Basis für OSI-Anwendungen und die Einbindung von ISDN

Private X.25-Netze: Banken haben die Schrittmacher-Rolle

27.04.1990

Mit privaten und paketvermittelnden Netzen, die heute insbesondere von Banken genutzt werden, läßt sieh ohne "große Umschweife" die Unternehmenskommunikation auf einen gemeinsamen Nenner bringen. Als Vorteil fällt zudem die Kostengünstigkeit von X.25 im Vergleich zu Mietleitungen ins Gewicht.

Die Qualität der Unternehmenskommunikation wird zum kritischen Erfolgsfaktor im Kampf um Kunden und Profit. Dies gilt besonders für Unternehmen der Kredit- und Versicherungsbranche, der Touristik, aber auch der Industrie mit ihren komplexen Lieferanten- und Produktstrukturen:

Die zuverlässige, schnelle, präzise und sichere Übertragung von Informationen in einer typischerweise Multivendor-Rechnerumgebung ist das Fundament einer wettbewerbsfähigen Unternehmenskommunikation. Dabei ist der möglichst weitgehende Einsatz von Standardverfahren ausschlaggebend für eine schnelle, wirtschaftliche und langfristig tragfähige Realisierung von Unternehmensnetzen.

E-Mail und EDI auf der Basis des InterAAct-Netzes

Private, digitale paketvermittelte Netze (X.25) erlauben die Realisierung von maßgeschneiderten Unternehmensnetzen. Diese Konzeption vereint Wirtschaftlichkeit mit langfristiger Ausbaubarkeit und Flexibilität im Netzwerkmanagement.

Im folgenden werden sowohl einige grundsätzliche Überlegungen als auch praktisch verwirklichte Lösungen präsentiert.

American Airlines, die größte amerikanische Fluggesellschaft, betreibt rund 480 Jets und hat etwa 72 000 Mitarbeiter. Über 2000 Flüge täglich in mehr als 150 Städte weltweit werden über das Sabre-Netzwerk abgewickelt: Flugpläne, Ersatzteile, Brennstoffberechnungen und Reservierungen von über 14 000 Reisebüros, 20 000 Hotels und 50 Autovermietungen werden über dieses "Nervensystem" von AA geschleust. Ein weiteres existierendes System, das "Commercial Systems Network", dient zur Ausführung komplizierter Analysen und zum Test neuer Anwendungen. Ein neues Netz - InterAAct - für zunächst 14 000 und im zweiten Schritt für alle 72 000 Mitarbeiter soll die Basis für Büroautomation und globale Unternehmenskommunikation werden. E-Mail, EDI sowie eine Vielfalt von Businessanwendungen werden auf InterAAct betrieben.

Banken gelten als die eifrigsten X.25-Nutzer

Ein privates globales X.25-Netz war das geeignete Mittel zur Integration von InterAAct in die bestehenden Systeme (siehe auch Abbildung 1).

Für American waren folgende Grunde entscheidend:

- "X.25 ist global."

- "X.25 erlaubt flexible Herstellerwahl."

- "X.25 integriert bestehende Hardware und Software."

Die Kreditwirtschaft war immer schon der Pionier beim breiten Einsatz von Computer- und Kommunikationstechnologie. Es wundert deshalb nicht, daß auch heute die Banken zu den fortschrittlichsten und eifrigsten Nutzern von privaten, digitalen Netzen gehören:

- Die Barclay's Bank aus Großbritannien entschied sich bereits 1985 für den Einsatz eines X.25-Netzes, um seine heute 1200 Büros und Niederlassungen in 76 Ländern zu versorgen. Dies war Folge einer expansiven Geschäftsstrategie, die sich die Deregulierung des englischen Finanzwesens zunutze machte. Börsengeschäfte, internationales Banking und neue Finanzdienstleistungen mußten unterstützt werden. Dazu zählte auch das Geschäft mit zirka 10 Millionen Kreditkartenkunden. Die existierenden Netzarchitekturen erwiesen sich als zu starr, um schnell und wirtschaftlich Systeme und Anwendungen verschiedener Hersteller zu integrieren. Hauptforderungen von Barclay's waren:

- Hohe Verfügbarkeit.

