"Plug-a-Bubble"-Kassettensystem für Mikrocomputer-Anwendungen:\Intel setzt auf Magnetblasen-Speicher

12.06.1981

MÜNCHEN - "Es ist unsere Strategie, Speicher-Lösungen auf mehreren Integrationsebenen anzubieten - von einfachen Komponenten bis hin zu steckerkompatiblen, voll integrierten Systemen", sagte Ronald J. Whittier, Vice President und General Manager der Intel Memory Products Division, in einem Gespräch mit der COMPUTERWOCHE in München. Im Vordergrund standen dabei Intels RAM-Speicherlinie "Serie 90" sowie die neue Spezialität des Hauses, Magnetblasenspeicher einschließlich des "Plug-a-Bubble"-Systems iAPB 381, gewissermaßen eine Art Magnetblasen-Floppy.

"Wir bekämpfen damit die steigenden Wartungskosten ebenso wie den wohl kaum je abdeckbaren Bedarf an qualifiziertem Wartungspersonal", erläutert Whittier einen der Grundgedanken, die hinter der neuen Speicher-Serie 90/iQX stecken, einer Serie, die pro Chassis bis zu 32 MB Kapazität aufweist und Systementwicklern und OEMs die "Vorteile einer genauen Produktspezifikation im Verein mit kurzen Lieferzeiten, exakten Kosten und einem erprobten Konzept" (Whittier) bieten soll.

Die Serie 90/iQX verfügt über spezielle Fehlerbearbeitungstechniken, die - so Whittier - praktisch alle Speicherfehler korrigieren, wobei mit dem herkömmlichen ECC-Verfahren gearbeitet wird. Außerdem verbessert das System alle "weichen" Fehler durch automatische Neuschreibung, während sogenannte "harte" Fehler aus dem Adressenfeld des Anwenders ausgeblendet werden. Dadurch eigne Speichersystem besonders für den Dauereinsatz , bestätigt Peter W. Weber, Intel-Regionaldirektor für die deutschsprachigen Länder. Es bedarf nur geringer Wartungskosten und gestattet Datenmanipulationen per Host-Computer.

Zur Entlastung eben dieses Host-Computers von zahlreichen Overhead-Funktionen verfügt die Serie 90/ iQX über interne Diagnostik-Routinen für Online- und Offline-Funktionen, belegt also nicht unnötig Programmkapazität. Die Selbsttests und andere Routinen sorgen dafür, daß Probleme "frühzeitig" erkannt werden, wobei die Diagnose-Programme so ausgelegt sind, daß der Fehler dann rasch lokalisiert werden kann.

Zur schnellen Fehlersuche dienen drei Verfahren, wie Whittier im einzelnen darlegt: Der gesteuerte Computerzugriff über das Interface, der handliche "Service-Communicator" für Service-Routinen und schließlich noch besondere, externe Diagnoseverfahren. Vor allem die letztgenannten sollen einen Teil der herkömmlichen Wartungsverfahren überflüssig machen, betonen die Intelleute. So soll das neue Produkt - es wird übrigens vom Intel-Mikroprozessor iAPX 86 gesteuert - im Endeffekt für den Anwender besonders kosteneffektiv werden.

Die Architektur der Serie 90/iQX verwandelt das Speichersystem von einem passiven in ein aktives Element des Gesamtsystems, sagen die Experten von Intel. Dadurch eröffne sich ein großes Potential für innovative Alternativen bei der Systemarchitektur. Dabei haben die Entwickler des amerikanischen Halbleiterherstellers vor allem Anwendungen im Auge, die einerseits eine hohe Systemverfügbarkeit erfordern und gleichzeitig mit großen Datenbeständen operieren, die zuverlässig geschützt werden müssen. Also beispielsweise die wissenschaftliche und geophysikalische Datenerfassung, des Array-Processing, graphische Simulationen, die Bilddatenverarbeitung sowie Einsätze in Kommunikationsnetzen.

"Herr Whittier, Ihre Firma ist bekannt als Pionier auf dem Sektor Magnetblasenspeicher - wo sehen Sie sinnvolle Anwendungen für diese Speicher, von denen es ja oft leichthin und ziemlich pauschal heißt, sie würden ´alsbald´ mechanische Speichermedien verdrängen?" - Diese Frage veranlaßt den Intel-Speicherexperten zu mahnenden Worten, vom Pauschaldenken endlich wegzukommen und sehr genau die Marktsegmente zu definieren, in denen "Bubbles" heute und in absehbarer Zukunft echte Vorteile aufweisen. Dabei geht Whittier zunächst von den elementaren Eigenschaften der Bubbles aus, als da sind

- nichtflüchtige Speicherung,

- Kompaktheit,

- Langzeit-Zuverlässigkeit

- Unempfindlichkeit gegenüber einer rauhen Umgebung.

