E-Commerce/Zugang zum Internet kontinuierlichem Wandel unterworfen

Portale als Tore zum Wissen und Instrumente des Marketings

15.10.1999
Der Internet-Hype hält an. Heute ist der Begriff "Portal" in aller Munde - insbesondere dann, wenn es um Bereitstellung und Verknüpfung von Informationen über explizite Services geht. Täglich entstehen neue Portal-Sites. Robert Lang* skizziert die aktuelle Entwicklung.

Ihren Ursprung haben Portale in der Architektur der Antike. Im Lateinischen bezeichnet das Wort Portal einen "monumental gestalteten Eingang eines Gebäudes". Heute, mit zunehmender Globalisierung, denken immer mehr Unternehmen über Corporate-Portal-Services im Intra- oder Internet nach. Ihr Ziel ist es, Portale als Instrument für Marketing und Customer-Relationship-Management oder als interne Informationsdrehscheibe für Mitarbeiter und Partner zu nutzen. Statt einer Vielzahl möglicherweise sogar noch versteckter Zugänge gibt es dann nur noch eine einzige, globale Pforte, und dahinter übersichtliche, gut strukturierte Pfade zu den jeweils gewünschten Informationen.

Durch personalisierte Dienste Kunden binden

Pioniere und bekannte Beispiele für Portaldienste im World Wide Web sind Betreiber von Suchmaschinen wie Yahoo, Excite, Altavista, Lycos oder Infoseek. Sie bieten neben zusätzlichen Diensten - beispielsweise News, Chat-Foren, Web-Mailboxen und Online-Auktionen - einen ausgewählten strukturierten, themenbezogenen Zugriff auf die Homepages von Informationsanbietern im WWW an.

Der Trend zu Informations- und Service-Portalen hat hauptsächlich zwei Gründe:

-Unternehmen müssen das interne Wissens- und Informations-Management kanalisieren, strukturieren und verfügbar machen. Wissen ist als für den Unternehmenserfolg wichtiger Faktor anerkannt. Der Rohstoff "Information" muß demzufolge zielgerichtet bereitgestellt und verwaltet werden.

-Unternehmen sehen aufgrund der zunehmenden Globalisierung der Märkte den dringenden Bedarf, sich durch neue Mehrwert- (informations)dienste von der Konkurrenz abzuheben und Kunden noch stärker durch personalisierte Informationen zu binden.

Diese Entwicklung verwundert bei genauer Betrachtung nicht - wurde doch in den letzten Jahren intensiv in den Aufbau der Infrastruktur für Intranet- und Internet-Anwendungen investiert. Heute stehen Unternehmen vor der Herausforderung, ihre Informationsbestände mit den vorhandenen Applikationen zusammenzuführen.

Informationen stehen in Hülle und Fülle zur Verfügung - im Internet wie auch im Intranet. Mitarbeiter in den Unternehmen können auf verschiedene Dienste wie Kalenderfunktion, Newsgroups, Newsticker oder Dokumentenforen zugreifen, um Informationen abzufragen oder auszutauschen. Aber auch die Kommunikation mit Partnern und Lieferanten wird zunehmend über das World Wide Web abgewickelt.

Laut einer Studie der Marktforscher von Meta Group verdoppeln sich allein die Inhalte in Intranets innerhalb von zwölf bis 24 Monaten. Diese Informationsmenge läßt sich mit bekannten Methoden nur noch unzureichend effizient bereitstellen und für das Unternehmen nutzbringend verwerten. Denn die Daten sind auf verschiedene Netzwerke intern und extern verteilt und häufig stark fragmentiert, die Informationsbestände sehr heterogen und somit nur schwer auffindbar.

Angesichts dieser Entwicklung müssen neue Anforderungen an das interne Informations-Management eines Unternehmens definiert werden, um den Rohstoff "Information" und das Kapital "Wissen" zielgerichtet bereitstellen und verwalten zu können. Es bedarf einer übergreifenden Architektur, die es ermöglicht, auf eine maximale Menge von Informationen von jedem Punkt und zu jeder Zeit direkt und strukturiert zuzu- greifen. Deshalb sollten bestehende unternehmensinterne Netze zu strategischen Plattformen für den Wissenstransfer weiterentwickelt werden, die folgenden Anforderungen genügen müssen:

-Dokumente, Informationen und Applikationen sind zentral über eine einheitliche Schnittstelle -ein Informationszentrum - abrufbar, und zwar sowohl strukturierte als auch unstrukturierte Daten.

