Peter von Siemens auf der Jahrestagung des IW "Dritte Schöpfung" durch Mikroelektronik

28.11.1980

BONN (je) - Wir befinden uns in der Phase der dritten Schöpfung der Welt. Diese Ansicht vertrat Dr. Peter von Siemens in seiner Eröffnungsansprache zur öffentlichen Jahrestagung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), dessen Präsident er ist. Über 300 Teilnehmer aus Wirtschaft, Verbänden und Politik waren zu dieser Tagung in Bonn zusammengekommen.

Nach der in gewaltigen Zeiträumen abgelaufenen Urschöpfung habe es so Siemens - eine zweite "prometheische" Schöpfung der Erfinder und Entdecker gegeben. Siemens: "Wie uns die überkommene Technik die ,Werkzeuge' zur Entwicklung und Verstärkung unserer physischen Kräfte gegeben hat, so hat uns die Mikroelektronik - und darin liegt das eigentlich Revolutionäre im Sinne ,Dritte Schöpfung' - ,Denkzeuge' in die Hand gegeben, die nach vorgegebenen Programmen selbsttätig werden, ohne daß der Mensch einzugreifen braucht."

Ähnlich wie Siemens plädierte auch der zweite Festredner, Professor Dr. Hans Sachsse vom Fachbereich Chemie der Universität Mainz, für eine offene Annahme der Herausforderung durch die moderne Technik. Sachsse: "Wir müssen die Technik als Teil unseres Leibes verstehen." Der Wissenschaftler wies darauf hin, daß die schöngeistige - und nach seiner Auffassung fehlgehende - Technik-Kritik, die auch heute noch unsere Literatur unbestritten beherrsche, immer noch vom Erbe Rousseaus zehre.

Nicht die Abkehr von der Technik sei der richtige Weg, sondern ihre Bewältigung und Beherrschung auf der Grundlage einer umfassenden Allgemeinbildung. Nach Ansicht von Sachsse steht der wissenschaftlich-technische Fortschritt auf dem Gebiet der Information und Kommunikation noch ganz am Anfang. Die Tagung endete mit einer Podiumsdiskussion zu Fragen der Technik-Kontrolle und Zukunftsplanung, über die CW gesondert berichten wird.