Kommentar

Politik bremst Carrier aus

09.05.1997

Ein dreiviertel Jahr vor der großen Öffnung des TK-Marktes macht sich Ernüchterung breit. Verflogen ist die Goldgräberstimmung, Skeptiker haben das Wort: Sie rechnen erst in drei bis fünf Jahren mit schwarzen Zahlen. Eine Zeitspanne, die die neuen Carrier, die Telekom und Politik gleichermaßen beschuldigen, bei allem Gejammere im großen und ganzen gut überstehen dürften. Finanzspritzen ihrer Mütter, meist selbst Monopolisten in Sachen Stromerzeugung, sorgen für die notwendige Kriegskasse.

Während das Verhalten der Telekom durchaus zu verstehen ist, kann die Leistung der Bonner Politik nur noch mit einem Kopfschütteln quittiert werden. Statt klarer Rechtsformulierungen, die eine Liberalisierung des Marktes beschleunigen, kam mit dem neuen Telekommunikationsgesetz ein Werk heraus, das sich wie eine ABM-Maßnahme für Rechtsanwälte liest. Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, spricht sich gerade jene deutsche Politik, deren Vertreter im eigenen Land immer wieder die Rolle der Telekommunikation als Wachstumsmotor Nummer eins betonen, in Brüssel für Wucherei bei den Lizenzengebühren aus. Während unsere Nachbarländer nur eine reale Aufwandsentschädigung für die Lizenzen erheben wollten, träumten die einfallslosen Bonner Pleitegeier bereits von einer neuen Lizenz zum Gelddrucken. Der EU sei Dank, daß sie die Pläne, sich die neue TK-Freiheit königlich vergolden zu lassen, stoppte.