösungsverfahren "Solve 2000" vertreten: bei Filenet (Halle 1, 5a2), SAP (Halle 2, B18) und Baan (Halle 3, D3). Der Werkzeugkasten enthält Tools für Scanning, Projektkalkulation und Tests sowie eine eigens entwickelte Datenbank, in die Erkenntnisse aus bisherigen Arbeitsschritten automatisch einfließen. Das Unternehmen bietet auch den "Millenium-Service" seiner "Update"-Zentren an, wozu im übrigen auch an Outsour- cing angelehnte Finanzierungsmodelle zählen. Die Umstellungsspezialistin bei Origin heißt Karin Sadowski.

Ein wichtiger Anlaufpunkt für Interessenten in Sachen Jahr-2000-Umstellung ist der Stand der Alldata GmbH (Halle 2, B26). Zum einen bieten die Münchner in Zusammenarbeit mit dem US-amerikanischen Software- und Dienstleistungsunternehmen Data Dimensions eine Umstellungslösung an, die von der Strategieberatung über das Projekt-Management bis hin zum Scanning- und Konvertierungs-Tool reicht.

Von besonderem Interesse dürfte für Datumsproblem-geplagte Anwender die Präsenz der Initiative 2000 am Stand von Alldata sein. Dieser Zusammenschluß von zur Zeit 15 Anbietern ist vor genau einem Jahr auf der CeBIT gegründet worden und verdient für die bisherige Aufklärungsarbeit alle Anerkennung. Mitglieder der Initiative sind an einem entsprechendem Logo auf ihren Ständen zu erkennen.

Die Initiative wartet in Hannover mit einem Produkt auf: "Review 2000", das es jetzt auch in einer PC-basierten Version gibt, dient der Software-Analyse und gestattet eine Quasi-Zertifizierung. Es handelt sich um eine Gemeinschaftsentwicklung der Mitglieder der Initiative, die in Zusammenarbeit mit Banken, Versicherungen und Wirtschaftsprüfern entstanden ist. Ansprechpartner ist der Leiter der Initiative, Frank Sempert.

Leider konnte die Gruppierung nur ein einziges Referat im gedrängten Vortragskalender der CeBIT unterbringen: Alldata-Geschäftsführer und Initiative-2000-Mitbegründer Hans Berg spricht am Sonntag, dem 22. März 1998, um 10 Uhr 45 im TCM, Raum München, über "Jahrtausendwechsel: Nur noch zwei Lösungsalternativen".

Es geht in Bergs Referat um eine der wichtigsten Fragen bei der Umstellungstrategie: Sollten alle Jahresfelder von zwei auf vier Stellen erweitert werden oder nach der Windowing-Methode ein "Zeitfenster" Datumsangaben im laufenden Betrieb überwachen und konvertieren? Angesichts der bei den meisten Anwendern verspäteten Umstellungsprojekte empfiehlt die Initiative 2000 in der Regel die Windowing-Technik.

Alldata bietet darüber hinaus der Firma HK Systems Gelegenheit, eine neue Lösung zu demonstrieren, deren Clou darin bestehen soll, daß Mainframe-Funktionen auf einem Stand-alone-PC laufen können. Damit ließen sich besonders aufwendige Analysen, Umstellungen und Testläufe separat vornehmen, ohne daß der Anwender Programmkollisionen oder Leistungsverluste auf dem Host befürchten müsse.

Für AS/400-Anwender gibt es ebenfalls in Halle 2 Informationen, falls sie mit ihren Programmen auf Basis von RPG II, RPG/400, ILE RPG und CL Probleme befürchten. Dafür hat die Wechselberger GMBH ein Produkt entwickelt, das die BMU - Beratungsgesellschaft Mittelständischer Unternehmen aus Northeim am Gemeinschaftsstand mit Logosoft (Halle 2, D28) vorstellt.

Das Bild in der Halle 2 wird klar beherrscht von der SAP, die ähnlich wie Baan, Peoplesoft und andere Anbieter von betriebswirtschaftlicher Standardsoftware mit der Ablösung problematischer Individualsoftware ein erstklassiges Geschäft gemacht hat. Eigentlich sollte es mit deren Produkten keine Datumsprobleme geben, es sei denn, solche haben sich beim Customizing und bei individuellen Erweiterungen eingeschlichen. Ein SAP-Partner, der in Kooperation mit der Karstadt AG Jahr-2000-Erfahrungen gesammelt und ein eigenständiges Dienstleistungsangebot auf die Beine gestellt hat, ist die Braunschweiger Software Union Syseca (Halle 2, B18).

