Britische Polizei startet Linux-Großversuch

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01.02.2002
LONDON (CW) - In einem dreimonatigen Großversuch prüft die britische Polizei den großflächigen Einsatz von Linux auf Desktops.

Die "Police Information Technology Organization" (Pito), eine für DV- und Kommunikationssysteme sowie IT-Services der britischen Polizei zuständige Regierungsbehörde, evaluiert die Nutzbarkeit von Linux auf den PCs der Polizeibeamten. Pito-Sprecherin Isabell Davies bestätigte: "Wir untersuchen die Kosten, die Stabilität, die Sicherheit und die Kompatibilität mit anderen Systemen, die wir verwenden." Es gebe noch keine Festlegung auf Linux, aber das System sei ansprechend genug, um es für eine Verwendung auf schätzungsweise 60 000 PCs bei den Polizeibehörden in England und Wales zu testen.

Microsoft-Preise explodierenDie PCs in den britischen Polizeistationen laufen zurzeit mit Windows NT und 2000. Microsoft-Systeme und -Anwendungen werden ebenso wie Linux in Betracht gezogen. Die Überprüfung ist eines von 13 Teilprojekten der umfassenden Studie "Valiant". Sie soll die Anforderungen an die nächste IT-Generation der britischen Polizei klären. "Wir schauen uns Linux unter anderem an, weil es ein offener Standard ist, was für uns besonders interessant ist", erklärte Polizeisprecherin Davies.

Die Analyse soll bis Ende März 2002 abgeschlossen sein. Der Zeitplan ist so eng gesteckt, weil die Behörde anstehende Lizenzkostenerhöhungen durch Microsoft vermeiden möchte. Verschiedene IT-Organisationen der britischen Regierung verhandeln seit Monaten erfolglos mit dem Softwarekonzern über ermäßigte Preise. Die Behörden befürchten Kostenerhöhungen zwischen 50 und 200 Prozent. Die britische Regierung erwägt daher, Lizenzverträge mit Microsoft auslaufen zu lassen.

Mit der Erarbeitung der Studie hat die Pito Netproject beauftragt, eine Vereinigung verschiedener Anwenderorganisationen aus Wirtschaft und staatlichen Behörden. Netproject betont, unparteiisch zu sein, lässt aber deutliche Sympathien für Linux erkennen. So hat man bereits errechnet, dass Linux nur 20 Prozent der Total Cost of Ownership (TCO) von Windows verursachen würde.

Eddie Bleasdale, Managing Director von Netproject und Sicherheitsberater, beobachtet, immer mehr IT-Verantwortliche in Unternehmen und Behörden seien über Microsofts Lizenzpolitik verärgert. "Ich erkläre ihnen, dass es darum nicht geht", berichtet Bleasdale. "Der Hauptpunkt ist, dass Windows nicht sicher ist. Das Design ist grundsätzlich fragil."

Netproject untersucht auch die Möglichkeiten und den Aufwand, um Windows-basierende Anwendungen der britischen Polizei auf Linux zu portieren. Bleasdale hält es für möglich, dass eine Migration auf das quelloffene Betriebssystem fünf bis sechs Jahre dauern könnte. Dieser Aufwand sei größer als die Umstellung der IT auf das Jahr 2000. Besonders die älteren IT-Verantwortlichen dürften ihn scheuen. (ls)