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Philip Morris nimmt Online-Zigarettenhändler in den Würgegriff

05.08.2004

Philip Morris USA hat zwei Verfahren gegen die von der Schweiz aus operierenden Brüder Gianpaolo und Carlo Messina angestrengt. Der Zigarettenkonzern will verhindern, dass die beiden Italiener über ihre Homepage Yesmoke.com (von der man auf Yesmoke.ch umgeleitet wird) weiter stangenweise Zigaretten sehr viel preiswerter in alle Welt und damit auch in die USA verschicken.

Eine Stange Marlboro Lights kostet bei den Messina-Brüdern beispielsweise 14,95 Dollar. In Deutschland zahlt man im Durchschnitt für solch eine Menge rund 36 Euro. Philip Morris argumentiert in einem Klageverfahren vor einem New Yorker Distriktgericht, Otamedia SA, der Mutterkonzern von Yesmoke.com, betreibe zum einen unfaire Geschäftspraktiken, zum anderen verletze es aber Warenzeichenrechte (Trademarks). Otamedia hat sich der Klage überhaupt nicht gestellt, weswegen das Gericht bereits vergangenes Jahr ein Versäumnisurteil fällte und nun eine Forderung über 395 Millionen Dollar gegen die Messina-Brüder ansteht.

Mit einer zweiten Klage beansprucht Philip Morris Rechte am Domainnamen Yesmoke.com. Als Begründung für dieses Verfahren führt der US-amerikanische Konzern aus, anders als durch die Blockierung der Internet-Adresse sei Otamedias Handel mit Zigaretten nicht zu stoppen. In dieser Angelegenheit soll noch in diesem Sommer eine Entscheidung fallen.

Gegen die geschäftstüchtigen Italiener läuft allerdings noch eine dritte Klage: Die Stadt New York will auf dem Gerichtsweg 17 Millionen Dollar für entgangene Steuern einfordern. Diese seien fällig geworden, weil Otamedia auch an New Yorker Bürger Zigaretten vertreibe.

Genau hier wird der Rechtsstreit etwas schwieriger: Einerseits behaupten Experten, die Messina-Brüder würden Zigarettenkonzernen zwar einen Schaden zufügen. Die Art und Weise, wie sie es tun, sei allerdings nicht illegal. Andererseits ist es nach US-amerikanischem Recht verboten, US-amerikanische Zigaretten in die USA zu importieren. Amerikaner müssen beim Import hohe Zölle und Steuern zahlen.Die Yesmoke.com-Website weist eher allgemein darauf hin, dass der Verkauf von Zigaretten via Internet legal ist, sofern er internationalen Postregulierungen und -standards entspricht.

Das Yesmoke-Geschäftsmodell könnte allerdings trotzdem rechtlich beanstandenswürdig sein. Darauf deutet die Tatsache hin, dass Otamedia in Balerna, einem kleinen schweizerischen Städtchen nahe der italienischen Grenze, wo der Zigarettenversand der Messinas beheimatet ist, die Glimmstengel aus den Originalverpackungen in neutrale Schachteln umfüllt. So ist von außen nicht zu erkennen, ob es sich bei dem Inhalt um Zigaretten handelt.

In Deutschland mit einem Bein im Gefängnis?

Wenn Deutsche bei Yesmoke.ch ihren Lustbedarf decken, stehen sie - könnte man also meinen - mit einem Bein im Gefängnis. "Nein" sagt das Hauptzollamt München-West. Grundsätzlich würden für den Import unter anderem von Zigaretten verschiedene Bestimmungen gelten: Im Reiseverkehr dürfen 200 Zigaretten zoll- und steuerfrei eingeführt werden. Das entspricht grob einer Stange Zigaretten. Im gesondert geregelten Flugverkehr gelten die gleichen Mengen.

Wieder anders sieht es beim Internet-Handel aus, der unter die Postverkehrsregeln fällt. Geht alles mit Recht und Ordnung zu, lohnt sich der Kauf via Web überhaupt nicht. Die Freimengen für Zigaretten liegen hier bei nur 40 Stück. Zudem hat der Staat die Steuerbelastung für über den Postverkehr versandte Zigaretten dermaßen hoch gesetzt, dass - so ein Zollbeamter - "es völlig unrentabel ist via Internet Zigaretten zu kaufen. Da kostet Sie ein einziger Nikotinspargel rund 20 Cent."

Das allerdings ist nur die eine Seite der Medaille. Da Yesmoke.ch die Tschiks, wie Österreicher etwas abwertend sagen, in neutralen Verpackungen liefern, fallen sie bei der Post gar nicht als steuerpflichtige Postsendungen auf. Nur solche aber werden an den Zoll weitergeleitet. Dieser verfügt über technische Hilfsmittel, um den Inhalt von Paketen genau zu eruieren, ohne die Sendungen zu öffnen.

Sollte aber tatsächlich mal eine Lieferung aus Balerna der Kontrolle zum Opfer fallen, muss der Adressat der Lieferung trotzdem keine Bestrafung befürchten: "Im Postverkehr können wir grundsätzlich nicht von einer vorsätzlichen Handlung des Bestellkunden ausgehen, weil wir solch einen Vorsatz nicht beweisen könnten", sagt der Zollbeamte. Aus diesem Grund fallen nur die allerdings prohibitiv hohen Steuern an. Bei vier Stangen Zigaretten, also 760 Glimmstengeln, müsste ein erwischter Yesmoke-Kunde rund 150 Euro Steuern zahlen. Da kann er die Stangen auch gleich hierzulande kaufen. "Oder kostenfrei wieder zurückschicken an den Absender," sagt der Zollbeamte. (jm)