Britisch-deutsches Übernahmegespann unterbreite neue Offerte:

Plessey kann GEC/Siemens kaum noch entkommen

11.08.1989

LONDON/MÜNCHEN (bk) - Das spektakuläre Übernahmeduell zwischen GEC/Siemens und Plessey geht dem Ende entgegen. Die beiden Elektronikriesen unterbreiteten jetzt ein neues, endgültiges Angebot von rund 6,3 Milliarden Mark für den britischen Elektronik- und Rüstungskonzern. Nun müssen die Plessey-Aktionäre Farbe bekennen.

Schlag auf Schlag geht es derzeit im Obernahmekampf zwischen GEC/Siemens und Plessey. Kaum hatte sich das deutsch-britische Gespann mit dem Ministry of Defence über dessen Auflagen für den Plessey-Deal geeinigt und somit endgültig alle wettbewerbsrechtlichen Fragen mit den britischen Behörden geklärt, gab auch schon das Londoner Industrie- und Handelsministerium grünes Licht für das Akquisitionsvorhaber. Die neue Offerte von GEC/ Siemens für die llforder Elektronik- und Rüstungsfirma ließ daraufhin nicht lange auf sich warten. Nur 24 Stunden später offerierten sie den Plessey-Aktionären 270 Pence pro Aktie - obwohl sie dafür nach britischem Recht 21 Tage Zeit gehabt hätten. Das neue Angebot entspricht einem Übernahmewert von zwei Milliarden Pfund (zirka 6,3 Milliarden Mark). Damit haben GEC/Siemens ihre urspüngliche Offerte von 225 Pence pro Aktie beziehungsweise 1,7 Milliarden Pfund vom November 1988 um 20 Prozent überboten.

Ein Siemens-Sprecher erklärte, dieses Angebot sei endgültig und könne nicht verändert werden. Jetzt läge es an den Plessey-Aktionären, die Offerte zu akzeptieren. Doch das Angebot sei gut, und deshalb sei man zuversichtlich daß die Anleger ihre Anteilsscheine verkaufen würden und man die angestrebten 90 Prozent des Plessey-Kapitals erwerben könne. Bei vielen Großaktionären machte sich indes nach Bekanntwerden der neuen GEC/Siemens-Offerte Ernüchterung breit. Sie hatten mit 10 bis 15 Pence mehr für die Aktie gerechnet. Die Enttäuschung wiederum wurde von Plessey-Sprechern noch geschürt, indem sie das Angebot als "herbe Fehlkalkulation" bezeichneten. Es beweise das totale Unvermögen des Übernahmegespanns, den derzeitigen, vor allem aber den langfristigen Wert von Plessey einschätzen zu können.

Dennoch räumen auch viele Plessey-Aktionäre schon jetzt der GEC/ Siemens-Offerte gute Chancen auf Erfolg ein. "Wenn Plessey nun keinen Alternativ-Vorschlag mehr bringen kann, sind GEC und Siemens wohl am Ziel", erklärte David Rough, Direktor einer Londoner Versicherungsgesellschaft, die einen Anteil von 1,25 Prozent an dem Elektronikunternehmen hält. Seine Gesellschaft aber habe über das Angebot noch nicht entschieden. Seiner Ansicht nach sei es "eine Idee zu niedrig". Kaum war die Offerte bekannt, rutschte die Aktie um 9 Pence auf 267 Pence ab. In gut zwei Monaten wird Gewißheit herrschen, ob GEC/ Siemens sich Plessey nun tatsächlich einverleiben werden. Denn innerhalb von 60 Tagen - vom Datum der Offerte an gerechnet - muß das britisch-deutsche Team seine Entscheidung bekanntgeben. Die Weichen für eine erfolgreiche Übernahme von Plessey haben GEC und Siemens indes bereits gestellt. Sie werden die einzelnen Sparten der Verteidigungselektronik unter sich aufteilen und sich zu je 50 Prozent an den Bereichen Bauelemente, Luft- und Raumfahrttechnik sowie Forschung und Entwicklung beteiligen. Die Telekom-Gesellschaft GPT (bislang zu je 50 Prozent in Besitz von GEC und Plessey) wird mehrheitlich (60 Prozent) von GEC geführt werden. Siemens enthält 40 Prozent. Die Verkehrstechnik geht ganz an die Münchener.