Rückzug der Atlantic Plc. läßt IBL als letzten Kläger übrig:

Phalanx der Leasingfirmen bricht auf

28.08.1987

LONDON (CW) - Eine weitere Runde im europäischen Leasingkonflikt geht an Big Blue. Nachdem schon im Frühjahr die European Computer Leasing and Trade Association (Eclat) ihre Beschwerde beim Bundeskartellamt zurückgezogen hatte und drei niederländische Gesellschaften vor Gericht der IBM unterlegen waren, annullierte jetzt auch die britische Atlantic Computer Plc. ihre Anti-Trust-Klage.

Sehr kleinlaut klingt die Begründung, mit der der englische Leasing-Riese Atlantic Computer Plc. seine Kartellbeschwerde bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zurückzog: Die IBM habe der Leasinggesellschaft ihre europäische Geschäftspraxis in "extensiver" Form dargelegt; nach dieser Erklärung sahen die Atlantic-Manager keine Chance mehr, mit ihrer Auffassung bei der EG durchzudringen.

Das Leasingunternehmen wollte zunächst zu seinem Rückzieher nicht offiziell Stellung nehmen und erklärte dann, daß man nicht mehr glaube, "daß angemessene Gründe vorlägen, die eine solche Beschwerde rechtfertigten" (Wall Street Journal). Von der IBM habe Atlantic "bestimmte Zusicherungen im Zusammenhang mit künftigen Geschäftsbeziehungen" erhalten. Die IBM ließ verlauten, sie habe Atlantik bestimmte Handelspraktiken zwar erläutert, aber nicht eine einzige geändert.

Nach Ansicht von Branchenkennern gaben die Sitzungen des Atlantic-Managements mit den IBM-Juristen nur den letzten Ausschlag zu einer ohnehin fälligen Entscheidung. Die Leasingfirma habe angesichts einer Reihe ähnlicher Verfahren, in denen sich der Konzern durchgesetzt hatte, die eigenen Chancen nur noch für sehr gering gehalten, die EG-Kommission von der Berechtigung ihres Anliegens zu überzeugen.

Im April waren eine Klage der niederländischen Vertretungen von Atlantic, Econocom und IBL im Amsterdam vor Gericht abgeschmettert worden - eine wettbewerbswidrige Preispolitik war Big Blue nicht nachzuweisen gewesen; dem Bundeskartellamt entzog damals die Einigung zwischen IBM und der Eclat, der Pressure Group der Branche, die Arbeitsgrundlage. Es heißt, die Stuttgarter hätten sich preislich an die Eclat-üblichen Tarife angepaßt.

Von den Kämpfern gegen die Leasingstrategie des Marktführers steht inzwischen die britische IBL-Gruppe allein auf weiter Flur. Phil Coussens, der Chairman dieser Leasinggesellschaft, die ohnehin an Strukturproblemen zu laborieren hatte, ist von der Entwicklung im Fall Atlantic sichtlich verunsichert: "Wir überdenken unsere Position," sagte er und fügte entschuldigend hinzu, es sei "keine komfortable Lage, der einzige zu sein gegen die IBM".

Die Branche wertet Coussens' Äußerung als Indiz dafür, daß auch IBL den Widerstand bald aufgeben wird. Dann bliebe der EG immer noch die Möglichkeit, aus eigener Initiative diesen Markt zu untersuchen (siehe auch Kolumne, Seite 9).