Nutzt Microsoft undokumentierte Schnittstellen?

Performance: Internet Explorer sticht Netscape-Browser aus

15.05.1998

Nur noch wenige Branchenexperten erwarten, daß die Federal Trade Commission (FTC) die Integration des Internet Explorer kurz vor der Auslieferung mit Windows 98 unterbinden wird. Doch genau diese Verknüpfung könnte das Schicksal des Net- scape-Browsers "Communicator" äußerst negativ beinflussen, zumal erste Performance-Tests zwischen Microsofts und Net- scapes Produkt gravierende Unterschiede ergeben haben. Die "nahtlose" Einbindung des Microsoft-Browsers in das Betriebssystem ermöglicht einen wesentlich schnelleren Programmstart, als dies mit "externen" Browsern möglich ist, lautet das Resümee.

Für manche Tester liegt der Grund für Microsofts Geschwindigkeitsvorsprung auf der Hand. Durch die Integration des Browsers in Windows 98 sei es möglich, Programmteile bereits beim Betriebssystem-Start zu laden oder in den Cache zu schreiben.

Ähnliches Tempo macht Microsofts Browser unter Windows NT: "Mir ist aufgefallen, daß der Internet Explorer während der Initialisierung erheblich schneller ist. Ich bin sicher, das hängt mit der engen Integration in das Betriebssystem zusammen", konstatiert Jason Olmstead, Internet Services Director bei Phat Media Inc. Darüber hinaus falle auf, daß Microsofts Browser unter NT 5.0 lediglich 2 MB zusätzlichen Arbeitsspeicher benötige, während Netscapes "Communicator 4.0" nicht weniger als 11 MB in das RAM lade - auch ein Zeichen dafür, daß Teile des Programmcodes vom Internet Explorer bereits vorher aufgerufen werden.

Aus diesen Gründen munkeln Branchenkenner von "unerlaubten Mitteln", die sich Microsoft zunutze gemacht haben könnte. Einige Experten glauben, die Gates-Company nutze mit dem Internet Explorer eine neue, undokumentierte Winsock-DLL (Dynamic Link Library), statt auf das standardmäßige Application Programming Interface (API) zuzugreifen, das auch Netscapes Communicator verwendet - eine Vermutung, die Microsofts Product Manager für Internet-Platforms und Tools, Craig Beilinson, heftig dementiert: "Sämtliche Komponenten, die der Internet Explorer verwendet, sind gänzlich offen und dokumentiert.