Pfleger für SAP-Landschaften

18.11.2004
Von Heinz Schröder
Mit dem "Solution Manager" sollen Anwender von SAP-Software komplexe Umgebungen in den Griff bekommen. Das Tool enthält brauchbare Funktionen, allerdings stört manche Kunden das Release-Konzept.

Komplexe SAP-Umgebungen zu administrieren ist alles andere als einfach. Verwalter müssen für einen Rund-um-die-Uhr-Support sorgen, die verteilten Systeme technisch sowie auf Ebene der Geschäftsprozesse überwachen, Service-Prozesse aufsetzen sowie ein entsprechendes Berichtswesen (Service-Level-Reporting) betreiben. Das zentrale Verwaltungswerkzeug "Solution Manager" der SAP soll Kunden, insbesondere deren Service- und Supportorganisationen, bei diesen Aufgaben unterstützen. SAP-Anwender erhalten das Tool im Rahmen ihrer jährlichen Wartungsgebühren.

Der Solution Manager wird vor allem von Unternehmen mit komplexen SAP-Systemlandschaften eingesetzt. Allerdings nutzen die Anwender in der Regel nur Teilfunktionen des Werkzeugs. Seine möglichen Leistungen sind in der SAP-Community noch wenig bekannt.

Der Solution Manager soll den Kunden Inhalte, Funktionen und Methoden zur Verfügung stellen, die sie benötigen, um SAP-Anwendungen einzuführen, zu überwachen sowie dafür Support bereitzustellen. Darüber hinaus dient die Verwaltungssoftware als zentrale Kommunikationsschnittstelle zum Service und Support der SAP. Hierzu tauscht der Solution Manager Systemdaten zwischen den Kundensystemen und den Servicesystemen des Softwarehauses aus.

SAP selbst sieht den Solution Manager als Vertreter eines neuen Anwendertyps, der einen konsistenten, an Geschäftsprozessen und Phasen orientierten Ansatz verfolgt und durchgängige Funktionen für das Applikations-Management liefert. Zudem begleitet er den gesamten Lebenszyklus der SAP-Software. Er ermöglicht bewährte Methoden (Best Practices) für die Einführung, den Betrieb und die Optimierung. Nach Angaben des Herstellers ist das Werkzeug mit allen verfügbaren SAP-Lösungen kompatibel. Einige Features lassen sich allerdings nur in Verbindung mit einem bestimmten Support Package nutzen. Für alte Release-Stände von SAP-Programmen, zum Beispiel die Version 5.0 des "Enterprise Portal", sind nicht alle Funktionen dabei.

Mit dem Solution Manager kann der Anwender Systemerweiterungen verwalten. So verfügt er über Methoden, mit denen sich Software in heterogenen IT-Umgebungen einheitlich anpassen lässt. Die integrierte Replikation von kundenspezifischen Einstellungen (Customizing-Synchronisation) erweist sich in der Praxis als weniger fehleranfällig und erleichtert es dem Anwender, die Konfigurationen auf Einheitlichkeit zu prüfen. Kundenspezifische Systemeinstellungen verteilt der Solution Manager an die SAP-Systeme und verwaltet deren Synchronisation zentral.

Alte Verfahren reichen nicht mehr aus

Die Notwendigkeit eines solchen Werkzeugs resultiert neben der unzweifelhaft gestiegenen Komplexität von SAP-Landschaften auch daraus, dass die Betreuung solcher Umgebungen mit herkömmlichen Tools wie dem "SAP Net R/3 Frontend" (vormals "SAP OSS") schnell an ihre Grenzen stößt. Das SAP Net R/3 Frontend bietet R/3-Kunden und -Partnern über eine Remote-Verbindung Supportfunktionen (zum Beispiel Support Desk, Support Packages), die einen reibungslosen Betrieb eines R/3-Systems sicherstellen sollen.

In den ersten Releases des Solution Manager wurden in großem Maße existierende Service- und Supportfunktionen eines R/3-Systems integriert (Early Watch Alert, kurz EWA). Grundsätzlich erhebt SAP für den Solution Manager den Anspruch, dass er auch Nicht-SAP-Anwendungen in gewissem Grade unterstützt. Drittsysteme müssen allerdings individuell über offene Schnittstellen eingebunden werden. Auf diese Weise erhält der Kunde ein zentrales Cockpit, das ihm beim Betrieb seiner Systemlandschaft hilft. Als Ablaufumgebung nutzt das Verwaltungsprogramm die Abap-Engine des "Web Application Server 6.20".

