Post: Kein Herz für die Wissenschaft

26.01.1990

Es ist noch kein Vierteljahr her, daß sich die Bundespost in den Dienst der Forschung stellte. Erinnern wir uns zurück: Im Oktober 1989 schloß sie mit dem DFN-Verein einen 10-Jahres-Vertrag über die Errichtung und den Betrieb eines eigenen Datex-P- Wissenschaftsnetzes, zu kostengünstigen Konditionen wohlgemerkt.

Jetzt sitzen sich beide Parteien erneut am Verhandlungstisch gegenüber. Gegenstand ist ein Highspeed-Netz für Hochschul-und Forschungsinstitutionen. Dessen Spektrum soll - geht es nach dem Willen der DV-Experten von 10 bis zu 140 Megabit Übertragunsrate pro Sekunde reichen. Die Gelegenheit für den gelben Riesen, sich erneut ein Ruhmesblatt auszustellen, wäre also günstig. Indes steht ein Armutszeugnis zu befürchten.

Versuche einiger DFN-Mitglieder im Vorfeld mit der Post ins Leitungsgeschäft zu kommen, waren nämlich mangels Angebot der deutschen Telekom kläglich im Sande verlaufen. Nicht einmal ein 10-Megabit. Agreement konnte erzielt werden. Wissenschaftlern muß aber das Herz bluten, wenn sie innerhalb des Campus Rechenergebnisse bald mit "Überschall" in 800 Megabit sogar in Videosequenzen darstellen können, mit anderen Hochschulen aber im "Schneckentempo" von 2 Megabit kommunizieren müssen.

Rechfertigt die Bedeutung der Forschung nicht einen Sonderbonus, wie er in Japan, Amerika und anderen europäischen Staaten ganz selbstverständlich ist? Die Telekom könnte sich jetzt sowohl durch die Errichtung eines Supernetzes als auch durch einen Sprung über ihren langen Tarif-Schatten um die Wissenschaft verdient machen. Der im Raum schwebende Vorwurf der stiefmütterlichen Behandlung wäre damit aus der Welt geschafft. Es müssen ja nicht gleich ultraschnelle Verbindungen zum Nulltarif

sein. pg