Rechnergestütztes Materialwirtschaftssystem im Produktionswerk Zuffenhausen:

Porsche legt Wert auf gesicherte Daten

16.09.1983

Um einen rationellen Materialfluß sowie einen gesicherten Daten- und Informationsfluß zu erreichen, wurde von der Firma Porsche vor etwa einem Jahr ein neues Warenverteilcenter im Produktionswerk Zuffenhausen in Betrieb genommen. Aufgaben und Funktionen des installierten Systems beschreibt der Krefelder Fachjournalist Volker Heiner.

Im Rahmen der Steuerung und Verwaltung des Lager- und Transportsystems wurde der Betriebssicherheit bei der Konfiguration der EDV- Hardware Rechnung getragen. Zur Erreichung einer hohen Systemverfügbarkeit sind die Steuerungs- und Verwaltungsfunktionen der Anwendung in mehreren Ebenen gegliedert und die Hauptkomponenten doppelt ausgelegt, da zur Überbrückung von längeren Ausfallzeiten eine manuelle Notorganisation ausscheidet.

Dem Zentralrechner obliegt neben anderen administrativen Aufgaben die Verwaltung der Stammdaten für Materialwirtschaft wie Teile- und Lieferantenstamm sowie Bestelldaten. Weiterhin übernimmt er alle vom Lagerverwaltungsrechner durchgeführten Bestandsbewegungen und führt damit summarische Bestände pro Sachnummer. Veränderungen an Sachstamm- und Bestelldaten werden täglich an den Lagerverwaltungsrechner im Offline- Betrieb zur Verwaltung übertragen.

Der Lagerverwaltungsrechner ist zuständig für alle dispositiven Aufgaben der Wareneingangsabwicklung, Qualitätskontrolle und Qualitätssicherung, Einlagerung, Bestandsführung, Auslagerverwaltung, Auslagerung, Kommissionierung und der Betriebsführung.

Daten doppelt gespeichert

Die Bestandsführung auf dem Lagerverwaltungsrechner erfolgt ladehilfsmittelbezogen. Bestandsveränderungen, Materialbewegungen, Liefer- und Leergutdaten werden täglich vom Lagerverwaltungsrechner an den Zentralrechner im RJE- Betrieb übertragen. Eingesetzt wurde hierfür ein Rechnersystem NONStop von Tandem mit vier Rechnern.

Im Normalfall bearbeiten dabei vier Rechner mit je 1,9 MB Zentralspeicher autonom die anfallenden Aufgaben. Fällt einmal ein Rechner aus, so übernehmen die restlichen dessen Aufgaben mit. Die Magnetplattenlaufwerke und Steuereinheiten sind doppelt ausgelegt, das heißt, alle Daten sind zur doppelten Sicherheit und für schnelleren Zugriff zweimal gespeichert. Der Prozeß- Steuerungsrechner übernimmt die Steuerung und Überwachung der automatischen Anlagenteile wie Förderstrecken, Regalbediengeräte und fahrerloses Transportsystem.

Der Prozeßrechner übernimmt keine dispositiven Aufgaben für die Lagersteuerung. Die Lagerbewegungen werden so an den Funktionspunkten durch den Lagerverwaltungsrechner und dann vom Prozeßrechner selbständig über mehrere Anlagenteile geführt und überwacht.

Zentrale Überwachung

Die Steuerung und Überwachung des Gesamtsystems erfolgt zentral durch die Betriebsführung. Neben der anwendersoftware- und systemseitigen Bedienung von Lagerverwaltungsrechner und Prozeß- Steuerungsrechner ist die Betriebsführung zentrale Meldestelle für alle auftretenden Störungen. Zur Unterstützung dient ein Materialflußabbild der Gesamtlage in Form eines Leuchtschaubildes sowie die entsprechenden Störprotokolle, die vom Prozeß- Steuerungsrechner veranlaßt über den Lagerverwaltungsrechner ausgedruckt werden. Die Beseitigung von Störungen wird von der Betriebsführung veranlaßt und kontrolliert.

Um einen möglichst reibungslosen Fertigungsablauf zu garantieren, ist die Eingangsprüfung ein wichtiges Element der Qualitätssicherung. Für Porsche wird aufgrund der eigenen geringen Fertigungstiefe ein relativ großer Prozentsatz der Teile bei Zulieferfirmen gefertigt.

Wachsender Teileumfang, zunehmende Komplexität der Teile und neue Materialien erfordern computergestütztes Arbeiten in der Wareneingangsprüfung nach Prüfungsplänen mit Ergebnisspeicherung und Lieferantenbewertung. Diese Prüfpläne sind teile- und lieferspezifisch aufgebaut. Das Kernstück der Prüfpläne sind die Prüfmerkmale. Hier wird für Merkmalpositionen festgelegt, was, wie oft und womit geprüft werden soll.

Eindeutige Identifikation

Zunächst wird zwischen Identifikations- und Qualitätsmerkmale unterschieden. Indentifikationsmerkmale sind die charakteristischen Merkmale, die ein Teil eindeutig von allen anderen Teilen unterscheidet. Die Qualitätsmerkmale werden unterteilt in kritische, Haupt-, Neben- und dokumentationspflichtige Merkmale. Von der Prüfplanung wird für jedes Merkmal ein Stichprobenplan vorgegeben und gleichzeitig durch die Anordnung in den Merkmalsklassen eine besondere Prüfcharakteristik festgelegt.

Nach dem Erfassen der Lieferdaten wird vom Qualitätssicherungssystem eine Identprüfanweisung automatisch ausgedruckt und die Identitätsprüfung noch im Bereich des Wareneingangs durchgeführt. Die zur Identifikation des Teiles relevanten Merkmale ermöglichen es dem Prüfer, das Teil- ohne Zeichnung- eindeutig zu erkennen. Befindet sich das Teil im Prüfverzicht, so kann die gesamte Lieferung unmittelbar danach eingelagert werden. Ist für das Teil eine Qualitätsprüfung vorgesehen, werden die Teile (immer ganze Behälter) für die Stichprobe vom Identprüfer ausgewählt und der Qualitätsprüfung zugeleitet. Die restlichen Behälter oder Paletten der Warenlieferung werden sofort eingelagert, bleiben aber bis zum Vorliegen der Prüfergebnisse für die Verwendung gesperrt.

Qualitätskontrolle

Die zur Qualitätsprüfung geförderten Lieferumfänge werden ebenfalls nach einer vom Qualitätssicherungssystem ausgedruckten Prüfanweisung kontrolliert. Der Prüfer bekommt die zu prüfenden Merkmale, die Stichprobengröße, die zur Prüfung vorgesehenen Meßmittel und den gültigen Zeichnungsstand aufgezeigt.

Die Prüfergebnisse werden auf den Prüfanweisungen protokolliert und über Terminal erfaßt. Bei der Eingabe von "nicht i.O.- Prüfergebnissen" wird eine "Q- Meldung" als Entscheidungsgrundlage der Disposition ausgeworfen. Der Rechner veranlaßt das Ausdrucken eines Prüfberichts und gibt den Anstoß an die Prüfsteuerung, das beanstandete Merkmal verstärkt weiterzuprüfen. Das Prüfergebnis beeinflußt damit entscheidend die Lieferantenbewertung.