Natürlich, räumen die Intel-Fachleute ein, bleiben dynamische RAMs wegen ihres Preis-/Leistungsverhältnisses für Hauptspeichersysteme nach wie vor die dominierende Technologie, doch Bubbles sind schon heute preisgünstiger als E2PROMs (elektrisch wieder löschbare, programmierbare Festwertspeicher) und dürften 1984 auch billiger als EPROMs sein - in Pfennig pro Bit gerechnet. Aber natürlich lohnt es sich bei kleineren Kapazitäten dennoch nicht, etwa statt eines E2PROMs ein Bubble-System als Massenspeicher vorzusehen, denn der erstere Speichertyp kann genau auf den Kapazitäts-Bedarf hin zugeschnitten werden, während "Bubbles" von vornherein 128 KB und mehr bedeuten. Ihre Domäne, erläutert Whittier, liegt daher bei Kapazitäten zwischen 64 und 512 KB, Bereiche, in denen sie bei sinkenden Kosten Floppies und Winchesterlaufwerke zusehends verdrängen dürften. Zumal sie, mit den notwendigen Zusatz-ICs kombiniert, von Intel als komplette Platinen geliefert werden und den mechanischen Medien gegenüber dann auch ihr Plus der Zuverlässigkeit voll ausspielen können.

Woran Intel dabei ganz besonders denkt, macht Whittier am Beispiel der kürzlich vorgestellten "Plug-a-Bubble"-Einheit deutlich. Dabei handelt es sich um ein robustes Kassettensystem, das in der Grundversion eine Einschub-Kassette mit 128 KB Kapazität sowie die entsprechende Halterung umfaßt; ferner gibt es ein spezielles Chassis, des genau den Platz einnehmen kann, den sonst ein Minifloppy-System beansprucht und das zwei der Einsteck-Kassetten aufnehmen kann.

In diesen Kassetten befinden sich neben dem eigentlichen Bubble-Speicherelement noch der zugehörige Controller von Typ 7220 und weitere Support-lCs - eine Konfiguration, die laut Whittier einen ganz besonderen Vorteil gegenüber vergleichbaren Kassetten-Bubblesystemen aufweist: der Signalverlauf über die Steckkontakte ist weit weniger kritisch (höhere Spannungspegel) und außerdem kann man die Kassette auch während des Betriebs jederzeit entnehmen: Eine Powerfail-Logik sorgt dafür, daß keine Daten verlorengehen.

Typische Anwendungsbereiche für diese Bubble-Kassetten, hat Intel sich überlegt, dürften externe und mobile Mikroprozessorsysteme sein, beispielsweise tragbare Datenerfassungsgeräte oder auch automatische Testanlagen, wo es ja geradezu im Wortsinn auf das "Über-Tragen" von Daten ankommt. Im übrigen finden die nichtflüchtigen Bubblespeicher heute schon vielfältige Anwendung in ungünstigen Umgebungen wie Werkhallen, Schiffe oder Flugzeuge. Ihrer Zuverlässigkeit wegen haben sie sich aber auch in Krankenhäusern und komplexen Industrieanlagen ihren festen Platz erobert, weiß Whittier zu berichten.

Für alle Mikrocomputer-Anwendungen mit fest integriertem Blasenspeicher offeriert Intel mit der Speicherplatine iSBC 254 ein bereits höher integriertes System, das direkt an den hauseigenen "Multibus" angeschlossen werden kann und bis zu 512 KB faßt. Die Karte umschließt neben den eigentlichen Speicher-Elementen (vom Typ 7110) noch das Multibus-lnterface und "einen kompletten Systemtest", befreit also den Entwickler größerer Systeme von langwierigen Detailarbeiten. Und außerdem, so muß man hinzufügen, auch noch von einer Reihe von Kostenspekulationen: Intel "garantiert" nämlich, daß ein heute noch für rund 20 000 Mark angebotenes 512 KB-Board in zwei Jahren nur noch die Hälfte kosten wird.

Oder sollte fernöstlicher Konkurrenzdruck diese Preiskurve bald noch stärker nach unten biegen?