Anwender von Unisys-Systemen sollten einen Abstecher schräg gegenüber von Halle 2 zur Halle 18 machen, wo das Unternehmen im Rahmen der Sonderausstellung "Bank-Finanz-Systeme" zum Problem 2000 berät. Den Stand A24 teilt sich der Anbieter mit Delta Software, die hier das Werkzeugsystem "Amelio/2000" für die Sprachen Cobol, PL/1 und Delta vorführt.

Das Set umfaßt spezifische abgestimmte Tools für Analyse, Umstellung und Test. Es ist dabei nicht auf eine bestimmte Umstellungsmethode wie zum Beispiel die Windowing-Technik abgestellt. Eine Besonderheit besteht darin, daß es wie ein lernendes System gewonnene Erfahrungen aus einzelnen Arbeitsschritten sofort in weitere Analyse und Umstellungsmaßnahmen übernimmt.

Wir kommen damit zur Halle 3, der traditionellen "Softwarehalle" der CeBIT. Erwartungsgemäß sind hier die meisten Anbieter von Lösungen für das Problem 2000 zu finden. In Sachen systemnaher Software darf CA Computer Associates (Halle 3, B39/40) einige Kunden erwarten, die es jetzt eilig haben. Die verschiedenen CA-Tools stehen unter dem Oberbegriff "Discovery 2000".

Ein paar Schritte weiter präsentiert die Software AG ein "Genset" (Halle 3, C33). "Genart" erkennt und modifiziert zweistellige Datumsfelder in Natural-Anwendungen, "Genada" analysiert Adabas-Datenbanken und markiert zu kurz geratene Jahreszahlen, und "Gentest" dient der Überprüfung von Adabas- und Natural-Anwendungen vor und nach der Umstellung. Letzteres ist auch online bei laufenden Anwendungen vom PC aus möglich. Ansprechpartner auf dem Stand ist Karlheinz Kronauer.

Das Debis Systemhaus (Halle 3, C45) offeriert den Kunden, darunter Mercedes-Benz, eine von Cap Gemini America entwickelte Lösung. Das Toolset umfaßt Methoden und Werkzeuge, die den gesamten Umstellungsprozeß von der Analyse über Anpassung und Tests bis zur Implementierung unterstützen. Eine Besonderheit ist, daß Debis die Modifikationen in einer sogenannten Factory in Leinfelden übernimmt, was den DV-Betrieb bei den Kunden von Beeinträchtigungen verschont.

Die BMW-Tochter Softlab (Halle 3, C30) positioniert ihr Umstellungs-Tool "YET" schon mit dem Namen gleichermaßen für das Problem 2000 und die Euro-Einführung: Das Kürzel steht für "Year 2000/Euro Tool". Es handelt sich dabei nicht nur um die eigentlichen Werkzeuge für Analyse und Datumskonvertierung, sondern auch um ein Vorgehensmodell für die Ablauforganisation und verschiedene Dienstleistungsangebote für große und komplexe Umstellungsprojekte. Jahr-2000-Experte bei Softlab und Ansprechpartner auf der CeBIT ist Bruno Bartl.

Auf IBMs MVS- und AS/400-Umgebungen ist Platinum (Halle 3, C58) spezialisiert. Das Unternehmen bietet in der Reihe "Trans Century" neben dem "Enterprise Tester" mehrere Tools zur Analyse der Software, Kalenderroutinen und einen Datumssimulator an. Darüber hinaus gibt es relevante Zusatzprodukte wie ein Werkzeug zur Prozeßkontrolle, einen Life Cycle Manager und ein Repository.

IBMs traditionsreichster Konkurrent Amdahl hat die Transparent Data Migration Facility (TDMF) eingeführt und stellt sie auf einem Demoplatz in Halle 3, Stand A17, vor. Mit TDMF sind Arbeiten an Software möglich, ohne dafür den Systembetrieb in S/390-kompatiblen Umgebungen unterbrechen zu müssen.

Eine dreiteilige Lösung unter dem Namen "SCM 2000" führt Intersolv vor (Halle 3, C26). "Assessment" analysiert die Softwarebestände und Prozesse, identifiziert betroffenen Code und gibt Hinweise für eine effiziente Vorgehensweise. Danach kann mit den Tools von "Infrastructure" die eigentliche Umstellung erfolgen. "Projectteam" ist ein zusätzliches Angebot, um mittels der Intersolv-Lösung PVCS für das Softwarekonfigurations-Management die Problembehebung stärker zu automatisieren und die Aktivitäten im Rahmen eines Jahr-2000-Projekts unter Kontrolle zu behalten. Ansprechpartner in Hannover ist Heiko Pfenning.