- Gute SNA-Unterstützung.

- Multivendorfähigkeit.

- Einfache Ausbaufähigkeit.

Die Bank entschied sich für ein privates X.25-Netz, um diese Anforderungen erfüllen zu können. Das realisierte Netz wurde auf Redundanz ausgelegt. Zusätzlich kann mit Auto-Dial Backup das öffentliche Netz zur weiteren Verbesserung der Verfügbarkeit eingesetzt werden. Neben den heutigen Anwendungen der Zweigstellen wie zum Beispiel Geldausgabeautomaten und Schalterterminals sind neue Anwendungen wie POS und Electronic Funds Transfer geplant.

- Die Norske Credit Bank, Norwegens größte Bank mit zirka 130 Zweigstellen, installierte 1988 das erste private X.25-Datennetz in Norwegen. Es verbindet IBM-Rechner mit NCR-Terminals und wird für Geldausgabeautomaten, Schalterterminals und Datei-Transfers benutzt.

- Bankers Trust Company, eine der größten Banken in den USA, ist in 30 Ländern vertreten und hat eine bedeutende Position auf dem Gebiet der Finanzdienstleistungen. Bankers Trust hat ein globales X.25-Netz (BTNet) realisiert, das Teil der strategischen Vision des Unternehmens ist. Es wird heute als "key asset" der Bank angesehen. Mit dem Netz werden die drei Hauptrechenzentren in Hong Kong, New York City und London und alle wichtigen Niederlassungen integriert. Zielsetzung beim Design des Netzes war ein zuverlässiger 24-Stunden-Betrieb, sieben Tage die Woche. Und das Netz sollte möglichst einfach an zukünftige Anforderungen anpaßbar sein: Neue Anwendungen mußten schnell und wirtschaftlich realisierbar sein. Die strategischen Anwendungen sind E-Mail mit zirka 5000 Nutzern und der sogenannte ProfiCo-Service, der den Kunden von BT direkten Zugriff zum Netz erlaubt. Auch hatte BT mehrere Hersteller im Rechner- und Terminalbereich, deren Produkte in einem globalen Netz integriert werden mußten. Ein globales, privates X.25-Netz war die Lösung, mit der die speziellen Anforderungen von Bankers Trust in den Bereichen

- Verfügbarkeit

- System Integration

- Netzwerk Management

- Wachstum

erfolgreich erfüllt werden konnten. Das eindrucksvolle Wachstum (300 Prozent von November '87 bis Mai '89) zeigt ganz besonders den Wert und die Akzeptanz des Systems.

Die oben kurz geschilderten Szenarien sind einige wenige Beispiele aus der Welt der Multivendor-Netze. Viele andere sind bereits Realität. Darunter sind Banken, Postgesellschaften, Telefonoperators, Forschungs- und Flugsicherungsanstalten, Regierungsbehördern, Energieerzeuger und Industrieunternehmen.

Wenn man die Aussagen der Manager von privaten X.25-Netzprojekten analysiert, findet man immer wieder die gleichen Gründen, für die Einführung solcher Netzwerke:

- Hohe Verfügbarkeit

- Hohe Anpassungsfähigkeit

- Maximale Connectivity

- Herstellerunabhängigkeit

- Integration verschiedene... Technologien

X.25-Netze basieren auf internationalen Standards. Sie folgen den OSI-Standards Ebene 1 bis 3. Viele Hersteller unterstützen X.25 parallel zu ihren eigenen Protokollen. Netzwerk-Management und Zuverlässigkeit der Übertragung erfüllen durch Architektur und Design höchste Anforderungen. Insbesondere die Einbeziehung von öffentlichen Netzen, lokalen Netzen und neuen Technologien (zum Beispiel ISDN) läßt sich gut verwirklichen. Ein weiterer Grund ist die laufende Verbesserung des Preis-Leistungs-Verhältnisses bei paketvermittelten Netzen. Es wird in Paketen pro Sekunde Durchsatz ausgedrückt und zeigt eine dramatische Verbesserung während der letzten zehn Jahre (Abbildung 2).

