Vinyl-Comeback im digitalen Zeitalter

Plattenspieler: Die High-Tech-Reinkarnation

08.01.2016
In Zeiten wo Musik hauptsächlich per Streaming direkt aus dem Netz zu den Nutzern kommt, macht sich ein Medium bereit für seinen Wiederaufstieg: die Schallplatte.

Es ist ein Comeback, das vor wenigen Jahren noch undenkbar schien: Der Plattenspieler ist wieder da. Die Platten-Verkäufe wachsen rapide, auch wenn es ein Nischenmarkt bleibt. Dieser ist dennoch attraktiv, denn inzwischen kehren auch die Tech- und Elektronik-Riesen in das Geschäft mit den Plattenspielern zurück. Äußerlich sehen die neuen Modelle - etwa auf der CES in Las Vegas - zwar aus wie schon immer, doch unter Plattenteller und Tonarm schlägt im Jahr 2016 ein High-Tech-Herz.

Panasonic lässt mit dem SL-1200 die Technics-Vinyl-Tradition wieder aufleben. Die Schallplatte ist im digitalen Zeitalter wieder voll angesagt.
Panasonic lässt mit dem SL-1200 die Technics-Vinyl-Tradition wieder aufleben. Die Schallplatte ist im digitalen Zeitalter wieder voll angesagt.
Foto: Panasonic

Technics SL-1200: Panasonic bringt Kult-Plattenspieler zurück

Panasonic lässt dieses Jahr das legendäre Technics-Modell SL-1200 wieder aufleben. Seit den 1970er Jahren war der robuste Plattenspieler das Lieblingsgerät von DJs und Hip-Hop-Künstlern. Die Reinkarnation des SL-1200 behielt den von vielen Fans so geschätzten Direktantrieb. Ein Problem des 1972 gestarteten Plattenspieler-Modells waren Mikro-Vibrationen des Motors und minimal schwankende Geschwindigkeit. In der Neuauflage soll nun ein Motor ohne Metallmantel gleichmäßiger laufen. Außerdem sichert jede Menge digitaler Technologie den analogen Musik-Konsum ab: Die Drehung wird von einem Prozessor mit angeschlossenen Hochpräzisions-Sensoren kontrolliert.

Bei diesem Aufwand wird klar, dass es hier nicht darum geht alte Scheiben vom Flohmarkt auf den Drehteller zu werfen, sondern um ein High-End-Gerät für Audiophile. Ein Preis für den Technics SL-1200G, der bis Ende des Jahres 2016 auf den Markt kommen soll, wurde auf der CES nicht genannt. Das Fachmagazin "What Hi-Fi?" will jedoch die Größenordnung von 4000 Dollar (umgerechnet rund 3700 Euro) in Erfahrung gebracht haben. Die auf 1200 Exemplare beschränkte Jubiläumsausgabe des Technics Plattenspielers dürfte noch teurer werden.

Sony spart sich bei seinem ebenfalls auf der CES präsentierten Plattenspieler zwar den Aufwand mit der High-Tech-Motorsteuerung und setzt auf einen Riemenantrieb. Aber dafür geht der Konzern einen Schritt weiter bei der Einbindung in heutige digitale Gewohnheiten: Der knapp 500 Euro teure Sony PS-HX500 lässt Nutzer die Musik gleich in digitale Dateien umwandeln. Dabei kommt das einst von Sony und Philips für die "Super Audio CD" entwickelte DSD-Format mit höherer Soundqualität zum Einsatz.

Boomender Vinyl-Markt: Phänomen Schallplatte

Im Jahr 2010 zog Panasonic einst den Stecker beim SL-1200 - die Produktion schien sich nicht mehr zu lohnen, denn zuerst hatte die CD, dann die MP3 die Vinyl-Scheibe weitgehend verdrängt. Ausgestorben ist die Schallplatte trotz des Streaming-Booms nie. Zunächst blieb eine kleine Gruppe von Enthusiasten der Vinyl-LP treu - inzwischen ist die Schallplatte so etwas wie ein Kultur-Phänomen. Nach jüngsten Zahlen des Branchenverbandes IFPI (International Federation of the Phonographic Industry) legte der weltweite Vinyl-Absatz im Jahr 2014 um gut 50 Prozent zu.

In Deutschland, wo physische Tonträger sich insgesamt noch entschiedener gegen die MP3-Flut stemmen, liegt der Marktanteil dem Bundesverband Musikindustrie zufolge bei gut drei Prozent. Im dritten Quartal wuchs der Markt um ein Viertel. "Zuletzt wurden Anfang der 90er Jahren so viele Platten verkauft", sagt Verbandschef Florian Drücke. Die Schallplatte brachte auch damals nur relativ schmale zwei Prozent der globalen Branchen-Erlöse ein. Doch die Vinyl-Liebhaber sind eine Kundenschicht, die bereit ist für Musik Geld auszugeben. Die wenigen verbliebenen Presswerke der Welt laufen derzeit jedenfalls am Limit. (dpa/fm)