Der Personal-Entwicklungsplan bei Honeywell-Bull:

PEP ist alles andere als ein POP-Name

21.02.1975

KÖLN - Hinter PEP verbirgt sich kein POP-Name für ein neues Erfrischungsgetränk. PEP ist vielmehr eine Honeywell-Bull-Bezeichnung für "Personal-Entwicklungsplan".

PEP verdankt sein knapp zweijähriges Bestehen einer Betriebsvereinbarung zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat. PEP dient der beruflichen Standortbestimmung in Vertrieb, Vertriebsunterstützung und im Technischen Kundendienst. PEP soll einen "maßgeschneiderten Karriereweg" beim Kölner Computer-Unternehmen garantieren.

Sollte je eine gewisse "PEP-Euphorie bestanden haben, heute ist sie einer nüchternen Bestandsaufnahme gewichen. So äußert sich Johanna Lug (31), Systemspezialistin im Vertrieb, recht zurückhaltend: "Es ist wiederholt vorgekommen, daß gewisse Karriere-Erwartungen nach Meinung der Mitarbeiter, insbesondere der im Vertrieb, nicht ganz erfüllt wurden." Der PEP sei in erster Linie als "Orientierungshilfe", speziell für Honeynvell-Bull (HB) Neulinge, zu verstehen.

Bis auf weiteres wird diese Orientierungshilfe neueingestellten Beschäftigten allerdings nicht zuteil werden. Der Einstellungsstop bei Honeywell Bull, bleibt bestehen. Bis zum Jahresende sollen etwa 200 von derzeit 2200 Mitarbeitern (die Beschäftigten in der Plattenfertigung in Heppenheim sind in dieser Zahl enthalten) "eingespart" werden. Vorzugsweise durch eine sogenannte "natürliche Fluktuation", das heißt: Kein Ersatz für ausgeschiedene HB'ler. Ein Dementi auf derartige Berichte in der Computerwoche und in der Tagespresse ist bislang seitens der Geschäftsleitung nicht erfolgt.

HB'ler entwickeln sich

Nach dem Willen der PEP-Väter bewegen sich die Aufstiegsmöglichkeiten der Honeywell-Bull-Mitarbeiter in den Bereichen Vertrieb, Vertriebsunterstützung, im Technischen Kundendienst (TKD) und deren Untergliederungen in drei vorgeschriebenen Entwicklungsstufen:

1. "Ausbildungsphase", 2. "Hauptfunktionen" 3. "Leitende Funktionen". Die durchschnittliche Verweildauer in den beiden ersten Entwicklungsstufen, der Ausbildungsphase und der ersten Phase der Hauptfunktionen, ist anhand von Leitplänen zur Aus- und Weiterbildung festgelegt.

Ein HB'ler im Technischen Außendienst (neben dem Technischen Support und seinen Untergliederungen eines der beiden Funktionsbereiche des TKD) wird beispielsweise nach sechsmonatiger Grundausbildung an der TKD-Schule Technischer Assistent. Nach weiteren sechs Monaten verläßt er die Ausbildungsphase und tritt als Service-Techniker in die zweite Entwicklungsstufe, "Hauptfunktionen", ein. In dieser Position muß er im allgemeinen mindestens zwei Jahre verweilen, um in die nächste Stufe, die des System-Technikers, aufzusteigen. Damit ist im Durchschnitt der "Zenit" seiner Laufbahn erreicht.

Zwei Drittel im Tarif

Christoph Börner (52), Personalreferent im TKD: "Die Position des System-Technikers ist in der Regel Endstufe im TKD. Zwei Drittel unserer Mitarbeiter, deren Durchschnittsalter 33 Jahre beträgt, sind Tarifangestellte. Die Tarifgrenze liegt gegenwärtig bei 2658, - Mark." Der PEP bietet allerdings für besonders qualifizierte TKD'ler einen Ausweg aus dem Laufbahndilemma. Da nur relativ wenige zum Technischen Inspektor und zum Gebietsleiter berufen sind, wurde innerhalb dieser Entwicklungsstufe "Leitende Funktionen" die sogenannte Spezialistenlaufbahn geschaffen. Hauptabteilungsleiter und TKD-Ausbildungsboß Bernhard Hagen (43) betont: "Die Positionen des System-Spezialisten und des Leitenden System-Spezialisten sind denen eines Referats-, Abteilungs- beziehungsweise Hauptabteilungsleiters gleichgestellt. Auch in der Dotierung. Es kommt sogar vor, daß ein leitender Spezialist mehr verdient als ein Abteilungsleiter, der zusätzlich die Verantwortung der Personalführung trägt. Die durchschnittlichen AT-Gehälter liegen zur Zeit zwischen 3000 und 5000 Mark monatlich brutto."