In einem weiteren Beispiel sollen diese Vorteile nochmals deutlich gemacht werden. Es handelt sich um das Netz von Northern Telecom Ltd. mit dem Namen NTelpac, das viele der oben angesprochenen Charakteristiken von privaten Netzen vereinigt.

NTelpac: Der Schuster hat die besten Schuhe

Vor 1983 hatte Northern Telecom einen sogenannten "hodge-podge" von DV-lnstallationen: eine Vielfalt von Technologien, Produkten, Standalone-Lösungen, die insgesamt immer chaotischer, fehleranfälliger und teurer im Betrieb wurden. Separate Netze mit Mietleitungen, Wählleitungen, einer Vielzahl von Prozeduren und Softwarepaketen führten zu einem immer größeren Aufwand und es wurde schwierig, mit den geschäftlichen Anforderungen Schritt zu halten. 1983 wurde daher mit der Implementierung eines unternehmensweiten X.25-Netzes begonnen. Die Anforderungen an das integrierte Netz waren

- 50 Prozent jährliches Wachstum

- vereinfachtes Netzwerk-Management

- Multivendor-Umgebung

- niedrigere Übertragungs- und Gerätekosten.

Zum letzten Punkt führte NT im Juni 1989 eine detaillierte Kostenvergleichsanalyse durch. Als Ergebnis zeigte sich eine Ersparnis von 2,4 Millionen Dollar pro Monat durch den Einsatz von X.25 im Vergleich zu Mietleitungsnetzen. Gleichzeitig wurde der Zugriff von einem Terminal zu mehreren Hosts erreicht.

Neben der Kostenersparnis waren aber auch die strategischen Vorteile einer effizienten Kommunikation in einem durch agressiven Wettbewerb gekennzeichneten Markt ausschlaggebend für die Realisierung einer unternehmensweiten Kommunikation durch unter anderem folgende Anwendungen:

- Globales E-Mail

- Globale Kostenrechnung und Controlling

- Globales Inventory Management, Kundeninformationssystem, Auftragsbearbeitung und Lieferzeitenplanung

- Globales CAD/CAM/CIM

- Globale Kundendienstunterstützung

- Globaler Datenbankzugriff

- Globaler Datenbankzugriff zur Unterstützung von Patentansprüchen

Das NTelpac umfaßt heute über 12 000 Endpunkte und erfordert nur sieben Netzwerk-Management-Operators für die Bereiche Change Control, Control Centre und Engineering.

Private paketvermittelte Netze stellen eine kosten- und leistungsgünstige Alternative zu Mietleitungsnetzen dar. Sie sind ein Vehikel zur optimalen System-Integration in Multivendorumgebungen bei gleichzeitiger Anwendungsintegration. Durch ihre weltweite Standardisierung und Implementierung der OSI-Standards erlauben sie die Integration verschiedener Technologien wie ISDN, LAN und öffentliche Netze mit einem einheitlichen Netzwerkmanagement und sind offen für neue, auf OSI basierende Anwendungen.

Sie sind unternehmensintern und im Unternehmensverbund realisierbar. Technologische Weiterentwicklungen wie Breitbandverbindungen oder der Einsatz von Glasfaser können einfach und schrittweise eingeführt werden.

Anwender von X.25-Netzen

- American Airlines mit InterAAct

- Barclays Bank

- Norske Credit Bank

- Bankers Trust Company mit BTnet

- Northern Telecom mit NTelpac