Mit Rückstellungen Konzernverlust von 4,2 Milliarden Gulden

Philips-Chef Timmer kennt keine Sanierungs-Tabus mehr

08.03.1991

MÜNCHEN (vwd/CW) - Mit 4,24 Milliarden Gulden (zirka 3,76 Milliarden Mark) fiel der Netto-Konzernverlust der NV Philips Gloeilampenfabricken, Eindhoven, im Bilanzjahr 1990 geringfügig höher aus als erwartet. Hauptursache für den Minusbetrag sind Rückstellungen in Höhe von über 4,6 Milliarden Gulden, von denen mehr als die Hälfte in die Sanierung des Computerbereiches und der Bauelemente-Aktivitäten fließen sollen.

Die Umstrukturierung besteht zum wesentlichen Teil aus einem radikalen Personalabbau in allen Bereichen, der bei dem niederländischen Elektro- und Elektronikkonzern seit etwa einem Jahr im Gange ist und der nach Angaben von Präsident Jan Timmer auch 1991 fortgesetzt werden soll. Vor einem Jahr hatte Philips weltweit noch knapp über 300 000 Mitarbeiter beschäftigt, gegenwärtig sind es nach eigenen Angaben 272 000. Bis Jahresende soll die Payroll auf voraussichtlich "weniger als 240 000" Gehaltsempfänger verkürzt werden, kündigte Timmer an.

Erste Erfolge der Sanierungsmußnahmen

Die bisherigen Sanierungsmaßnahmen haben nach Einschätzung von Konzernangehörigen bereits erste Erfolge gebracht. So konnte ausweislich der in Eindhoven vorgelegten Bilanz der Betriebsverlust im Bereich Bauelemente von 110 Millionen im Vorjahr auf elf Millionen Gulden verringert werden. Der verbliebene Umsatz mit den Komponenten im vergangenen Jahr hatte Philips die Chip-Aktivitäten zusammengestrichen - habe sich auf vergleichbarer Basis um sechs Prozent auf 8,2 Milliarden Gulden erhöht.

Professionelle Geräte und Systeme, so firmiert bei Philips die DV-Technik, generierten ebenfalls nach der letztjährigen Einstellung umfangreicher Operations - einen Umsatz von 13 Milliarden Gulden, laut Bilanz eine Steigerung um zwei Prozent. Die Datenverarbeiter im Konzern mußten jedoch ein Betriebsergebnis hinnehmen, das sich von 128 Millionen auf 18 Millionen Gulden verringerte.

Für Timmer gibt es, darauf wies er auch jetzt wieder hin, keine Tabus: Sollte sich die Sanierung bestimmter Bereiche als unmöglich erweisen, sind für ihn der Verkauf oder gar die Liquidierung von Unternehmensteilen nicht mehr ausgeschlossen. Sein Vorgänger Cor van der Klugt hatte solche ultimativen Maßnahmen weit von sich gewiesen.

Der Konzernchef erwartet ab dem dritten Quartal 1991 eine spürbare Erholung der Ergebnisse; zum nächsten Bilanzschluß will er bereits ein positives Netto-Ergebnis vorweisen. Um die dazu notwendigen Maßnahmen effektiver durchführen zu können, kündigte Timmer eine Straffung der Philips-Struktur an. Auf der Hauptversammlung Anfang Mai soll den versammelten Aktionären eine Satzungsänderung zur Abstimmung vorgelegt werden.

Diese sieht vor, daß die bisherige Philips-Holding "NV Gemeenschappelijk Bezit van Aandeelen Philips' Gloeilampenfabricken" die operationalen Aufgaben der Gruppe übernehmen und künftig als "Philips Electronics NV" firmieren soll. Die bisherige Betriebsgesellschaft "NV Philips Gloeilampenfabricken" bleibt nach dem Plan als Beteiligungsgesellschaft sowie als Holding für Aktiva und Passiva des Konzerns bestehen. Ihr Vorstand mit Jan Timmer an der Spitze soll von den Aktionären geschlossen zum Vorstand der neuen Philips Electronics bestellt werden. - Der Vorstandsvorsitzende der Hamburger Philips GmbH, Cornelis Bossers, scheidet zum Oktober aus dem Unternehmen aus.