Gegenwärtig arbeiten 84 System-, davon 19 Leitende System-Spezialisten im TKD.

Vaterfigur Czytkowski

Das TKD-Betriebsklima läßt sich nach Aussagen von Betriebsrätin Johanna Lug auf einen griffigen Nenner bringen: Direktor Karl-Heinz Czytkowski (47), Chef des TKD, sei die "große, bewunderte Vaterfigur". Seine Mitarbeiter akzeptieren seinen straffen Führungsstil. Es sei auch kein Zufall, daß der dunkle Anzug als "Arbeitskleidung" vorherrsche. Frau Lug: "Die TKD'ler sind eine homogene, geschlossene Gesellschaft mit solidarischem Corpsgeist." Personalreferent Börner bekräftigt: "Wir suchen keine sogenannten Nobelpreisträger, sondern gute Pragmatiker mit ausgezeichneten Fachkenntnissen."

"Gepflegter Skeptizismus"

Im Vertrieb herrsche dagegen, so Pressechef Heinzgünther Klaus, "ein gepflegter Skeptizismus", der sich naturgemäß aus der unterschiedlichen, liberalen Mentalität, der heterogeneren Vorbildung und der mitgebrachten Berufserfahrung ergebe. Allerdings wird auch hier das "Hohelied" der drei Entwicklungsstufen, Ausbildungsphase, Hauptfunktionen und Leitende Funktionen "gesungen".

Die Ausbildungsphase umfaßt in der Regel ein halbes Jahr Grundausbildung, ein Jahr Assistententätigkeit. Eingang zu den Hauptfunktionen ist eine mindestens 18monatige Beschäftigung in Junior-Positionen, ehe ein Vertriebler "in Amt und Würden" je nach Laufbahn entweder Vertriebsrepräsentant oder Systemberater oder System-Spezialist oder Marketing-Spezialist oder Instruktor wird. Die Stellungen in den Leitenden Funktionen sind in Referate, Abteilungen und Hauptabteilungen untergliedert. Ihnen gleichgestellt rangieren, wie im TKD, die leitenden Spezialisten-Funktionen: Systemberater, Systemanalytiker, Product-Manager, Instruktor. Die Gehälter der Vertriebs-Leitenden bewegen sich im gleichen Rahmen wie im TKD: Zwischen 3000 und 5000 Mark monatlich brutto.

Direktor Dr. Sven Dirks (37), Bereichsleiter Personal- und Bildungswesen, weist alle Vermutungen zurück, mit den vorgezeichneten Laufbahnen im direkten Vertrieb (Geschäftsstellen), in den Fachabteilungen, im Produktmarketing und im Bildungswesen würde einem "hierarchischen Beamtendenken" Vorschub geleistet. "Der PEP ist nicht dazu da, daß ein Mann schneller vorankommt, sondern daß wir den richtigen Mann am richtigen Platz haben."

Das Beurteilungsverfahren

Diese Erkenntnis soll das jährliche Beurteilungs- und Mitarbeiterförderungs-Gespräch zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern bringen. Nicht so sehr das Beurteilungsverfahren selbst, vielmehr dessen Ergebnis scheint in einigen Fällen Anlaß zu vorübergehender Mißstimmung zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern gewesen zu sein. Denn der Mitarbeiter muß mit seiner Unterschrift das billigen, was der Vorgesetzte in bezug auf gewichtete Beurteilungsmerkmale, Zielerfüllung, Aufgabenerfüllung, durchgeführte und zukünftige Förderungsmaßnahmen beurteilt und vorschlägt. Verweigert der Mitarbeiter sein OK, dann hat er das Recht, sich beim Betriebsrat zu beschweren.

Der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Ingo Pape (29), Mathematiker/ Systemanalytiker und engagierter Gewerkschaftler, berichtet: "In etwa fünfzehn Fällen konnte aufgrund unserer Vermittlung eine bessere Beurteilung der betreffenden Mitarbeiter erreicht werden." Seiner Meinung nach hänge das Resultat einer Beurteilung stark von den Führungs- und fachlichen Qualitäten des einzelnen Vorgesetzten ab. "Manchmal mangelt es eben an beiden."

Offener Gehaltsrahmen

Pape bemäkelt: Nach Auffassung des Betriebsrates sollten die PEP-Positionen an einen offenen Gehaltsrahmen gekoppelt sein, so daß jeder Mitarbeiter wisse, was er auf diesem oder jenem Posten verdienen könne. Außerdem müßten ein Teil der freiwilligen, übertariflichen Leistungszulagen tariflich abgesichert sein. "Ausschlaggebend ist doch, daß mit dem PEP nicht nur >schöne Titel< vergeben werden,

sondern, daß langfristig gesehen eine objektivere Gehaltsfindung verwirklicht wird."