Personaler: Strategen in der Dauerkrise

23.05.2005
Von 
Winfried Gertz ist Journalist in München. Er arbeitet in einem Netzwerk von zahlreichen Anbietern kreativer Dienstleistungen. Das Spektrum reicht von redaktioneller Hörfunk- und Fernsehproduktion über professionelle Fotografie bis zu Werbetexten für Industrieunternehmen und Non-Profit-Organisationen.

Unter Sartains Ägide wandelte sich Yahoo vom „ausgepumpten Dotcom-Wrack“ zu einem hoch profitablen Unternehmen, das in diesem Jahr wieder rund 10.000 Mitarbeiter auf seiner Gehaltsliste haben will. „Als ich kam“, blickte Sartain zurück, „wurde die HR-Abteilung für missratene Einstellungspolitik verantwortlich gemacht. Von Personalentwick-lung fehlte jegliche Spur.“ Heute sagen 98 Prozent der Mitarbeiter, sie fühlten sich ver-antwortlich für die Zukunft ihrer Firma, eben-so viele sind stolz auf ihren Arbeitgeber. Paradoxerweise geht mittlerweile das eine oder andere Talent nicht zu Yahoo, weil der Aktienkurs so kräftig gestiegen ist. Manche fühlen sich dadurch an den rasanten Aufstieg und tödlichen Fall börsennotierter New-Economy-Unternehmen.

Personal- und Geschäftsstrategie müssen Hand in Hand gehen

Die Beispiele von Reuters und Yahoo zeigen, dass Personal- und Geschäftsstrategien ihre Wirkung am besten dort entfalten, wo sie Hand in Hand gehen. Das Herz von Mitarbeitern gewinnen, ihre Arbeit mit Sinn erfüllen und ihnen - trotz aller Unsicherheit - klare Ziele vermitteln, dabei wurden Reid-Dodick und Sartain konsequent durch ihr Topmanagement unterstützt. Auch Nokia hat diesen Kurs eingeschlagen. Wie HR-Managerin Anna Tavis auf der Konferenz berichtete, führt das finnische Unternehmen seinen Erfolg auf das verstärkte interne Networking auch zwischen Führungskräften und Mitarbeitern zurück, das eine stabile Vertrauensbasis ermögliche. „Je mehr wir kommunizieren“, argumentierte Tavis, „desto schneller entstehen neue Ideen, die sich an der richtigen Stelle in Wettbewerbsvorteile umsetzen lassen.“

Messinstrument für Personaler

Am interessantesten freilich ist, was in den Präsentationen ausgeklammert wurde. Zwar war von Umsatz-, Mitarbeiter- und Zufriedenheitszahlen die Rede, damit war aber noch nicht bewiesen, ob die Fortschritte auf die Initiativen der Personaler zurückgehen. Viele wünschen sich ein verlässliches Messverfahren, mit dessen Ergebnissen sie auch gegenüber der Geschäftsführung besser auftreten können. Ein solches Modell stellt auf Rhodos das HR Institute der Universität Tampa in Florida unter dem Namen „The Organizational Capabilities Diagnostic Intervention“ (OCDI) erstmals vor. Die Berater von MCE, die das Messsystem in Europa vermarkten, interviewen die wichtigsten Entscheidungsträger des Kundenunternehmens anhand eines umfangreichen Fragenkatalogs. Dann wertet eine Software die Daten aus. Nur zwei Stunden später, versicherte Jay Jamrog, geschäftsführender Direktor des HR Institute, stehe das ausführliche Ergebnis auf der Website zum Abruf bereit - natürlich geschützt gegen unbefugte Zugriffe.