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Pensionskasse verklagt Siebel wegen Aktienoptionen

15.10.2002

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Eine US-Pensionskasse beschuldigt den Softwareanbieter Siebel, die eigenen Regeln für Aktienoptionsprogramme verletzt zu haben. Verwaltungsräte und Vorstände des Konzerns sollen sich damit jahrelang auf Kosten der Anleger bereichert haben, berichtet das "Wall Street Journal". Im Detail wirft die Rentenkasse der Lehrer des US-Bundesstaats Lousiana dem Siebel-Verwaltungsrat vor, dem Unternehmensgründer und CEO Tom Siebel zwischen 1996 und 2001 Aktienoptionen im Wert von rund einer Milliarde Dollar zu Discount-Preisen verkauft zu haben - anstatt gegen einen Aufschlag, wie es die Regeln vorschreiben.

Außerdem hätten sich nicht nur der Firmenchef, sondern auch die Verwaltungsräte bei den Optionsscheinen reichlich bedient, lautet ein weiterer Vorwurf. Neben Tom Siebel stehen sämtliche Board-Mitglieder auf der Anklageliste, darunter die Mitbegründer Charles Schwab und Patricia House sowie Google-CEO Eric Schmidt. Ein Unternehmensprecher erklärte, dass es bereits früher einen ähnlichen Vorwurf gegeben hätte, Vor zwei Jahren hätte ein Gericht diesen aber abgewiesen.

Finanzberichten zufolge hat Siebel mittlerweile so viele Aktienoptionen an die Mitarbeiter verteilt, dass diese Ende vergangenen Jahres knapp über die Hälfte der unverwässerten ausstehenden Aktien ausmachten. In seinem letzten Jahresbericht wies das kalifornische Unternehmen außerdem in einer Fußnote darauf hin, dass der Konzern bei Ausübung aller Aktienoptionen der Mitarbeiter 2001 einen Nettoverlust von 467 Millionen Dollar verbucht hätte. Stattdessen schrieb der CRM-Spezialist einen Nettogewinn von 255 Millionen Dollar.

Ken Broad, Portfolio-Manager bei Transamerica Investments, bezeichnete Siebels Umgang mit Aktienoptionen selbst für Silicon Valley als unerhört. Er erklärte, eines der "Hauptprodukte" des Softwarehauses sei die Ausgabe von Firmenanteilen und fügte hinzu, wegen den Optionsprogrammen würde er die Siebel-Aktie nicht einmal mit einem langen Stock anfassen.

In den ersten fünf Jahren nach dem Börsengang 1996 war der Wert der Siebel-Aktie rasant gestiegen. Anleger, die relativ früh investierten, verbuchten einen Wertzuwachs von über 500 Prozent. Im Vergleich zu dem Rekordwert von knapp 120 Dollar Anfang November 2000 ist das Papier inzwischen jedoch um rund 95 Prozent eingebrochen und notierte am gestrigen Montag bei 5,99 Dollar. Leidtragende sind unter anderem auch die Siebel-Mitarbeiter, deren Aktienoptionen nun praktisch wertlos sind. Um die Motivation der Angestellten dennoch aufrecht zu halten, bot der CRM-Anbieter ihnen Ende August an, Optionsscheine, die erst bei einem Aktienkurs ab 40 Dollar eingelöst werden können für je 1,85 Dollar aufzukaufen. (mb)