EDV-Einsatz zur Betriebsdatenerfassung:

Privileg für Großbetriebe?

14.11.1980

Ein entscheidendes Argument für den Einsatz der EDV zur Betriebsdatenerfassung ist die Tatsache, daß die im Betrieb anfallenden Produktionsdaten (Fertlgungsauftragsdaten, Personendaten, Maschinendaten, Lagerdaten) in der Regel ohnehin einmal EDV-maschinell erfaßt werden müssen, nämlich für die Nachkalkulation, die Lohnabrechnung und die Betriebsabrechnung. Es liegt daher nahe, diese Daten nicht erst im nachhinein anhand von ausgestellten Belegen in die EDV einzugeben, sondern sie bereits am Ort und zum Zeitpunkt ihrer Entstehung zu erfassen und sie als aktuelle Informationsbasis für eine leistungsfähige Werkstattsteuerung zu nutzen.

Zahlreiche BDE-lnstallationen in größeren Betrieben zeugen davon, daß man hier die Vorteile einer EDV-maschinellen Erfassung und Verarbeitung der anfallenden Produktionsdaten erkannt hat und zu nutzen weiß, allerdings - auch das zeigen diese Beispiele - in der Regel mit einem sehr hohen Aufwand für die erforderliche Hard- und Software

Kleine und mittlere Unternehmen stehen der BDE dagegen noch skeptisch gegenüber. Und das mit gutem Grund! Ein fehlender beziehungsweise unzureichender EDV-Einsatz im Rahmen der Termin- und Kapazitätsplanung, der hohe Kaufpreis für leistungsfähige BDE-Systeme sowie ein hohes Erfolgsrisiko hielten sie davon ab, den Schritt zur EDV-gestützten Betriebsdatenerfassung zu wagen.

Transparenz und Flexibilität

Der Durchbruch der Mikroelektronik hat in jüngster Zeit zu einem breiten Angebot von kostengünstigen BDE-Systemen geführt, so daß für kleine und mittlere Betriebe das erforderliche Investitionsvolumen in die Größenordnung einer zu beschaffenden NC-Drehmaschine fällt. Doch vieles, was hier als BDE-System verkauft wird, erfüllt (noch?) nicht die Anforderungen, die ein Betrieb an ein leistungsfähiges System zur Unterstützung der Werkstattsteuerung stellt. Hierzu sollten gehören:

- Möglichkeiten zur Erfassung und Verarbeitung möglichst aller im Produktionsbereich anfallenden Daten (Fertigungsauftragsdaten, Personendaten, Maschinendaten, Lagerdaten).

- Dezentrale Online-Datenerfassung und -verarbeitung.

- Werkstattgerechte Dateneingabe und Informationsausgabe im Dialogbetrieb mit Bedienerführung.

- Möglichkeiten für einen Rechnerverbund, zum Beispiel mit einem ubergeordneten Planungssystem.

- Lieferung eines schlüsselfertigen Systems einschließlich der erforderlichen Anwendungssoftware.

Ein Beispiel für ein preiswertes BDE-System, welches diese Anforderungen weitestgehend erfüllt, zeigt Abbildung 1.

Durch den Verbund eines derartigen BDE-Systems mit einem übergeordneten Planungsrechner können betriebliche Rechnersysteme geschafen werden, die sich durch hohe Transparenz und Flexibilität auszeichnen. Für die Vielzahl der kleinen und mittleren Betriebe, bei denen der EDV-Einsatz bislang nur auf kommerzielle Aufgaben beschränkt ist bieten sich hiermit neue Möglichkeiten zu einer zweckmäßigen Einführung der EDV auch fur die Aufgaben der Produktionsplanung und -steuerung. Eine neuartige Vorgehensweise sieht eine stufenweise Einführung von Produktionsplanungs- und -steuerungssystemen vor, ausgehend von den Aufgaben, die den geringsten Aufwand zur Datenaufbereitung erfordern, dle die wenigsten organisatorischen Änderungen verursachen und bei denen in kurzer Zeit ein größtmöglicher Nutzen erreicht werden kann. Das bedeutet, die Einführungsreihenfolge nicht, wie bisher meist üblich, in Richtung des Datenflusses über die Auftragsverwaltung und die Bedarfserrmttlung zu wählen, sondern sie umzukehren und mit der aktuellen Erfassung der aus dem Arbeitsprozeß zurückfließenden Daten zu beginnen. Abbildung 2 zeigt die einzelnen Stufen dieser Vorgehensweise, die im Fertigungs- und im Materialbereich parallel abläuft.

Stufenleiter des BDE-Erfolgs

In der ersten Stufe werden mit Hilfe eines selbständig arbeitenden Betriebsdatenerfassungssystems (Standalone-Einsatz) die im Fertigungs- und Lagerbereich anfallenden Ist-Daten EDV-maschinell erfaßt und zur aktuellen Informationsausgabe aufbereitet. Auf diese Weise kann der Routine-Aufwand zur Datenerfassung für andere Aufgaben, wie Lohnabrechnung und Nachkalkulation, entscheidend verringert werden, und die Transparenz des Produktionsprozesses wird entscheidend erhöht.

Aufbauend auf den aktuell erfaßten Betriebsdaten werden in der zweiten Stufe die Verwaltung des geplanten Fertigungsauftragsbestands und des Bestellbestands in das System einbezogen. In der dritten Stufe erfolgt die Erweiterung des Systems um eine EDV-maschinelle Verfügbarkeitskontrolle bei der Auftragsbereitstellung (zum Beispiel vor Montagebeginn) und eine EDV-maschinelle Beleg-Erstellung für Fertigung und Einkauf. Erst in der vierten Stufe werden die vollständige Stammdatenverwaltung (Teilestämme, Stücklisten, Arbeitspläne, Maschinengruppen) sowie die Planungsaufgaben der Fertigungssteuerung (Bedarfsermittlung und Disposition, Kapazitäts-/Termindisposition) von der EDV übernommen.

Vor diesem Hintergrund kann festgestellt werden, daß ein zweckmäßiger EDV-Einsatz zur Betriebsdatenerfassung auch für kleine und mittlere Betriebe nicht nur wirtschaftlich realisierbar geworden ist, sondern darüber hinaus neue Wege für eine ihren Bedürfnissen gerecht werdende Einführung EDV-gestützter Produktionsplanungs- und -steuerungssysteme eröffnet hät.

*Dr.-lng. Eckart Schomburg ist Oberingenieur am Forschungsinstitut für Rationalisierung an der RWTH Aachen. Direktor: Professor Dr.- Ing. Rolf Hackstein.