Pro DV Software AG - Mehraufwendungen drücken das Quartalsergebnis

02.08.2001

MÜNCHEN (CW) - Die Pro DV Software AG hat ihre Zahlen für das erste Quartal 2001 vorgelegt. Obwohl es dem Dortmunder IT-Dienstleister gelang, den Gesamtumsatz mit 6,0 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr um 24 Prozent zu steigern, liegt das operative Ergebnis (Ebit) mit minus 872.000 Euro in den Miesen. Grund sind laut Vorstand "unvorhergesehene Mehraufwendungen" in zwei Festpreisprojekten, zusätzlich konnte ein im vergangen Jahr entwickeltes Produkt noch nicht im geplanten Umfang am Markt platziert werden. Aufgrund des Geschäftsverlaufs revidierte das Unternehmen die Prognosen für das Geschäftsjahr 2001: Die Gesamtleistung soll um 35 Prozent auf 25,5 Millionen Euro steigen, für das Ebit wird ein Breakeven anvisiert. Nach der Bekanntgabe rutschte die Aktie unter die Sieben-Euro-Marke. Bericht über die Bilanzpressekonferenz im Frühjahr 2001 Pro DV Software AG - IT-Dienstleister flirtet mit der New Economy Von Andrea Goder, freie Journalistin in München MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Als Flirt mit der New Economy lassen sich die jüngsten Aktivitäten der Pro DV Software AG im Bereich Online-Marktplätze zunächst sehen. Der Dortmunder IT-Dienstleister, der mit raumbezogenen und prozessorientierten Business-Lösungen bisher noch eher in einer Nische operiert, bewegt sich mit diesem neuen Geschäftsbereich von seiner ursprünglichen Kernkompetenz weg. Wir sind von der nachhaltigen Abwärtstendenz der Technologiewerte am Neuen Markt getroffen worden", nennt Vorstandsmitglied Heinz Leonhardt als Grund für den ernüchternden Kursverlauf der Pro-DV-Aktie. Im März 2000 und somit in Boom-Zeiten des Neuen Marktes an der Börse gestartet, gehört Pro DV jedoch auch in die lange Liste der Unternehmen, die schon nach wenigen Monaten mit ihrer Geschäftsentwicklung enttäuschten.

Hinter den Prognosen zurückgeblieben   Mit einem Umsatz von 18,9 Millionen Euro blieb Pro DV im Jahr 2000 unter den Erwartungen. Mit einer Gesamtleistung von 18,9 Millionen Euro und damit einem Plus von 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr blieben die Dortmunder jedenfalls im letzten Geschäftsjahr hinter ihren Prognosen zurück. Dass die mit 23 Euro emittierte Aktie heute nicht einmal mehr ein Fünftel ihres Ausgabepreises wert ist, hängt aber auch mit dem ursprünglich nicht vorgesehenen Verlust für das Geschäftsjahr 2000 zusammen. Inklusive der IPO-Kosten wurde das Ergebnisziel um 3,6 Millionen Euro verfehlt, so dass in der Bilanz jetzt ein Jahresfehlbetrag von 1,9 Millionen Euro steht. Hohe Vertriebs- und Marketing-Aufwendungen sowie zusätzliche Personalkosten drückten laut Leonhardt auf das Ergebnis. 1979 von den heutigen Vorstandsmitgliedern Leonhardt, Klaus Bullmann (CEO) und Siegfried Wenzel als Software- und Beratungshaus gegründet, operiert Pro DV heute in drei Geschäftsfeldern. Breites Produkt- und Serviceportfolio

Zunächst unterstützen die Dortmunder ihre Kunden bei der Beratung, Konzeption und Wartung von Internet-/Intranet-gestützten Lösungen zur Prozessoptimierung. Knapp die Hälfte der Einnahmen wurden im Geschäftsjahr 2000 im Bereich "Business Process Optimization" mit Kunden aus den Branchen Telekommunikation, Energieversorgung, Handel und Logistik generiert. Als Systemintegrator hat sich das Unternehmen außerdem auf Applikationen im Bereich Customer-Relationship-Management (CRM) spezialisiert und setzt hier vor allem auf führende Anbieter wie Siebel Systems und Clarify. Während sich Pro DV in diesen beiden Geschäftsfeldern als Beratungshaus und Systemintegrator mit schlagkräftigen Konkurrenten wie CSC Ploenzke oder Siemens Business Services (SBS) sowie einer Schar kleinerer Mitstreiter auf einem sehr wettbewerbsintensiven Parkett bewegt, sehen sich die Dortmunder in ihrem dritten Geschäftsfeld "Geo-Solution" weitgehend ohne Konkurrenz.

