Bevorstehendes IBM- Announcement hat direkte Auswirkungen auf PC- Anbieter:

"Peanut"- Spekulationen drücken Apple- Aktie

16.09.1983

NEW YORK (CW)- Einen Rückgang der Aktienkurse mußte die Apple Computer Inc. an der New Yorker Effektenbörse hinnehmen. Am 7. September notierte Apple am Ende der Sitzung mit 34 5/8 Dollar einen um 4 3/4 Dollar niedrigeren Wert, nachdem der Kurs vorher bis auf 33 7/8 gefallen war.

Eine ungünstige Gewinnprognose der Wertpapiergesellschaft Hambrecht & Quist aus San Francisco, die Apple vor zweieinhalb Jahren zu 22 Dollar je Aktie an die Börse brachte, lösten die Verkäufe aus. Analyst Gregory Kelsey von Hambrecht setzte seine Schätzung des Apple- Gewinns für das am 30. September 1984 zu Ende gehende Geschäftsjahr auf 1,50 bis 2,25 Dollar je Aktie herab, nachdem er zuvor noch von rund 2,60 Dollar ausgegangen war.

Die niedrigere Schätzung spiegelt nach Meinung von Hambrecht den verstärkten Wettbewerb in der Personal- Computer- Industrie und den Umstand wider, daß IBM seinen

"Peanut"- Personal- Computer wahrscheinlich in naher Zukunft auf den Markt bringen wird.

Andere Analysten wiesen ferner auf einen Artikel in der dieswöchigen Ausgabe von "Electronic News" hin, demzufolge der Absatz des neuen Apple- Personal- Computers "Lisa" die Hoffnungen der Gesellschaft nicht erfüllt hat.

Allgemein wird von Analysten, die sich mit der Computerindustrie befassen, auf die dominierende Stellung von IBM am Markt für kleine Computer hingewiesen. David S. Lawrence von Montgomery Securities schätzt, daß IBM bereits 50 Prozent des sogenannten Corporate- Marktes für Personal Computer erobert hat. IBM hat mit seinem vor zwei Jahren eingeführten Gerät die Apple Computer Inc. überrundet, die Personal Computer seit 1977 verkauft. Das IBM- Gerät ist mit rund 5000 Dollar nur ungefähr halb so teuer wie "Lisa", die auf den gleichen Markt zielt und leistungsfähiger als der IBM- Computer ist. Lawrence hebt aber hervor, daß IBM den Standard setzt, an dem sich die Hersteller von Software und Peripheriegeräten orientieren, woraus sich ein großer Wettbewerbsvorteil ergebe.

Der "Lisa"- Absatz wird als sehr wichtig für das künftige Wachstum bei Apple angesehen. Harry Edelson von First Boston Corp. meint, daß "Apple gegenwärtig von seinem Apple II, einem Produkt mit alternder Technologie, lebt". "Lisa" hat offensichtlich die Erwartungen (nach Lawrence war mit einem Absatz von 50000 Geräten gerechnet worden) nicht voll erfüllt.

Ein Apple- Sprecher räumte ein, daß für die Gesellschaft "kurzfristig" rauhe Zeiten bevorstehen. Er unterstrich aber, daß der Absatz in den Sommermonaten traditionell schwach ist und zu falschen Schlüssen Anlaß geben könnte. Zudem stehe Apple nicht still. Beobachter sehen darin einen Hinweis auf die Bekanntgabe eines neuen Produkts. Wie es heißt, soll ein neuer Computer ("MacIntosh") auf den Markt gebracht werden, der Elemente von "Lisa" enthält, aber weniger kostet und sich an eine andere Anwenderschicht wendet. "MacIntosh" soll möglicherweise mit dem erwarteten IBM- "Peanut" konkurrieren. Nach Gerüchten verzögert Apple aber die Markteinführung des "MacIntosh" um nicht den Absatz von "Lisa" sowie von Apple II und IIe zu gefährden.

In der letzten Oktoberwoche war der Kurs der Apple- Aktien kräftig gestiegen, zum Teil wegen eines Gerüchts, nach dem Apple das Ziel eines Übernahmeversuchs sein könnte. Außerdem hatte sich ausgewirkt daß sich Apple in einem Verfahren über Software- Copyright durchsetzen konnte.

David S. Lawrence hält für die nähere Zukunft große Kursschwankungen bei Apple für wahrscheinlich. Die "Imponderabilien", zu denen auch die nächsten Schritte von IBM gehörten, machten es fast unmöglich, die künftigen Gewinne der Gesellschaft vorauszusagen.