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Platinum bringt CA auf Data-Warehouse-Kurs

09.04.1999
MÜNCHEN (CW/jha) - Computer Associates (CA) übernimmt für 3,5 Milliarden Dollar in bar den angeschlagenen Konkurrenten Platinum Technology. An dessen Produkten zur Verwaltung von IT-Umgebungen zeigt der System-Management-Spezialist jedoch wenig Interesse. Begehrlichkeiten weckten vielmehr die Techniken im Bereich des Data-Warehousing, des Knowledge-Managements sowie die rund 1000 Servicemitarbeiter von Platinum.

Einmal mehr übernimmt CA einen ins Trudeln geratenen Konkurrenten. Platinum, von Aktientiefstand, Verlusten und Entlassungen gebeutelt, ist wie CA im Markt für das System- Management aktiv. Die Beteuerungen beider Geschäftsführungen, im Portfolio der Unternehmen gebe es kaum Überschneidungen, treffen zumindest für das Geschäft mit den Tools zur IT-Verwaltung nicht zu. Schwergewicht CA deckt mit seiner "Unicenter"-Plattform nahezu alle Management-Disziplinen ab, die auch Platinum im Rahmen seiner "Provision"-Suite anbietet. Im Bereich der Sicherheitswerkzeuge und der Job-Steuerung gilt ähnliches.

Allerdings scheint CA an diesen Produkten gar nicht interessiert. Ziel ist es, so Sanjay Kumar, Chief Operating Officer und President von CA, Platinums Data-Warehouse- und Knowledge-Management-Produkte mit CAs objektorientierter Datenbank "Jasmine" zu kombinieren. Daraus ergebe sich ein Werkzeug, mit dem sich Anwender "Wissensportale" einrichten könnten. Dort sollen gefilterte Informationen aus dem Internet sowie den hauseigenen Quellen, etwa einer Data-Warehouse-Installation, zusammenfließen. In diesem Szenario arbeitet Jasmine als Informationsspeicher und Repository.

Einen weiteren Aspekt der Übernahme nennt Meta-Group-Analyst Andreas Zilch: "CA ist vor allem an der Service-Organisation von Platinum interessiert." In diesem Sektor hat Platinum rund 1000 Mitarbeiter unter Vertrag. In Deutschland wechseln rund 200 Angestellte in den weltweit bislang 3000 Mann starken Service-Arm des CA-Konzerns. Außer Jasmine und dem Service führt Zilch noch einen dritten Grund für die Übernahme an: "Unicenter hinkt hinter der von CA erhofften Entwicklung her." CA kaufe mit Platinum Kunden und Umsatz für die System-Management-Plattform.

So soll zusammenwachsen, was nicht zusammenpaßt, denn Platinum und CA sind zwei Unternehmen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Auf der einen Seite steht CA mit seinem kühlen Lenker Charles Wang, der das Unternehmen mit einer konsequenten Akquisitionspolitik zum weltweit drittgrößten Software-Unternehmen ausbaute.

Differenzen zwischen CA und Platinum überwiegen

Sein Gegenüber auf der Platinum-Seite ist Andrew Filipowski, der bunte Hund der Softwarebranche. Bei öffentlichen Auftritten scheut er sich nicht, die Konkurrenz regelrecht zu beschimpfen. Besonders häufig trafen seine Tiraden in der Vergangenheit die künftige Muttergesellschaft CA. "Lieber werde ich den Betrieb einstellen, als an CA zu verkaufen", soll er vor nicht allzu langer Zeit einem US-Analysten verraten haben.

Zwar verfolgten beide Unternehmen in den vergangenen Jahren eine aggressive Akquisitionspolitik, doch die Parallelen sind nur scheinbar vorhanden. CA haftete lange Zeit das Image an, angeschlagene Firmen im Großrechnergeschäft aufzukaufen, dadurch ein Monopol in Teilbereichen zu schaffen und die vorhandene Kundenbasis zu schröpfen. Diese Politik wurde in den letzten Jahren nicht fortgesetzt. Die Vorzeigeprodukte des Unternehmens sind heute Unicenter TNG und die objektorientierte Datenbank Jasmine, beides Eigengewächse der CA-Entwicklungsabteilung.

Noch eifriger als CA war Platinum auf Einkaufstour. Über 60 Unternehmen sammelte CEO Filipowski in den letzten vier Jahren ein, seit 1997 wurden rund 500 Millionen Dollar für 14 Akquisitionen ausgegeben. Die übernommenen Firmen - zumeist Anbieter von innovativen Produkten - "wurden samt Mitarbeitern und Entwicklungsabteilung in das eigene Unternehmen integriert", so Jürgen Delp, Geschäftsführer von Platinum Deutschland, Düsseldorf.

Allerdings agierte Filipowski mit seiner Wachstumsstrategie nicht so geschickt wie Wang. Bei einem Umsatz von 986 Millionen Dollar schrieb Platinum 2,5 Millionen Dollar Verlust und mußte fünf Quartale in Folge rote Zahlen ausweisen. Der Platinum-Aktienkurs rutschte im Januar 1999 auf einen Jahrestiefstand. Filipowski entließ daraufhin rund 1000 seiner 6000 Mitarbeiter.

Ein günstiger Augenblick für eine Übernahme: Platinums Aktienkurs stand unmittelbar vor Bekanntwerden der Akquisitionspläne bei 9,88 Dollar, dennoch zahlt CA 29,25 Dollar. Es habe noch zwei weitere Interessenten gegeben, ließ Filipowski wissen, ohne Namen zu nennen. CA, so mutmaßen daher die Analysten, habe den Aktienpreis um rund 200 Prozent überboten, um den Zuschlag für das Data-Warehouse-Know-how und die 1000 Servicemitarbeiter sicher zu bekommen.

CA leistet sich somit eine der größten Akquisitionen der Softwarebranche, vergleichbar nur mit der Übernahme von Lotus durch die IBM im Jahr 1995. Der Unterschied: Big Blues Umsatz betrug damals rund 70 Milliarden Dollar, in die CA-Kassen flossen 1998 rund 5,1 Milliarden Dollar. Doug Robinson, als Vice-President bei CA für Investitionen verantwortlich, gibt sich trotz eines aufgenommenen Kredits von 4,5 Milliarden Dollar gelassen: "CA erwirtschaftet einen Überschuß von mehr als einer Milliarde Dollar pro Jahr, in vier Jahren ist die Übernahme finanziert."