Modem und Funktelefon schon integriert

Personal Communicator von EO und AT&T stiehlt Apples Newton die Schau

04.12.1992

LAS VEGAS (CW) - Seit Apple-Chef John Sculley seine Newton-Vision persönlicher digitaler Assistenten (PDAs) auf der Consumer Electronic Show in Chikago präsentierte, hat sich nur scheinbar nicht viel getan. Auf der Comdex in Las Vegas hat jetzt die kalifornische Firma EO Inc. unter Mithilfe der potenten Partner AT&T und Matsushita mit dem "Hobbit"-Rechner den eigenen PDA ins Rampenlicht

gestellt.

Das von EO als Personal Communicator bezeichnete Pen-System "EO 440" setzt im Gegensatz zu Apples Newton den Schwerpunkt von vornherein auf allgegenwärtige Kommunikationsmöglichkeiten. Während die meisten Pen-Computer derzeit noch zu schwer, zu teuer und zu rudimentär ausgestattet sind, stellt der EO 440 einen ersten Schritt auf dem Weg zu einem mobilen persönlichen Produktivitätswerkzeug dar.

Dank bereits installierter Software und integriertem Miniaturmodem kann der EO-Rechner sofort eingesetzt werden. Zusätzlich zum Betriebssystem Penpoint der Firma Go gaben die Entwickler dem EO-PDA Software zur Kommunikation ("Go-Fax" und "Go-Mail"), zum Management persönlicher Termine und Informationen ("Perspective" von Pensoft) sowie zur Datenübertragung und Vernetzung ("Pentops" und "Pencentral" von Sitka) mit auf den Weg.

Kostenloser weltweiter E-Mail-Briefkasten

Laut Hersteller ist der Im- und Export von DOS-Dateien sowie die Konvertierung gängiger Datenformate, wie sie aus der PC-Welt her bekannt sind, zum Beispiel von Lotus 1-2-3, gewährleistet. Bislang lästige Boot-Zeiten des Penpoint-Betriebssystems von bis zu zehn Minuten sollen völlig entfallen, da die Systemsoftware sowie insgesamt neun mitgelieferte Applikationen in einem 8 MB großen ROM-Speicher untergebracht sind.

Dank der Kooperation mit AT&T erhält jeder 440-Anwender automatisch einen kostenlosen, weltweit verfügbaren Electronic-Mail-Briefkasten im Rahmen der "Easy Link"-Dienste des Telekommunikationsgiganten. Dieses unterstützt neben E-Mail auch EDI (Electronic Data Intercharge).

Das bedeutet auch, daß mit dem EO 440 Datenbankzugriffe, erweiterte Fax-Funktionen sowie die Anbindung an das internationale Telex-Netz gewährleistet sind, also unterbrechungsfreie Kommunikation 24 Stunden täglich rund um den Erdball möglich ist. Zudem brauchen EO-Kunden lediglich die reinen Übertragungsgebühren zu bezahlen.

Auf der Comdex mit Funktelefon präsentiert

Um zu unterstreichen, wie ernst es EO und AT&T mit dem Schlagwort der "Anywhere-Anytime-Kommunikation" meinen, wurde auf der Comdex-PC-Messe in Las Vegas ein arretierbares Funktelefon für den EO 440 vorgestellt. Zumindest in den USA dürfte damit noch dieses Jahr die von Apple-Chef Sculley konzipierte Vision eines pen-basierten Kommunikationswerkzeugs Realität werden.

Das eigenwillige Design im Ross-Perot-Look des EO-Systems fällt besonders durch die zwei seitlich angebrachten Ausbuchtungen für Schnittstellen zur Außenwelt auf, die den PDA aussehen lassen, als hätte er Segelohren. Hierzu gehören im rechten Flügel eine serielle und eine parallele Schnittstelle sowie ein PS/2-Tastaturanschluß. Im linken Flügel findet neben einem Miniaturmodem mit RJ-11-Anschluß auch eine 1,3-Zoll-Kittyhawk-Festplatte von Hewlett-Packard mit 20 MB Speicherkapazität Platz.

Wer sich für die Sprach-Ton-Digitalisierungsmöglichkeiten des Olivetti "Quaderno"-Rechners begeistern konnte, findet im EO 440 eine entsprechende Lautsprecher-Mikrofon-Einheit vor. Softwareseitig wird die Einbindung von Sprachnotizen in Electronic-Mail-Dokumente unterstützt.

Der in dem EO eingesetzte Hobbit-RISC-Prozessor von AT&T ist mit 20 beziehungsweise 30 Megahertz getaktet und soll ein Vielfaches der Rechenleistung etwa von Intels 386-CPU bei einem Bruchteil des Stromverbrauchs (Faktor 1:30) bieten. Als Zielgruppe haben EO und AT&T sowie die EO-Investoren Matsushita, Marubeni sowie die Venture-Capital-Firma Kleiner Perkins Caufield & Byers Europas Service-Unternehmen und Topmanager im Visier. "Wir sehen einen beträchtlichen Markt für Personal Communicator im Dienstleistungsbereich sowie bei Managern, Freiberuflern und Außendienstmitarbeitern, die mobil, aber jederzeit in Kontakt mit ihren Unternehmen bleiben müssen", so Chris Fox, Sales- und Marketing-Direktor bei EO Europe, gegenüber der COMPUTERWOCHE.

Inzwischen haben zwei weitere japanische DV-Giganten, NEC und Toshiba, ihre Bereitschaft erklärt, für eigene PDA-Systeme den Hobbit-Prozessor einzusetzen. NEC sei zudem daran interessiert, die CPU unter Lizenz von AT&T zu produzieren.

Teurer als Apples Newton

Neben dem ein Kilogramm schweren EO-System 440 zum Listenpreis von rund 2000 Dollar wird es einen etwas größeren und leistungsfähigeren "EO 880" geben, der über ein hintergrundbeleuchtetes Display, eine Festplatte mit einer Kapazität von 64 MB sowie, eine mit 30 Megahertz getaktete Hobbit-CPU verfügen wird. Die Preise für den EO-880-Pen-Computer sollen bei 3000 Dollar beginnen. Sollte es bei diesen Preisen bleiben, wären die EO-Rechner allerdings erheblich teurer als Apples Newton-PDA. Wie Sculley vor der Presse ausdrückte, wolle Apple seinen Personal Communicator für "unter 1000 Dollar" vertreiben.

Der von Matsushita produzierte EO 440 Pen-Computer wird laut Herstellerplanung noch dieses Jahr an Software-Entwickler ausgeliefert. Ab dem ersten Quartal 1993 soll er reif sein für die Massenproduktion. Verfügbar - so die Kalifornier - sei er ab dem Beginn des zweiten Quartals 1993.