Per Schnellstudium zum SAP-Profi

11.09.2008
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
SAP in einer Woche? An der FH Kaiserslautern zeigt ein Seminar, wie viel Praxiswissen sich in dieser Zeit vermitteln lässt.

Wer bestens ausgebildete, motivierte, junge und auf das Berufsleben vorbereitete Bewerber erwartet, sollte selbst etwas dazu beitragen." Dieser Satz stammt nicht aus einem Ratgeber für Arbeitgeber, sondern von der Pikon Deutschland AG. Der Saarbrücker SAP-Dienstleister pflegt schon seit Jahren Kontakte zu Hochschulen, etwa zu der Fachhochschule Kaiserslautern. Für den FH-Standort Zweibrücken erstellen Berater Fallstudien mit Aufgaben aus den Bereichen ERP und Business Integration, die die Studenten dann lösen. Ihre Konzepte stellen sie zum Abschluss den Beratern wie Anwendern vor. Zudem bietet die Fachhochschule ein einwöchiges SAP-Seminar an, das Pikon-Berater gestalten. Hier lernen die Studenten, die Standardprozesse eines Unternehmens mit SAP-Software zu bearbeiten.

Für Christian Aichele, Professor für Wirtschaftsinformatik an der FH Kaiserslautern, zeigt das große Interesse an dem Praxisseminar, dass seine Studenten sich der Bedeutung der SAP-Software bewusst sind: " Die Veranstaltung war innerhalb weniger Stunden überbucht, so dass wir den Teilnehmerkreis reduzieren mussten. Insbesondere angehende Wirtschaftsinformatiker wollen ihr Wissen in dem Bereich vertiefen." Auch Jürgen Neubronner, Bereichsleiter ERP von Pikon, erlebte engagierte Studenten, obwohl das Seminar mit Schwerpunkt Logistik während der Semesterferien stattfand: "Wir schulten sie anhand eines vollständigen Prozesses eines Lagerfertigers in SAP-Software. Dabei lernten die Studenten alle relevanten SAP-Module vom Verkauf bis hin zur Buchhaltung kennen."

Gute Transferleistung

Zum Abschluss arbeiteten die Studenten eine Fallstudie aus und präsentierten sie zwei Monate später vor Publikum und live am SAP-System. Mit den Ergebnissen ist ERP-Bereichsleiter Neubronner ebenso zufrieden wie Hochschullehrer Aichele. Neubronner gefiel die Transferleistung der Studenten, die in ihren Präsentationen Prozesse beschrieben, die nicht im Seminar vermittelt wurden. Auch Aichele hatte nicht mit so guten Ergebnissen nach einem nur einwöchigen Seminar gerechnet: "Trotz der komplexen Anforderungen der Fallstudien, die Pikon aus realen Projekten ableitete, haben die studentischen Teams Ergebnisse erarbeitet, die durchgängig auch in der Praxis Bestand gehabt hätten. So konnten die Studenten aus didaktischer und sicher auch praxisrelevanter Sicht einen erheblichen Lernerfolg erzielen."

In den Augen Aicheles ist es ein Muss, dass die Studenten an der Fachhochschule nicht nur Wissen, sondern auch soziale und kommunikative Fähigkeiten vermittelt bekommen und üben können. Er selbst hat an einer Universität studiert, wo weder Rhetorik noch Präsentation gelehrt wurde, und hatte dann entsprechende Anlaufschwierigkeiten in der Praxis. " Darum lege ich in meinen Veranstaltungen - wie auch meine Kollegen - großen Wert auf Teamarbeit und praxisnahe Präsentation der Ergebnisse." Wer in seinem Studium solche Erfahrungen sammle, brauche die Praxis nicht zu fürchten: "Viele unserer Absolventen arbeiten mittlerweile erfolgreich in IT- und Beratungsunternehmen und bestätigen damit den Wert unserer praxisbezogenen Ausrichtung."

Auch Pikon hofft, mit seinem Engagement an der Fachhochschule Zweibrücken das Interesse der Studenten für den Beraterjob und für das Unternehmen wecken zu können. Schließlich brauche der IT-Dienstleister stets neue, gut ausgebildete Mitarbeiter, so Neubronner. Die Zusammenarbeit mit Hochschulen funktioniert aber nicht immer so, wie von der Wirtschaft gewünscht. Das musste in der Vergangenheit auch Pikon erfahren. So bot der IT-Dienstleister früher ein ähnliches Seminarprogramm zusammen mit der Fachhochschule Fulda an. Das Seminar war zwar beliebt, aber Pikon hat davon nicht in Form neuer Mitarbeiter profitiert, wie Neubronner einräumt: "Es hat sich gezeigt, dass Studenten zwar reisebereit sind, was in unserem Beruf absolut notwendig ist, jedoch weniger bereit sind, auch den Wohnort zu wechseln. Das hat leider dazu geführt, dass wir unsere Ziele an der Fachhochschule Fulda nicht erreicht haben. Da Zweibrücken noch im Einzugsgebiet von Saarbrücken liegt, sind diese Hindernisse hier nicht gegeben."

Für Neubronner ist es nicht wichtig, an welcher Hochschule die Bewerber studiert haben. Pikon unterscheidet auch nicht zwischen Fachhochschul- und Universitätsabschluss, wie es viele Großunternehmen tun. Für ihn kommt es darauf an, dass sich Studenten praktisch weiterbilden, entweder in einer vorhergehenden Ausbildung oder durch Praktika oder Auslandssemester. In Sachen Praxis haben die Studenten am Standort Zweibrücken große Auswahl, sagt Aichele: "In unserer Region sitzen zahlreiche Unternehmen, die zu den Besten in ihrem Bereich gehören, zum Beispiel SAP, CAS, Proalpha als Softwareunternehmen, T-Systems, IDS Scheer und Pikon als IT-Service- und Beratungsfirmen." (am)