G7-Staaten wollen Kompromiss

Politiker rütteln an strengen Datenschutzregeln

25.10.2021
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Vertreter der G7-Staaten haben sich offenbar auf neue Regeln für den Digitalhandel und den Datenverkehr verständigt. Weicht jetzt die Europäische Datenschutzgrundverordnung auf?

Die sieben größten westlichen Industriestaaten haben verschiedenen Presseberichten zufolge gemeinsame Regeln für den internationalen Digitalhandel und Datenverkehr erarbeitet. Der Durchbruch sei auf einer Konferenz der Handels- und Wirtschaftsminister in London gelungen, hieß es. Geschäfte mit einem Volumen von mehreren hundert Milliarden Euro könnten damit einfacher ablaufen und würden auf eine sichere Basis gestellt.

Fällt die Datenfestung Europa?
Fällt die Datenfestung Europa?
Foto: IgorZh - shutterstock.com

Ein Vertreter der britischen Regierung, die derzeit den Vorsitz im G7-Rat innehat, erklärte, die Einigung sei das Ergebnis harter diplomatischer Arbeit. "Jahrelang glichen die weltweiten Spielregeln denen des Wilden Westens." Für Deutschland nahm der noch amtierende Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier teil.

Details, wie das neue Abkommen aussehen wird, liegen noch nicht vor. Die Vereinbarung sei ein Kompromiss aus dem strengen Datenschutz in Europa und dem offeneren Ansatz der USA, hieß es. In einem Dokument zu dem Treffen ist zu lesen: "Wir sollten uns mit ungerechtfertigten Hindernissen für den grenzüberschreitenden Datenfluss beschäftigen und uns gleichzeitig weiter um Datenschutz, den Schutz der Privatsphäre und des geistigen Eigentums sowie um die Sicherheit kümmern."

Diese Aussage macht deutlich, dass es sich wohl weniger um einen realen Durchbruch als um eine gemeinsame Absichtserklärung handeln dürfte. Gerade in Fragen des Datenverkehrs aus und nach Europa herrscht nach wie vor viel Unsicherheit. In zwei Verfahren hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) 2016 und 2020 die Abkommen "Safe Harbour" und EU-US Privacy Shield", die eigentlich den transatlantischen Datenverkehr rechtssicher regeln sollten, für ungültig erklärt. Die politisch Verantwortlichen erklärten zwar, sich um ein Nachfolgeabkommen bemühen zu wollen. Passiert ist bis heute jedoch nichts.

Mehr zu Safe Harbour und dem Proivacy Shield finden Sie hier:

Derzeit behelfen sich Unternehmen mit sogenannten Standarddatenschutzklauseln in den Verträgen. Allerdings gibt es auch hier noch etliche Grauzonen, die Unternehmen haben keine Rechtssicherheit. Auch wenn in der EU und auch in Deutschland immer wieder Stimmen laut werden, die bestehenden Datenschutzregeln müssten gelockert werden, gelten nach wie vor die strengen Gesetze der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO). Wie der oben angedeutete Kompromiss zwischen dem dichten Regelwerk in Europa und den eher großzügigen Datenschutzregeln anderer Länder aussehen könnte, bleibt zum aktuellen Zeitpunkt ein Rätsel.

"Transformation des Handelssystems"

Vielleicht bringt die Ministerkonferenz der World Trade Organization (WTO) Ende November mehr Klarheit. Offensichtlich wollten die G7-Staaten Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und die Vereinigten Staaten mit ihrem Treffen in London die Leitplanken für ein gemeinsames Vorgehen abstecken. "Der heutige Austausch im Kreis der G7 Handelsministerinnen und Handelsminister ist gerade nach dem Corona-Krisenjahr 2020 sehr wichtig", sagte CDU-Minister Altmaier am 22. Oktober. "Um fairen Handel sicherzustellen, müssen wir die WTO besser für die Herausforderungen der Zukunft aufstellen. Das gilt für den Beitrag des Handels zur Bekämpfung der Corona-Pandemie ebenso, wie für die anstehende digitale und nachhaltige Transformation unseres globalen Handelssystems, die wir nur gemeinsam angehen können. Denn klar ist: Wir brauchen die WTO mehr denn je. Als G7 ist es unsere Verantwortung gemeinsame Impulse dafür zu setzen."