-Informationen müssen automatisiert und kontextbezogen verknüpft werden.

-Informationen und Wissensträger müssen verknüpft werden - Stichwort: Knowledge-Sharing.

-Informationen müssen kontinuierlich aktualisiert und personalisiert bereitgestellt werden können.

Werden diese Voraussetzungen erfüllt, spricht man von einem Corporate Portal: Es wird zur zentralen Informationsdrehscheibe im Unternehmen, die alle Informationskanäle unter einem Dach zusammenfaßt. Über eine zentrale Portal-Site hat der Anwender beispielsweise Zugriff auf interne Informationsquellen wie Archive, Directory-Services, Personaldaten oder das Bestellwesen. Zugleich kann er auf dedizierte externe Informationsquellen im Internet wie Fachinformationsdienste oder Newsfeeds und auf Funktionen wie Gruppenkalender, Mailbox und Foren zugreifen. Suchmaschinen und eine zentrale Dokumentenablage stehen ihm ebenso zur Verfügung.

Für den Anwender spielt es nur in Ausnahmefällen eine Rolle, woher benötigte Informationen kommen und welche proprietären Formate sie haben. Die Herkunft der Daten ist bei der Recherche von sekundärer Bedeutung. Durch das Corporate Portal werden alle Informationskanäle in einer zentralen Portal-Site gebündelt. Die Verknüpfung verschiedener Netzwerke zu einem einzigen Portal-Netzwerk bleibt dabei weitgehend unsichtbar.

Setzen Unternehmen Corporate Portale ein, so beschäftigt sich ihr Informations-Management zunehmend mit dem Thema Knowledge-Management. Laut Studien der Meta Group wollen bis zum Jahr 2002 rund 90 Prozent der befragten Wirtschaftsunternehmen Knowledge-Management-Konzepte in Form von Portalen realisieren.

Doch bei entsprechenden Vorhaben sollte immer beachtet werden, daß IT-Strategien nur ein Teilaspekt des Knowledge-Managements sind. Vielmehr ist Knowledge-Management eine Frage der Unternehmenskultur. Der Wert eines Corporate Portal definiert sich nicht zuletzt durch die Qualität der Daten, die bereitgestellt werden. Auch die schönste Portal-Lösung bringt wenig Mehrwert, wenn die wirklich wichtigen Informationen nicht verfügbar sind.

Häufig bleiben diese in den Köpfen einzelner Mitarbeiter, zum Teil sogar in Unternehmenseinheiten hängen, weil diese firmeninterne Wettbewerber fürchten. Hier ist die Firmenleitung gefordert, Rahmenbedingungen zu schaffen, die das Herausgeben von Information und Wissen fördert. Beispielsweise kann dies durch entsprechende Zielvorgaben oder Bewertungsrichtlinien für Mitarbeiter beziehungsweise Teams geschehen.

Die technische Plattform für Knowledge-Management spielt letztlich nur eine untergeordnete Rolle. Wichtig ist: Informationen müssen "in time" abrufbar und idealerweise auch einstellbar sein. Nur wenn das Bereitstellen von Informationen mit sehr geringem Aufwand neben dem täglichen Arbeitspensum erledigt werden kann, werden Portale wirklich funktionieren.

Aber auch Portale sind einem kontinuierlichen Wandel unterworfen. Glaubt man den Vorhersagen von IT-Strategen, werden Public Portals zunehmend verschwinden und statt dessen spezialisierte Extranets und Communities entstehen, die fokussierte Informationsbörsen anbieten. So plant beispielsweise der Hardwarehersteller Compaq den Aufbau eines Business-to-Business-Web-Portals in Form eines personalisierten Extranet für seine Kunden.

Der Grund für diese Entscheidung: Anwender erwarten heute spezialisierte Angebote im Internet. Klassische Portale, die dem User nur als Startpunkt für ihre Suche dienen, werden den Ansprüchen nicht mehr gerecht. Surfer wollen möglichst schnell und zielgerichtet an qualitativ hochwertige Informationen gelangen. Hinzu kommt, daß die von den einzelnen Anbietern betriebenen Info-Channels teilweise zu hohe administrative Anforderungen an die Anwender stellen. Der Wunsch nach einer zentralen Plattform, die die individuellen Informationsbedürfnisse abdeckt, ist daher durchaus verständlich.

