Aktionäre haben sich im Kurs schwer verspekuliert:

Philips stellt Tochter PKI unter Kuratel

26.05.1989

NÜRNBERG (CW) - Die Flurbereinigung innerhalb der Philips-Gruppe geht weiter. Nach der Umwidmung des Standortes Nürnberg in ein " lnternationales Produktzentrum für Öffentliche Kommunikationssysteme" wird jetzt die dortige Philips Kommunikations Industrie AG (PKI) eng an die Allgemeine Deutsche Philips Industrie GmbH (Alldephi} angebunden.

Die freien Aktionäre können sich auszahlen lassen. Wer aber darauf spekuliert hatte, daß sich die niederländische ,,Gloeilampenfabriek" Philips die wiedergewonnene Alleinherrschaft bei der Sanierungskandidatin PKI etwas kosten lassen würde langte kräftig daneben. Als die PKI- Notierung an den deutschen Börsen am Dienstag vergangener Woche bei einem Kurs von stolzen 693 Mark ausgesetzt wurde, war den Aktionären zwar klar, daß sie abgefunden werden sollten, aber nicht, daß ihnen die Hamburger Mehrheitseignerin Alldephi nur 500 Mark zahlen wollte. Selbst wenn sie es geahnt hätten - wegen der Aussetzung hätten sie ihre Anteile ohnehin nicht mehr verkaufen können. Sogar zu dem gebotenen Kurs ist die Aktie nach Ansicht der Alldephi noch stark überbewertet: Zwei Wirtschaftsprüfungsfirmen hatten, so die Philips-Mitteilung, 418 Mark und 22 Pfennige als Abfindung für angemessen erklärt. Wer die Aktien behält, wird mit 19,50 Mark ,,entschädigt". Offiziell begründet der Konzern die totale Machtübernahme - bereits seit Herbst 1988 halten alle Kleinaktionäre zusammen keine Sperrminorität mehr - mit nötigen ,,Vorleistungen", die im Zusammenhang mit der geplanten Deregulierung der Telekommunikationsmärkte ,,für bestimmte Produktgruppen von der PKI erbracht werden" müßten.

Die hohen Kosten für anstehende Entwicklungen in den Bereichen Mobilfunk, ISDN und Bürokommunikation hätten den Minderheitsaktionären als nicht gerechtfertigt erscheinen können.

Auf Mutmaßungen von Branchenkennern, der vorgesehene Beherrschungsvertrag solle in Wirklichkeit einen Verkauf von unattraktiven Sparten der PKI möglich machen, reagierte Philips mit einem Dementi: An den Verkauf von Betriebsteilen oder an Produktionsverlagerungen sei nicht gedacht. Die Skepsis in der Branche jedoch vermochte die Alldephi damit nicht zu zerstreuen. Denn als seinerzeit die Mehrheit auf über 75 Prozent hochgeschraubt wurde - zu Kursen, die deutlich höher waren als jetzt die Abfindung - , hatte das Unternehmen auch bestritten, daß Beherrschungsabsichten bestünden.

Für den Fall, daß das neue Dementi ebenso zu bewerten wäre wie das alte, tischten die Gerüchteköche - wie meistens, wenn ein liquider Konzern mit Ambitionen im Kommunikationssektor gesucht wird - die Robert Bosch GmbH als potentiellen Käufer auf. Die Stuttgarter mochten diese Spekulation freilich nicht bestätigen.