Wiesbadener rechnen sich Chancen im Dialogbereich der Mid-Range-Produkte Big Blues aus:

Prime mit neuem Supermini an IBM 4341-Front

15.07.1983

WIESBADEN (CW) - Der Wiesbadener Minicomputeranbieter Prime hat seine 32-Bit-Produktlinie um ein neues High-end-Modell erweitert. Das System 9950 richtet sich nach Angaben eines Unternehmenssprechers gegen den im März angekündigten Data-General-Rechner MV/10000. Zudem rechnen sich die Wiesbadener mit ihrem neuen Flaggschiff zusätzliches Anwenderterrain Im Dialogbereich der IBM 4341 aus, Um ihrem neuen Supermini ein gutes Entree zu verschaffen, wartet die Prime GmbH mit einer Niedrigpreispolitik auf. So soll das sofort lieferbare System 9950 in seiner Einstiegsversion mit 4 MB Hauptspeicher, 300 MB Plattenspeicher, Magnetband, Systemkonsole und Betriebssystem lediglich 1,1 Millionen Mark kosten. Der bisher größte Prime-Rechner "850" kostete in einer vergleichbaren Ausbaustufe etwa das gleiche. Grund genug für die Konzernzentrale im amerikanischen Natick, den Preis für verschiedene Konfigurationen der 750" und "850" um 15 bis 21 Prozent zu reduzieren. Die Hauptspeicherpreise wurden um bis zu 25 Prozent ermäßigt.

Im Preis-/Leistungsvergleich schneidet das neue Prime-System gegenüber den Nachfolgemodellen dennoch erheblich günstiger ab. So geben die Wiesbadener die Leistungsfähigkeit der 9950 mit einem Wert von über 50 Prozent gegenüber der 850 an. Eine Reihe technischer Neuerungen innerhalb der Rechnerarchitektur ermögliche jetzt eine "wesentlich höhere" Geschwindigkeit bei Multiuser- und "General-Mix-Anwendungen". Die Verwendung einer neuen "Pipeline-Technologie" hebt Prime besonders hervor. Diese ermögliche eine fünfstufige gleichzeitige Instruktionsverarbeitung. Die erstmalig in Prime-Systemen verwendete ECL-Halbleitertechnologie (Emitter Coupled Logic) verhelfe der 9950 außerdem zu besseren Durchsatzergebnissen, Der Durchsatz konnte somit Prime-Angaben zufolge auf 2,5 Mips (Millionen Instruktionen pro Sekunde), die I/0-Bandbreite auf 9 MB pro Sekunde gesteigert werden. Das System 850 erreicht dagegen 1,6 Mips und eine Bandbreite von 8 MB pro Sekunde. Um diesen Gap gegenüber den Nachfolgemodellen aufzufangen, kündigten die Wiesbadener zusammen mit der 9950 neue "intelligente" Steuereinheiten sowie verbesserte Aufrüstmöglichkeiten für die 750er und 850er Modelle an.

Auf der Basis des Betriebssystems Primos unterstütze das neue Prime-Flaggschiff bis zu 128 direkt angeschlossene Terminals und 255 Benutzerprozesse. Die 9950 ermögliche somit Anwendungen im kommerziellen Bereich, in der Textverarbeitung und im CAD/CAM-Bereich. Neue Softwarepakete sind jedoch noch nicht verfügbar.

Indes wartet Prime mit einer weiteren rechnerbezogenen Neuigkeit innerhalb seiner Produktpalette auf: Ein fehlerkorrigierender Hauptspeicher mit 64 Kilobit Halbleiter-Speicherelementen zu 2 MB pro Board könne auf bis 16 MB erweitert werden. Das Cache-Memory ist 16 KB groß, wobei die Zugriffszeit 40 Nanosekunden beträgt. Die 9950 arbeitet mit einer "Quad-Floating-Technologie", die eine Berechungsgenauigkeit von 96 Bit in der Mantisse ermöglicht. Ein Diagnostikprozessor biete den Anwendern "wesentliche Verbesserungen in Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit und Wartung" (Prime-Pressetext). Wie aus Prime-Quellen zu erfahren ist, wollen die Wiesbadener mit ihrem "Sommer-Announcement" der vermutlich im Herbst bevor stehenden "High-end-Ankündigung" des Münchner Minicomputer-Marktführers Digital Equipment zuvorkommen. Erwartet wird ein Rechner, der die Leistung der derzeit gängigen Superminis noch übertreffe.

_AU: