Betriebsversuch bei Computer-Telefonauskunft:

Post fördert Arbeitsplätze für Blinde

20.02.1987

BONN/MÜNCHEN (CW) - Neue Möglichkeiten zur Eingliederung von Schwerbehinderten in den Arbeitsprozeß erkundete die Deutsche Bundespost. In einem im Dezember gestarteten Betriebsversuch am Münchener Fernmeldeamt 1 werden erstmals Blinde bei der computergestützten Fernsprechauskunft eingesetzt.

Der Versuch ist zunächst auf drei Monate befristet. Wichtigstes Hilfsmittel dabei ist ein Zusatzgerät, auf dem Blinde die - sonst nur auf dem Bildschirm sichtbare - Information mit Hilfe der Braille- oder Blindenschrift zeilenweise ertasten können. Zwei Münchner Postbeamte werden unter Aufsicht von Ergonomen und Post-Betriebsärzten auf diesem Zusatzgerät geschult.

Ziel des Versuchs ist die Einrichtung zukunftsorientierter und "höherwertiger" Behindertenarbeitsplätze, so Gerhard Baumgärtel, Referatsleiter für Sozialangelegenheiten im Bundespostministerium. Die Bundespost wolle in noch größerem Maße als bisher auf den über 3000 Telefonauskunftsplätzen Behinderte neben Nichtbehinderten beschäftigen. München sei erst ein richtungweisender Anfang.

Euphorie ist nach Auffassung der Post allerdings fehl am Platz. Noch gebe es offene technische Fragen, so beispielsweise die Schnittstelle zwischen dem Blindenterminal und den übrigen Geräten.

Ungewiß sei auch, wie die Behinderten die neue Aufgabe "physisch und psychisch" verkraften. Zunächst müßten sie lernen, die Eingabeprozeduren zu beherrschen und die vom Computer ausgegebenen Informationen auf Brailleschrift abzurufen. Ein Streßfaktor für den Blinden könnte sich unter anderem durch die Tatsache ergeben, daß das zeilenweise Ertasten der Brailleschrift wesentlich länger dauert als das Erfassen der Bildschirminformation auf einen Blick. Einen ersten Bericht erwartet das Bundespostministerium im Frühjahr 1987.