Pro Sieben Sat.1 zügelt E-Mail-Daten

19.09.2006
Von Ulrike Ballnath 
Das Medienunternehmen musste seine Speicherlandschaft modernisieren, weil insbesondere die Exchange-Speicher zu klein und schwach geworden waren.

Professionelle Kommunikationsabläufene spielen für Medienunternehmen wie die Pro Sieben Sat.1 Media AG eine wichtige Rolle im Rennen um hohe Zuschauer- und Werbemarktanteile. Kein Wunder, dass das Volumen des täglichen E-Mail-Verkehrs kontinuierlich zunimmt. Bei Pro Sieben Sat.1 treffen derzeit rund 1,2 Millionen E-Mails in 5000 Mailboxen pro Monat ein. Auf ein Jahr gesehen entspricht das knapp 14,5 Millionen Mails mit stark steigender Tendenz. Bei einer durchschnittlichen Datengröße von 120 KB pro Nachricht ist bereits jetzt ein enorm hoher Speicherbedarf vorhanden. Aber die Mails müssen nicht nur abgelegt werden, sondern auch verwaltet, verarbeitet und schnell wiederauffindbar sein. Ein intelligentes Speichersystem ist somit unverzichtbar.

Projektsteckbrief

Projektart: Konzeption und Installation einer neuen Speicherarchitektur.

Umfang: Zunächst für eine Exchange-Umgebung mit hoher Performance und Skalierbarkeit sowie Funktionen für Monitoring, Alerting und Remote-Control-Wartung.

Branche: Medienunternehmen.

Zeitrahmen: von Herbst 2005 bis Februar 2006, ohne Beanstandungen abgenommen.

Produkte: EMC Clariion, CX-Serie.

Dienstleister: MTI Technology GmbH, München.

Ergebnis: Die Exchange-Daten wurden erfolgreich migriert, die Performance-Einbußen abgestellt und Erweiterungsprojekte angestoßen.

Datenberge

Das Herz der IT der Pro Sieben Sat.1 Media AG befindet sich in fünf Rechenzentren, drei am Standort Unterföhring, zwei in Berlin. Zirka 500 Server mit einer zentralen Speicherkapazität von rund 150 TB sind Tag und Nacht im Einsatz.

Das Netzwerk verbindet die Redaktions- und Kommunikationssysteme mit externen Mitarbeitern, Nachrichtenagenturen, Kunden und Zuschauern, sei es per Telefon, Fax, SMS oder E-Mails aus aller Welt. Die Administratoren verwalten knapp 1500 Web-Domains und sorgen für übergreifende Auswertungen zwischen Datenbanken, Internet und E-Commerce. Redundante Hardware und ein intelligentes Sicherheits-Management sorgen für Ausfallsicherheit.

Um eine hohe Verfügbarkeit der Daten, Zuverlässigkeit und Schnelligkeit der IT-Infrastruktur zu gewährleisten wird die komplette Hard- und Software alle zwei bis drei Jahre auf aktuelle und künftige Anforderungen überprüft.

Hier lesen Sie …

• welche Probleme Pro Sieben SAT.1 seine Altsysteme bereiteten;

• welche Anforderungen das Haus an die neue Installation stellte;

• wie die Lösung aussieht.

Die Pro Sieben Sat.1 Produktion ist als technischer Dienstleister für den gesamten Konzern und damit auch für die Verwaltung der E-Mails und Exchange-Datenbanken verantwortlich. Mit über 900 Mitarbeitern ist die Abteilung die größte Geschäftseinheit innerhalb der Pro-SiebenSat.1-Gruppe, die die Sender Sat.1, Pro Sieben, Kabel eins, N24 und 9Live betreibt. Als Generalunternehmer in den drei Kernbereichen Aktuelle Produktion, Kreation und Technologie zählen auch Planung und Betreuung der gesamten technischen Infrastruktur an den Standorten Berlin und München sowie die Verbreitung von mehr als zwölf Fernsehprogrammen zu ihren Aufgabenbereichen.

Unerwartete E-Mail-Flut

Bis Mitte 2005 liefen die bei der Pro Sieben Sat.1 Produktion im SAN-Umfeld eingesetzten Storage-Systeme reibungslos und erfüllten alle Anforderungen. Im zweiten Halbjahr erhöhte sich jedoch das Volumen der internen und externen E-Mails in unerwartetem Ausmaß. Es kam deshalb zunächst sporadisch und innerhalb kurzer Zeit immer öfter zu großen Performance-Problemen beim Exchange-Server.