Für Unternehmen bietet sich hier die Chance, durch Portale eine neue Informations- und Service-Umgebung für Kunden zu schaffen. Bei der Erstellung des Konzepts sollten sie sich an deren Wünschen orientieren. Als da wären:

-die richtigen Informationen zum richtigen Zeitpunkt,

-zusätzliche, ergänzende Informationen ohne Recherchearbeit,

-Besucher oder Kunden mit gleichen Interessen, Wünschen oder Problemen finden (Communities),

-personalisierte Angebote und Services.

Die klassische Homepage eines Unternehmens kann diese Erwartungen in der Regel nicht erfüllen. Über ein Firmenportal, ein sogenanntes Enterprise Portal, lassen sich solche zusätzlichen Serviceleistungen anbieten, was beispielsweise auch dem Customer-Relationship-Management dient.

In naher Zukunft werden mit neuen Technologien weitere Portalservices entstehen: beispielsweise durch Spracherkennung, Voice- und Video-Streaming, Multimedia-Banner und Such-Agenten. Insbesondere die individuelle Beratung und der Verkauf von Produkten und Dienstleistungen über das Internet könnten anhand von mitgelieferten Profilen zielgerichtet geleitet werden. Informations- oder Produktanbieter werden die Kunden mit maßgeschneiderten Angeboten bedienen.

Realisierung von Portal Sites

Beim Aufbau eines Portals können Unternehmen bereits auf spezialisierte Produkte als Basisplattform zurückgreifen. Die erhältlichen Lösungen unterscheiden sich dabei im konzeptuellen Ansatz und im Funktionsumfang erheblich.

So gibt es Portallösungen, die den Schwerpunkt auf intelligente Suchmechanismen und Agenten legen. Diese ermöglichen es, große Mengen von unstrukturierten Informationen kontextbezogen über eine zentrale Portal Site zu durchsuchen und Verknüpfungen zu inhaltlich verwandten Informationen automatisch herzustellen, unabhängig vom Format der Daten. Jeder Anwender kann außerdem Suchagenten aktivieren, die, basierend auf dem persönlichen Profil, Informationen im Intranet oder Extranet aggregieren.

Andere Lösungen verfolgen einen Groupware-Ansatz. Das heißt, daß Web-Applikationen und Groupware-Funktionalitäten unter einer einheitlichen Oberfläche mit internen und externen Informationsquellen vereinigt werden. Anwender greifen so über die Portal Site auf ihre Mailbox, den Gruppenkalender, das Dokumentenarchiv, Links zu externen Informationsquellen oder Diskussionsforen zu.

Dem Wettbewerb einen Schritt voraus sein

Einige wenige Hersteller wie beispielsweise Viador verfolgen bereits ganzheitliche Ansätze zum Aufbau von "E-Business Information Portals". Diese Lösungen decken nahezu alle denkbaren Anforderungen an Web-basiertes Informations-Management ab: von der Suche über die Verknüpfung bis hin zur Auswertung der Daten.

Portale verbinden heute schon Data-Warehouse-Konzepte mit bewährter Web-Technologie. Sie bieten zentralen Zugriff auf Enterprise-Management-Systeme etwa von SAP, Baan oder Peoplesoft, auf Geschäftsdokumente, Groupware-Applikationen, strukturierte und unstrukturierte Daten sowie auf Newsfeeds. Durch die Verschmelzung aller geschäftsrelevanten Informationen und deren systemgestützte Auswertung von Information kann ein E-Business Information Portal so zu einem wichtigen Instrument werden, um Wissen für die Mitarbeiter eines Unternehmens transparent zu machen. So können sie Entscheidungen schneller fällen und umsetzen - mit dem Ziel, dem Wettbewerb einen Schritt voraus zu sein.

Angeklickt

Glaubt man den Vorhersagen von IT-Strategen, werden Public Portals allmählich verschwinden und statt dessen spezialisierte Extranets und Communities entstehen, die fokussierte Informationsbörsen anbieten. Auch sollen Business-to-Business-Portale in Form personalisierter Extranets eine große Rolle spielen. Klassische Portale, die dem User nur als Startpunkt für ihre Suche dienen, werden den heutigen Ansprüchen, schnell und zielgerichtet informiert zu werden, nicht mehr gerecht. Info-Channels stellen teilweise noch zu hohe administrative Anforderungen an die Anwender.

*Robert Lang ist IT-Consultant und Projektleiter bei der Debis Systemhaus Internet Business Solution (IBS) GmbH in Leinfelden-Echterdingen.