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Pflichtablieferungsverordnung - was geht das Unternehmen an?

23.01.2009
Von Dr. Norbert Reuber und Dr. Thomas Spiegels

Wo Unternehmen betroffen sind

Die neue Verordnung enthält eine Reihe von Unschärfen. Angesichts der Weite des Internets könnte sie sich damit zu einer ernsthaften bürokratischen Belastung für die Unternehmen entwickeln. Da die Verordnung noch sehr frisch ist, lässt sich bislang wenig über ihre konkrete Anwendung sagen. Immerhin steht Folgendes fest:

  • Nicht in den Anwendungsbereich fallen Online-Auftritte, die "lediglich privaten Zwecken" dienen.

  • Dasselbe gilt für "Akzidenzen (Nebensächlichkeiten, Anmerkung der Verfasser), die lediglich gewerblichen, geschäftlichen oder innerbetrieblichen Zwecken, der Verkehrsabwicklung oder dem privaten, häuslichen oder geselligen Leben dienen".

  • Nicht sammeln will die Nationalbibliothek ihrer eigenen Site zufolge Netzpublikationen, die nur auf Dienstleistungen hinweisen und damit als Angebote eines Unternehmens zu verstehen sind.

  • Als Faustregel kann also gelten: Dient eine gewerbliche Unternehmens-Homepage allein zu Werbezwecken und zur Kundeninformation, fällt sie grundsätzlich nicht unter die Ablieferungspflicht.

Im Einzelfall kann die Abgrenzung allerdings schwierig sein. So sollen Internet-Publikationen, die Entsprechungen im Print-Bereich haben oder aber in dieser Form nur im Internet vorkommen ("Web-spezifische" Medienwerke) sehr wohl der Ablieferungspflicht unterliegen. Als Beispiel dafür nennt die Deutsche Nationalbibliothek elektronische Zeitschriften, E-Books, Hochschul-Prüfungsarbeiten oder Digitalisate (ältere Veröffentlichungen, die nachträglich ins Netz gestellt werden). Diesen Inhalten ist gemein, dass ihre Veröffentlichung einem übergeordneten öffentlichen Interesse dient.

Nun ist es aber durchaus denkbar, dass ein solches Interesse auch an den Nachrichtenportalen auf Unternehmensseiten, an online zugänglichen Newslettern oder an Firmenchroniken besteht. Die Frage, wo genau die Grenze zwischen gewerblicher Unternehmensdarstellung und ablieferungspflichtigem Medienwerk verläuft, ist anhand des Verordnungstextes allein nicht zu beantworten. ´Eine große Zahl von Unternehmensdarstellungen im Internet dürfte sich hier in einer Grauzone befinden. Wie stets bei neuen Verordnungen wird sich auch hier eine Verwaltungspraxis für solche Grenzfälle herausbilden müssen. Den Unternehmen ist daher dringend anzuraten, die Entwicklung der Verwaltungspraxis beispielsweise auf der Website der Deutschen Nationalbibliothek zu beobachten.