Zusätzlich wurden auf der Speicherplattform viele Applikationen konsolidiert, weitere werden in den nächsten Monaten hinzukommen, etwa eine Kundendatenbank für den Sender 9Live. So waren schließlich die eingesetzten Storage-Systeme ab einem gewissen Punkt überlastet, und auch die zugehörige Software entsprach nicht mehr den Anforderungen. Darüber hinaus benötigten die Administratoren bessere Monitoring-Funktionen für die Speicher.

Die Performance-Schwäche der Altsysteme fiel in einen Zeitraum, in dem die turnusmäßige Überprüfung der Hard- und Software innerhalb der Pro Sieben Sat.1 Media AG stattfand. Daher lag es für Bernd Biehler, Leiter der Abteilung Media & Production Systems und damit verantwortlich für den Betrieb der Rechenzentren und Produktionssysteme in Berlin und München, nahe, die gestiegenen Anforderungen für die Exchange-Umgebung in das neue Konsolidierungskonzept einzuarbeiten. Ihm zur Seite stehen Projektleiter Lars Grenner, Senior Administrator, sowie Martin Schoner, Exchange-Verantwortlicher und ebenfalls Senior Administrator.

Fachlicher Rat ist gefragt

Projektleiter Grenner suchte zuerst nach dem passenden Anbieter, der eine zukunftsfähige Speicherlösung anbieten und realisieren konnte. Nach intensiven Gesprächen mit verschiedenen Herstellern fiel die Wahl auf EMC und dessen strategischen Partner MTI Technology, Wiesbaden. Mit EMC-Lösungen und dem technischen Know-how von MTI hatte die Pro Sieben Sat.1 Produktion bei einem früheren Projekt für Sat.1 in Berlin gute Erfahrungen gemacht.

"Bei allen Vorhaben, in die IT zu investieren, legt die Geschäftsleitung großen Wert auf die fachliche Einschätzung von unseren Technikern. Budgets werden in erster Linie danach entschieden, welchen technischen und wirtschaftlichen Nutzen die Investition bietet", unterstreicht IT-Manager Biehler den hohen Stellenwert und die Mitsprache seines Teams bei geplanten IT-Investitonen der Pro Sieben Sat.1 Produktion.

Die Projektverantwortlichen Grenner und Schoner erstellten Anfang November 2005 ein Pflichtenheft für die Anforderungen an den Speicher. Generell mussten alle Hard- und Softwarekomponenten zu drei Betriebssystemen kompatibel sein: Windows 2000 Server und höher, Solaris 8 und höher sowie zum Linux-Betriebssystem Red Hat Enterprise Server 3 und höher. Die Spiegelung der Daten und die Pfade zum Storage erledigte bislang der "Volume Manager" von Veritas/Symantec. Daran sollte sich nichts ändern. Zusätzlich war aber die Unterstützung der MS Cluster gefordert. Die Leistung durfte auch bei hoher Auslastung nicht sinken. Vorgegeben war eine Wartezeit für Lesen und Schreiben der Daten von weniger als 20 Millisekunden, in Spitzenzeiten von weniger als 50 Millisekunden. Die Hardware musste für den Einsatz in die bereits vorhandenen 19-Zoll-Schränke geeignet sein.

Auch an das Storage-Design der Exchange-Umgebung stellten die beiden Spezialisten genaue Anforderungen. Das neue System musste in der Lage sein, die Daten von mehr als 5000 Mailboxen mit einer Postfachgröße von je mehr als 300 MB bereitzuhalten. Insgesamt sollte der Speicher ein Datenvolumen von 2,1 TB für die Postfächer und den Maintenance-Bereich bewältigen können. Skalierbarkeit war ein weiterer wichtiger Aspekt.

Die Zeit drängt

Dieses detaillierte Pflichtenheft war die Arbeitsgrundlage für einen Workshop, den MTI in Unterföhring gemeinsam mit Projektleiter Grenner, dem Exchange-Verantwortlichen Schoner und mit Spezialisten von Microsoft im November 2006 veranstaltete. Ziel des Workshops war es, vor Vertragsunterzeichnung eine exakte Konfiguration der Storage-Lösung zu ermitteln. Alle Anforderungen wurden simuliert und in speziell von der Pro Sieben Sat.1 Produktion entwickelten Tests geprüft. Zusätzlich wurde ein Havariekonzept für Notfälle erarbeitet. In nur einem Tag ließen sich so die genauen Spezifikationen und Performance-Parameter festlegen.