Infrastruktur-Planung für Supermärkte

In dieser Sparte entwickelt das Unternehmen Programme, die im Marketing und in der Infrastruktur-Planung Einsatz finden. Geht es beispielsweise darum, den Standort für einen neuen Supermarkt zu bestimmen, können mit den "Geo-Business"-Anwendungen die geografische Verteilung der Kaufkraft, Fahrzeugdichte oder die Hauptverkehrsströme visualisiert werden. Als einschlägigen Kunden konnte Pro DV etwa den Mineralölkonzern Aral in Bochum gewinnen. Teil des Projekts ist es, alle Preis- und Umsatzinformationen sämtlicher Aral-Tankstellen zentral zu erfassen und mit zentralen Daten wie Verkehrsaufkommen, Bevölkerungsstruktur und Verkaufsstellen von Mitbewerbern im Einzugsgebiet zu verknüpfen. Firmenangaben zufolge hat der Auftrag in seiner ersten Stufe ein Volumen von rund 250 000 Euro. Dass die Dortmunder mit "Geo-Solutions" einen innovativen Ansatz fahren, gilt als unbestritten. Mit einem Umsatz von 3,4 Millionen Euro, die zuletzt in diesem Bereich erzielt wurden, dürfte Pro DV in diesem IT-Segment allerdings auch in Zukunft eher aus einer Marktnische heraus operieren.

Eigene Wege als IT-Dienstleister

Eigene Wege als IT-Dienstleister gehen die Dortmunder auch auf einem anderen Gebiet. Mit der im September 2000 gegründeten Tochtergesellschaft Pro DV Online versucht man derzeit, sich einen Platz in der New Economy zu sichern. Strategie ist es, mit Internet-Portalen zusätzlich die Branchen zu adressieren, in denen bereits ein Kundenstamm aufgebaut wurde. So entwickelte Pro DV für große forstwirtschaftliche Betriebe ein ERP-System ("Proforst"), das die Abbildung innerbetrieblicher Prozesse als auch die Visualisierung des Baumbestandes ermöglicht. Mit "ForestNetService", einem virtuellen Marktplatz für die Forst- und Holzwirtschaft, fiel im März der Startschuss für eine erste Handelsplattform. Der ursprünglich zum gleichen Zeitpunkt geplante Launch des Portals "Gartencenter24", das auf mittelständische Gartenbaubetriebe zielt, wurde zunächst aufgrund technischer Schwierigkeiten verschoben und schließlich nicht mehr weiter verfolgt. Doch auch im Holzhandel - ein Markt, der in Deutschland auf ein Volumen von rund 20 Milliarden Euro geschätzt wird - dürften für die Nordrhein-Westalen die Bäume zunächst nicht in den Himmel wachsen. Zwar führt Pro DV mit dem Bund, dem Land Baden-Württemberg und dem Saarland bereits große Kunden auf der Referenzliste. Vorstandsmitglied Leonhardt rechnet aber damit, dass im laufenden Geschäftsjahr 2001 die entsprechenden Umsatzprovisionen nicht über einer halben Million Euro liegen werden.

Portal mit Borussia Dortmund

Skeptisch macht Analysten aber vor allem der Deal der Dortmunder mit dem ansässigen Fußballverein Borussia. Erst vor wenigen Wochen beteiligte sich Pro DV zu 50 Prozent an der Multimedia-Agentur Absolute Sports GmbH, ein Online-Ableger der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA. Wie es heißt, soll Absolute Sports mittelfristig zum führenden Sport- und Freizeit-Portal im Internet ausgebaut werden. Lässt sich generell noch über die Erfolgsaussichten und das Potenzial von Online-Marktplätzen streiten, bleibt hier aber vor allem die strategische Stoßrichtung unklar. "Als Branchenfremder irgendwelche Marktplätze zu starten, ohne auf die Unterstützung von Großkunden rechnen zu können, dürfte allgemein schwierig sein", äußert sich Achim Fehrenbacher vom Hamburger Bankhaus M. M. Warburg & Co. reserviert.

Abhängigkeit von Großkunden

Fakt ist, dass die IT-Spezialisten in ihrem Kerngeschäft heute noch stark von wichtigen Firmenreferenzen abhängig sind. Durch den Ausfall eines größeren Kunden besteht die Gefahr, dass "zumindest temporär die Wachstumsdynamik gebremst wird", ist in der Firmenstudie von M. M. Warburg zu lesen. Darüber hinaus ist auch die Internationalisierung des Unternehmens, das in Deutschland neben der Dortmunder Zentrale an sieben Standorten präsent ist, noch nicht in die Gänge gekommen. Da auf der europäischen Landkarte bislang kein geeigneter Übernahmekandidat gefunden werden konnte, erfolgte der Markteintritt in Spanien im letzten Jahr über einen Partner. Richtig durchstarten will man in Europa erst ab 2002. Asien, China oder Chile sind weitere potenzielle Stützpunkte der Expansionsstrategie, bei der man laut Leonhardt von bereits bestehenden Kontakten zu Weltbank-Projekten profitieren will. Mittelfristig haben sich die Dortmunder auch hierzulande einiges vorgenommen. "Wir wollen einer Aufnahme in den Nemax-50 näher rücken", erklärt Leonhardt. Mit einer Marktkapitalisierung von derzeit unter 30 Millionen Euro liegt dieses Ziel allerdings noch in weiter Ferne - auch wenn man bei Pro DV derzeit den Firmenwert in keinster Weise im Aktienkurs enthalten sieht.