Datenschutz: Salto mortale rückwärts?

Presse-Echo

08.01.1988

Mit des neuen bayerischen Datenschutzbeauftragten Sebastian Oberhauser und den Unterschieden im Arbeitsstil zu seinem Vorgänger Konrad Stollreither setzt sich die "Süddeutsche Zeitung" aus München auf kritische Art und Weise auseinander:

"Der Wandel in der Vorgehensweise des bayerischen Datenschutzbeauftragten zeichnet sich im Entwurf für den Neunten Tätigkeitsbericht ab. Im Kapitel über den Verfassungsschutz greift Oberhauser zu ungewöhnlich starken Worten, anscheinend, um sich von seinem Vorgänger abzugrenzen. Dort heißt es unter anderem: Durch die Kontrolle des Datenschutzbeauftragten soll und darf das Landesamt für Verfassungsschutz nicht in der Erfüllung seiner Aufgabe behindert werden, Extremisten und Verfassungsfeinde zu überwachen....

Stollreither, nach seinem Urteil befragt, konnte eine gewisse Verwunderung nicht verbergen und sagte spontan:

'Ich hätte solche Sachen nie geschrieben .'... (Süddeutschen Zeitung 15. Dezember 1987).

"Bayerns neuer Datenschutzbeauftragter Sebastian Oberhauser hat sich mit dem Entwurf zu seinem ersten Tätigkeitsbericht bei allen drei Fraktionen im Landtag mehr Kritik eingehandelt, als sie unter seinem Vorgänger Konrad Stollreither je üblich war. 'Sein persönlicher Stil ist unzweifelhaft', sagte der CSU-Abgeordnete Franz Brosch, der Vorsitzende des Landesbeirats für den Datenschutz, am Mittwoch nach einer fast vierstündigen Sitzung dieses Gremiums vor Journalisten im Maximilianeum. Brosch gab zu, daß beide politischen Seiten Oberhausers 200 Blatt starken Entwurf mit, Vorhaltungen bedacht hätten und daß er selber gebeten habe, eine Passage zu korrigieren, in der es heißt: 'Der Datenschutzbeauftragte ist klein Handlanger oder Büschsenspanner für Leute, die den Verfassungsschutz diffamieren und abschaffen wollen, um ihre Ziele ungestörter verfolgen zu können. Oberhauser sagte das zu. Brosch ermahnte ihn auch öffentlich noch einmal im Interesse seiner eigenen Neutralität und Glaubwürdigkeit nicht unnötige Emotionen einzubringen.

Broschs Stellvertreter Klaus Warnecke (SPD) meinte unwidersprochen, der Beirat, in dem neben den beiden großen Landtagsfraktionen die Staatsregierung und Berufsverbände vertreten sind habe die kontroverseste Sitzung seit neun Jahren hinter sich. Der Berichtsentwurf steckte voller Ungereimtheiten und Peinlichkeiten, verzichte weitgehend auf Kritik und auf die früher üblichen lehrbuchartigen plastischen Fallbeispiele. Oberhauser übernehme in weiten Bereichen die Haltung der Staatsregierung. Als irritierend wertete es Warnecke auch, daß der Neuling das Konsensprinzip in der Konferenz der Datenschutzbeauftragten aus Bund und Landern abredewidrig verlassen habe.

Warneckes Vorwurf einer 'Datenschutz-Wende' trat Oberhauser mit dem Versprechen entgegen, er folge den gleichen Grundsätzen wie sein Vorgänger. 'Es gibt keinen Salto mortale rückwärts in die Zeit, als der Datenschutz noch nicht so hochgehalten wurde.'...

Scharf setzte dem neuen Datenschutzbeauftragten auch der Grünen-Abgeordnete Hartmut Bäumer zu, der dem Beirat nicht angehört: Oberhauser handle nicht als Kontrolleur der Polizei im Dienst der Bürger, sondern als, verlängerter Arm der Obrigkeit. (Brosch) nahm Oberhauser, wenn auch nicht überschwenglich, in Schutz: 'Er muß in seinem Arm Tritt fassen.'... (Süddeutsche Zeitung vom 17. Dezember 1987)