Piraten entern den IT-Markt

13.05.2009
41 Prozent der Software weltweit und 27 Prozent aller Software in Deutschland werden illegal eingesetzt, schätzt IDC. Georg Herrnleben, Director CEE & MEA der Business Software Alliance (BSA), kämpft für das Urheberrecht.

CW: Warum ist Softwarepiraterie so gefährlich?

HERRNLEBEN: Die finanziellen Verluste der Wirtschaft durch Piraterie sind massiv. Konkret reden wir hier allein bei den deutschen Herstellern von fünf Milliarden Euro pro Jahr. Darüber hinaus entsteht durch die Piraterie ein Schwarzmarkt: Die Software wird nicht mehr in einem Presswerk gepresst, nicht mehr verpackt, von keinem Lastwagenfahrer mehr von A nach B gebracht und nicht mehr von einem Händler verkauft. An jedem verlorenen Euro hängen somit weitere drei bis vier Euro an Verlust. Das hat natürlich Konsequenzen für den Arbeitsmarkt, für die Umsatzsteuer, für die Steuern insgesamt. Wir gehen davon aus, dass wir die Zahl der Arbeitsplätze und das Steuervolumen in Deutschland massiv steigern können, schon wenn die Piraterierate um zehn Prozentpunkte sinkt.

CW: Welche Softwareprodukte sind unter Piraten besonders begehrt?

HERRNLEBEN: Eine mit den Musik- und den Kinocharts vergleichbare Rangliste gibt es bei Software nicht. Wenn es aber eine gäbe, wäre sie auch hier mit den "Piratencharts" deckungsgleich. Es wird das geklaut, was gebraucht wird.

CW: Warum produziert die Softwareindustrie nicht billiger und setzt ihre Gewinnmargen herunter?

HERRNLEBEN: Wir leben in einer freien Marktwirtschaft. Angebot und Nachfrage regeln den Preis. Die Lizenzmodelle sind heute viel flexibler als früher: Es gibt abgestufte Preise für verschiedene Varianten von Software wie Studentenversionen und so weiter. Softwarepiraterie hat nichts mit dem Preis zu tun, sondern nur damit, dass es möglich ist, Software schwarz zu kopieren. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einem Shareware-Hersteller, dessen Produkte weniger als fünf Euro kosten – die werden trotzdem massiv raubkopiert.

CW: Software für kreative Berufe ist aber extrem teuer. Und die wird laut BSA besonders oft raubkopiert.

HERRNLEBEN: Diese Software ist komplex und darauf ausgelegt, dass Unternehmen mit ihr arbeiten und wirtschaften können. Das hat seinen Preis.

CW: Wenn man sich das Vorgehen der BSA gegen Softwarediebe ansieht, könnte man meinen, Piratenjäger sei ein Beruf mit Zukunft.

HERRNLEBEN: Ich wünsche mir, dass Piraterie nur eine Kinderkrankheit des digitalen Zeitalters ist. Unser Ziel muss eine "digitale Mentalität" sein, die das Urheberrecht und dessen Wahrung als wesentlichen Teil der Netzkultur betrachtet. Von daher weiß ich nicht, ob Piratenjäger ein Beruf mit Zukunft ist. Wir arbeiten daran, dass er es nicht ist.