Funktionsspektrum noch lückenhaft

Peoplesoft bringt CRM ins Web

22.06.2001
MÜNCHEN (IDG) - Ende Juni wird Peoplesoft eine komplett Web-basierende Version seines CRM-Pakets auf den Markt bringen. Die Internet-Orientierung komme spät und gehe auf Kosten der Funktionen, beklagen einige Kritiker im Vorfeld.

"Peoplesoft 8 CRM" sei das letzte und wahrscheinlich wichtigste Stück seiner "pure Internet strategy," erklärte Peoplesoft-CEO Craig Conway vor wenigen Tagen anlässlich einer Veranstaltung seines Hauses in Las Vegas. Die Software stammt ursprünglich von der Anfang vergangenen Jahres übernommenen Vantive Corp. und deckt Einsatzgebiete in den Bereichen Vertrieb, Marketing, Helpdesk, Support sowie Außendienst ab. Sechs Applikationen stehen zur Verfügung, hinzu kommen fünf Analyse-Tools etwa für Trendvorhersagen sowie ein Portal, das Mitarbeitern, Zulieferern und Geschäftspartnern eine gemeinsame Sicht auf die gesammelten Kundendaten bietet.

Vantive-Code umgeschriebenUm einen universellen Zugriff auf diese Informationen via Web zu ermöglichen, hat der Hersteller den Vantive-Code umgeschrieben und auf die Java-basierende Internet-Architektur seines ERP-Pakets portiert. Sämtliche Applikationslogik wurde vom Client abgezogen und liegt nun vollständig auf dem Server, der entweder beim Benutzer selbst oder als Mietservice von Peoplesofts Hosting-Division "E-Center" betrieben wird.

Als wesentlicher Fortschritt dieser Entwicklung gilt auch der Umstand, dass nun alle 167 Applikationen von Peoplesoft 8 aufgrund der gemeinsamen Plattform über HTML und XML-Konnektoren enger verknüpft werden können. Dies gilt auch für die Verbindung mit Backoffice-Produkten von Drittanbietern, meint Kevin Scott, Analyst bei AMR Research, der Peoplesoft aufgrund der Internet-Architektur einen technologischen Vorsprung vor Konkurrenten wie Siebel, SAP oder Oracle einräumt. Die Integration in Backend-Applikationen wie Finanz- und Bestellwesen gilt als ein Schlüssel für die erfolgreiche CRM-Implementierung, bestätigt auch Joshua Greenbaum von Enterprise Applications Consulting. Eine Aufgabe, die zu den Teuersten aller IT-Projekte zählt und nicht selten das dafür vorgesehene Budget sprengt, so der Experte.

Peoplesoft-Chef Convay ist deshalb zuversichtlich, dass die neue CRM-Architektur - intern als "Operation Leapfrog" (Bockspringen) bezeichnet - dazu geeignet ist, bisherige Konkurrenten zu überholen. Auch hinsichtlich der Skalierbarkeit lasse die neue Architektur keine Wünsche offen, versichert Peoplesofts CTO Rick Bergquist. Ein interner Benchmark auf Proliant-Servern von Compaq habe um 50 Prozent bessere Werte als die der Vorgängertechnik ergeben: Ohne Detailangaben wurden laut Bergquist 160 000 Transaktionen von 30 000 gleichzeitig arbeitenden Benutzern bewältigt. Als Service-Partner zur Implementierung des CRM-Produkts konnte Peoplesoft Deloitte Consulting, Pricewaterhouse-Coopers, Cap Gemini Ernst & Young sowie KPMG gewinnen; eine ähnliche Partnerschaft mit IBM Global Services soll demnächst spruchreif sein.

Kritik an Peoplesofts CRM-Ankündigung kommt naturgemäß von der Konkurrenz, allen voran von Oracle: Die Nummer zwei im CRM-Markt arbeite bereits an der vierten Internet-Version seiner CRM-Software, heißt es aus Redwood Shores. Peoplesoft sei also spät dran und habe deshalb den einfachsten Weg zu einer Web-Architektur genommen: den über HTML. Sachlicher argumentieren dagegen einige Analysten. Peoplesoft 8 CRM spiegele die Stärken der ehemaligen Vantive-Software im Bereich der Service- und Support-Funktionen wider, bemerkt Meta-Group-Experte Steve Bonadio. So biete das Produkt die Möglichkeit, Daten aus der Logistik und dem Personalwesen zu kombinieren, um zum Beispiel den technischen Außendienst mit den bei Serviceanfragen benötigten Informationen zu versorgen.

Rudimentäre CRM-DisziplinenFür den Betrieb von Call-Centern dagegen, eine ebenfalls wichtige CRM-Disziplin, bietet die Lösung nach Ansicht von Bonadio nur rudimentäre Funktionen. Ähnliches scheint für die Vertriebsunterstützung sowie für die von Konkurrenzprodukten bekannten Anwendungen für vertikale Märkte zu gelten. Obwohl Peoplesoft der erste CRM-Anbieter mit einem reinen Web-Interface ist, reicht das Produkt nicht an die von Marktführer Siebel bereitgestellten Funktionen etwa für Marketing oder Partner-Management heran, so Erin Kinikin von der Giga Information Group. Allerdings werden Siebel und mehr noch Oracle die Präsenz von Peoplesofts neuer CRM-Architektur zu spüren bekommen - "das Rennen ist noch lange nicht entschieden", resümiert Kinikin.

Abb: Kein Code auf dem Client

Peoplesofts Internet-Architektur arbeitet am Endgerät weder mit Java Applets noch mit Windows-DLLs oder Browser-Plug-ins. Die Endgeräte müssen lediglich Standardtechniken wie HTTP, HTML und XML zur Kommunikation mit dem Applikations-Server unterstützen. Quelle: Peoplesoft