Ein Spezialist für die Analyse von AS/400-Umgebungen findet sich als Mitaussteller auf dem Stand der auf Business- und PPS-Lösungen spezialisierten BIW (Halle 3, D10): Das Stuttgarter Unternehmen Prisma Systemtechnik zeigt das Tool "Datum 2000", das eine Umstellung im Dialogverfahren ermöglicht. Mit Hilfe eines sogenannten Analysepools lassen sich das Systemumfeld und die einzelnen Anwendungen strukturieren, auswerten und bearbeiten. Prisma bietet als Dienstleister auch die komplette Umstellung bei Unternehmen an. Ansprechpartner sind Harald Luschnat und Lothar Burkert.

Mit dem riesigen Angebot in Halle 3 ist es keineswegs getan. So präsentiert Partner Consult das Umstellungswerkzeug "Relino" in Halle 4 am Stand B04. Das Tool eignet sich für die Systemumgebungen MVS, DPPX, BS2000 und Bull GCOS8. Es untersucht auf Daten- und Prozedurenebene den Code von Anwendungen auf Basis der Programmiersprachen Cobol, PL/1, SWT01, Natural sowie Assembler und eignet sich für verschiedene Datenbanken.

Der Umfang der Umstellungsarbeiten und die vielschichtigen logischen Interaktionen zwischen betroffenen Programmen werden vielerorts Anwendern Probleme bereiten, den Überblick über den Stand der Projekte und mögliche nächste Schritte zu behalten. Um Chaos zu verhindern, bietet die Landshuter Intec GmbH (Halle 4, G52) das Projekt-Management-System "Primavera Project Planner" (P3) an.

Auf eine Folge der Software-Anpassungen sei prophylaktisch hingewiesen: Wer sich wegen des Problems 2000 oder der Euro-Einführung nicht mit der unumgänglichen Erweiterung an Rechnerleistung und Speicherkapazitäten belasten möchte, muß sich Gedanken über alternative Lösungen machen. Im Großrechnerbereich zeichnen sich bereits Engpässe der Dienstleistungs-Rechenzentren ab. Das jedenfalls berichtet die Info AG (Halle 16, Stand D05), die ab Herbst dieses Jahres eine ähnlich enge Buchungssituation für ihre AS/400- und Unix-Kapazitäten erwartet.

Users United?

Früher war es gang und gäbe, daß sich Anwender mit Tips und Tools gegenseitig ausgeholfen haben. So ist die DEC-Anwendervereinigung Decus daraus entstanden, daß sich User der PDP- und VAX-Rechner trafen, um Bänder mit selbstgeschriebenen - vor allem systemnahen - Programmen auszutauschen. Doch inzwischen scheint sich der Zeitgeist harte Ellenbogen zugelegt zu haben: Was die anderen nicht können, ist mein Vorteil. Auf das Problem 2000 hat auch die Quasi-Standesorganisation Gesellschaft für Informatik erst verhältnismäßig spät reagiert. Seit dem Spätsommer letzten Jahres arbeitet Peter Haase, einstiger Leiter der Tandem-Anwendergruppe, daran, User unter dem Dach einer "Aktion 2000" zusammenzubekommen. Telefon für Interessenten: 026 73/98 600.

Offshore

Bei verschiedenen bisherigen großen Umstellungsprojekten hat es sich bewährt, Offshore-Softwarehäuser aus Billiglohnländern mit Teilen der Aufgaben zu betrauen. Auf der CeBIT sind diverse indische Firmen vertreten, die sich mit ihren Potentialen angesichts der strapazierten Personalsituation in der DV deutscher Unternehmen ein Geschäft versprechen.

Sie alle finden sich, was einen Besuch vereinfacht, in der südöstlichen Ecke der Halle 5. Ada Software and Services belegt den Stand G60. Den großen Stand E58 teilen sich Akshay Software Technologies, Datamatics, DSS Infotech, Hexaware Infosystems, L&T Information Technology, Polaris Software Lab und Wipro Systems. Die meisten dieser Firmen bieten auch eigene Umstellungs-Tools und haben zum Teil erhebliche Erfahrungen mit solchen Projekten vorzuweisen.