US-Justiz ermittelt fast gegen die ganze Branche

Preisabsprache bei Speicherchips?

28.06.2002
MÜNCHEN (CW) - Das US-amerikanische Justizministerium hat eine branchenweite Untersuchung der Speicherchiphersteller eingeleitet. Anscheinend geht die Behörde dem Verdacht nach, dass es im vergangenen Jahr innerhalb der Industrie zu Preisabsprachen gekommen ist.

Der ohnehin gebeutelten Chipbranche dürfte die Nachricht einen gehörigen Schrecken versetzt haben. Wie jetzt bekannt wurde, wurden fast alle Hersteller von Speicherchips (DRAM) offiziell über die industrieweite Untersuchung des US-Ministeriums informiert. Nachdem zunächst die großen Anbieter Samsung, Micron, Hynix und Infineon Vorladungen erhalten hatten beziehungsweise kontaktiert worden waren, stellte sich heraus, dass die Behörde auch kleinere Chipfertiger wie Nanya und Winbond Electronics aus Taiwan sowie das japanische Joint Venture Elpida befragen will. Bislang verschont blieben allerdings die Chiphersteller Intel und AMD.

Über den Hintergrund der Ermittlungen kann bisher nur spekuliert werden. Überkapazitäten hatten die Preise für Speicherchips im November 2001 auf ein Tief von unter einem Dollar sinken lassen. Marktbeobachter vermuten, dass die großen Hersteller mit einem Preisdumping kleine Anbieter vom Markt drängen wollten, denn Anfang dieses Jahres kletterte der Wert verdächtig rasch wieder auf bis zu knapp fünf Dollar. Die Produktionskosten der Branche liegen etwa bei dieser Marke. In den vergangenen Wochen fielen die Preise jedoch erneut unter die Herstellungskosten und bewegen sich derzeit bei unter drei Dollar.

Anbieter tappen im Dunkeln

Auslöser der Ermittlungen könnte eine Aussage von Thomas Wang, Vice Preident des taiwanischen DRAM-Herstellers Mosel Vitelic, gewesen sein. Wang hatte vor kurzem mitgeteilt, Anbieter hätten sich über Absatzmengen auf dem Spotmarkt geeinigt. "Wir sagten nur zueinander, versuche, nicht unter drei Dollar zu verkaufen", zitierte die amerikanische Nachrichtenagentur Bloomberg den Manager. Auf dem Spotmarkt verkaufen vor allem kleinere Anbieter wie Nanya Technology aus Taiwan ihre Produkte. Infineon oder Samsung wickeln den Großteil ihres Geschäfts über langfristige Verträge ab.

Glaubt man den Firmen, so tappen auch sie noch im Dunkeln, was den genauen Inhalt der Ermittlung betrifft. Während der koreanische Hersteller Samsung lediglich bestätigte, eine Vorladung erhalten zu haben, bestreitet der US-amerikanische Konzern Micron vorbeugend in einer offiziellen Stellungnahme, gegen das Kartellrecht verstoßen zu haben. "Der Markt für DRAM-Chips ist sehr wettbewerbsintensiv, und die Preise schwanken extrem", begründet Micron-Sprecher Kipp Bedard die Preisbildung. Auch Infineon blieb bislang nur die Möglichkeit, Entgegenkommen zu demonstrieren: "Wir wissen nicht, worum es genau geht. Aber wir werden mit den Behörden zusammenarbeiten", hieß es aus der Münchner Konzernzentrale. (rs)