Business neu ausrichten

Plattform-Unternehmen verändern die Märkte

16.05.2016
Von August-Wilhelm Scheer

Es ist bekannt, dass sowohl Apple als auch Google an der Entwicklung solcher Betriebssysteme für Autos arbeiten. Dieses kann als Versuch gelten, diese Plattform zu beherrschen, so dass am Ende die Plattform nicht mehr das Hardwareprodukt Auto ist, sondern das Betriebssystem für Infotainment und in der Folge Autohersteller zu Zulieferern werden. Der Kunde entscheidet sich dann zunächst für das Betriebssystem und erst danach für ein dazu passendes Auto.

Uber macht den nächsten Entwicklungsschritt

Eine weitere Entwicklung bei Auto-Plattformen geht noch einen Schritt darüber hinaus. Das Plattform-Mobilitätsunternehmen Uber besitzt keine Fabrik und keine Autos, sondern vermittelt nur zwischen Fahrgästen und Autobetreibern. Autobetreiber können dabei auch Privatpersonen sein. Wer eine Entfernung überbrücken möchte, nimmt lediglich noch einen Dienst in Anspruch. Das Eigentum am Fahrzeug spielt für den Fahrgast keine Rolle mehr.

Die digitale Transformation ist immer dann besonders stark, wenn es sich um Produkte handelt, die wenig komplex und mehr informationsnah sind und wenn sie auf den Konsumentenmarkt abzielen. Im B2B-Markt ist diese Entwicklung noch nicht ganz so dramatisch, aber genauso unaufhaltsam.

Neue Marktstrukturen in der Beratung

Aber wir als Beratungsunternehmen Scheer denken darüber nach, wie sich unser Markt verändern wird, welche Markteilnehmer sich in Richtung eines Plattformansatzes entwickeln werden. Heute arbeiten wir mit Kunden durch Projektteams zusammen und beziehen Partner und Freelancer ein. Dieses wollen wir zu einem Plattformkonzept weiterentwickeln.

Zwar behalten wir weiterhin Berater, entwickeln Methoden und Tools und bauen die Kommunikation aus. Aber wir werden die Beziehung sowohl zu den Kunden als auch zu den Zulieferern verstärken. Das Partnermanagement bekommt dann stärkeres Gewicht. Das heißt, dass am Ende das gesamte Ökosystem den Wert des Unternehmens ausmacht, also nicht nur die Kundenbeziehungen, sondern auch das Potenzial, das Partner und Freelancer bieten.

Plattform für Beratung schaffen

Entscheidend wird sein, wie stark dieses Ökosystem ist und in welcher Qualität und Quantität digitalisierte Methoden und digitalisierte Tools zur Verfügung stehen, um dieses Ökosystem zu managen. Unser Ziel ist es, uns als Beratungsplattform zu etablieren, die auch andere Unternehmen benutzen.

Die Rollen können dabei unterschiedlich sein: Wir können mit unserem Ökosystem Partner bei einem großen IT-Dienstleister oder bei einem internationalen Consulting Unternehmen sein. Es ergibt sich jedoch auch, dass große IT-Dienstleister bei uns in einem großen internationalen Projekt die Partnerrolle einnehmen. Die Ökosysteme vernetzen sich also untereinander und damit entstehen auch im Beratungsbereich neue Marktstrukturen.

Die Entscheidung - Plattform oder nur Lieferant

Ich messe Digitalisierung und Plattform-Unternehmen einen hohen Stellenwert bei. Deshalb empfehle ich gerade mittelständischen Unternehmen den kritischen Blick auf die eigene Positionierung in der sich entwickelnden Welt der Plattformen. Die Entscheidung darüber, ob man selbst eine Plattform darstellen möchte, oder sich mit der Rolle des Zulieferers begnügt, wird nachhaltig das Businessmodell und auch die Wachstumsmöglichkeiten im Markt bestimmen.

Der Text basiert auf dem Keynote-Vortrag von Professor August-Wilhelm Scheer, den er im Oktober 2015 anlässlich des Digital World Congress der Scheer GmbH in Sinsheim gehalten hat.