Aufgrund der dringlichen Situation gab die Geschäftsbereichsleitung Technology der Pro Sieben Sat.1 Produktion das erforderliche Budget umgehend frei. So konnte wenige Tage nach dem Workshop ein Projektvertrag mit MTI Technology aufgesetzt und unterzeichnet werden. Hauptgegenstand der Vereinbarung war die Einführung von zwei neuen zentralen Storage-Systemen als SAN-Speicher am Standort München, um verschiedene Applikationen zu konsolidieren. Das Storage-Design der Exchange-Umgebung wurde als erster Projektteil optimiert.

Räumlich getrennte Cluster

Pro Sieben Sat.1 Produktion betreibt für Exchange 2003 ein Drei-Knoten-Cluster mit zwei virtuellen Exchange Servern. Die drei Cluster-Nodes stehen in drei räumlich getrennten Rechenzentren am Standort Unterföhring. Bislang waren zwei virtuelle Exchange-Server mit je zwei Storage-Groups und je fünf Datenbanken pro Storage-Gruppe konfiguriert. Jeder der beiden Server sollte künftig vier Storage-Gruppen enthalten. Das neue Design sieht fünf Datenbanken je Storage-Group mit einer Größe von 70 GB pro Storage-Gruppe vor.

Für die Exchange-Applikation bestellte Pro Sieben Sat.1 Produktion bei MTI zwei SAN-Speichersubsysteme "Clariion CX 700" von EMC. Jedes dieser Arrays enthält zwei System-Boards mit je 4 GB Hauptspeicher. Für ausreichende Skalierbarkeit wurden 45 Festplatten mit je 146 GB eingeplant, dazu acht 2-Gbit-Fibre-Channel-Anschlüsse kompatibel zu Brocades SAN-Switch "Silkworm 12000". Da die Clariion-Architektur die Möglichkeit bietet, LUN-Gruppen (LUN = Logical Unit Number) zu bilden, können Volumes über eine große Anzahl von Festplatten ausgedehnt werden. Dadurch verbessert sich die Leistung stark, und die Speicherkapazität lässt sich bedarfsgerecht und ohne Unterbrechung des Betriebs im Array erweitern.

Flexibilität gewonnen

Nach Lieferung der Ware installierte MTI gemeinsam mit den Technikern der Pro Sieben Sat.1 Produktion innerhalb von zwei Tagen das Speichersystem für die Exchange-Umgebung. In der letzten Dezemberwoche übergab MTI das funktionsfähige und getestete System. Im Januar 2006 betrieb die zuständige Abteilung von Bernd Biehler ausführliche Performance-Tests, die das System ohne nennenswerte Zwischenfälle bestand. Die Tests wurden ausgewertet, letzte Feinabstimmungen vorgenommen.

Die Migration der Daten erfolgte in einer Nacht zwischen zwei und vier Uhr. In diesem Zeitabschnitt wird die Nachtproduktion der Sender-Gruppe generell heruntergefahren und das System am wenigsten beansprucht. Das neue Storage-System wurde am 1. Februar 2006 ohne Beanstandungen abgenommen.

Zusätzlich zur Installation wurde MTI von Pro Sieben Sat.1 Produktion mit der Wartung des Storage-Systems im 24-Stunden-Service beauftragt. Dazu greifen externe MTI-Techniker per Remote Control in einer gemeinsamen Web-Session auf das System zu. Der Vorteil für die Administratoren der Pro Sieben Sat.1 Produktion liegt darin, dass sie die Vorgänge parallel beobachten und im Bedarfsfall sofort Kurskorrekturen vorgeben können. Aus Sicherheitsgründen ist der Zugang per Modem nicht zulässig.

Abteilungsleiter Biehler resümiert über das Exchange-Projekt: "Wir haben die Flexibilität bekommen, die wir für die schnelllebige und anspruchsvolle Medienbranche benötigen. Die neuen Speichersysteme bieten neben der hohen Performance und Skalierbarkeit von Mittelklassespeichern vor allem sehr gute Monitoring- und Benachrichtigungsfunktionen. Wir erhalten frühzeitig Leistungswerte und sind so schnell handlungsfähig." (kk)