Zwar hält die deutschsprachige SAP Anwendergruppe e.V. (DSAG) den Solution Manager für sinnvoll, vermisst aber eine durchgängige Release-Strategie. So lagen zum Beispiel in der Vergangenheit zwischen der allgemeinen Verfügbarkeit des Nachfolgeproduktes und dem Wartungsende des Vorgänger-Release nur einige Monate. Nach derzeitiger Planung soll der aktuelle Solution Manager 3.1 nach nur rund drei Jahren Lebensdauer Ende 2006 aus der regulären Wartung fallen, für das nachfolgende Release 3.2 hatte SAP eine vier Jahre dauernde Standardwartung ("Mainstream Maintenance") angekündigt. Zudem ist der Wechsel von Version 2.x zu 3.1 nicht über ein Upgrade, sondern lediglich durch Migration möglich. Um Kunden hier mehr Planungssicherheit zu bieten, wünscht sich die DSAG ein durchgängiges Wartungskonzept für den Solution Manager, wie es der Hersteller auch in allen aktuellen Mysap-Lösungen anstrebt. Gemeint ist damit eine Standardwartung über fünf Jahre. SAP-Vorstandsmitglied Gerhard Oswald kündigte für kommende Release-Stände sukzessive einzuführende neue Funktionen an. So soll das nächste Release 3.2 ein "Change Request Management" enthalten, mit dem der Anwender Veränderungen in Applikationen verwalten und nachverfolgen kann. Dies umfasst die Implementierung und Upgrades, die periodische Wartung sowie das Einspielen von dringenden Korrekturen. Hierbei erstellt das System eine umfassende Dokumentation von geplanten und bereits eingeführten Änderungen sowie deren Rahmenbedingungen. Auf diese Weise soll der gesamte Vorgang vom Änderungsantrag bis hin zu den Transportaufträgen lückenlos begleitet werden. Zudem wird das Change Request Management eine Workflow-Komponente enthalten, mit der sich die Arbeit der SAP-Spezialisten im Unternehmen koordinieren und Change-Management-Projekte effizienter gestalten lassen sollen.

Generell soll sich die künftige Release-Strategie des Solution Manager an SAPs CRM-Lösung sowie der zugrunde liegenden Basistechnologie orientieren, ohne dass zwingend jeder Release-Schritt dieser Lösungen eine entsprechende Anpassung im Solution Manager erforderlich machen wird.

Entwicklung aufmerksam verfolgen

Lizenztechnisch ist die Unterstützung reiner SAP-Lösungen durch den Solution Manager im Grundbedarf vom vorhandenen SAP-R/3- oder Mysap-Wartungsvertrag abgedeckt. Das Verwaltungssystem sollte den Empfehlungen der SAP folgend auf einer separaten Hardware installiert werden und entsprechend den genutzten Funktionen sowie der Komplexität der SAP-Installation optional aus Entwicklungs-, Test- und Produktivumgebungen bestehen. Eine genaue Spezifikation liefert der "SAP Service Marktplatz". Weitere Hilfestellung bei der Implementierung des Solution Manager liefert das kostenpflichtige "SAP Solution Manager Starter Pack".

Der Aufwand für die Implementierung und den Betrieb des Solution Manager lässt sich nicht allgemeingültig quantifizieren, da er von der anzuschließenden Systemlandschaft, Art der Nutzung des Verwaltungswerkzeugs sowie den vorhandenen Supportprozessen beim Anwender abhängt. Kunden müssen ihre Supportabläufe sorgfältig mit dem Solution Manager abgleichen. Ohne Berücksichtigung der genannten Rahmenbedingungen lassen sich weder die Gesamtkosten des Werkzeugs noch seine Rentabilität und Sparwirkung veranschlagen.

Die DSAG empfiehlt, sich mit dem Solution Manager eingehend zu beschäftigen. Nur SAP-Anwender, die aufmerksam die Entwicklung der Verwaltungslösung verfolgen, werden den geeigneten Zeitpunkt für den Einsatz nicht verpassen. (fn)