PDAs und drahtlose Kommunikation UPS: Innovativer Paketzusteller laesst Datenschutzfragen offen

13.05.1994

Von Bernd Salewski

Ein spezieller Personal Digital Assistant (PDA), der DIAD II, vereinfacht seit Anfang Maerz die Paketzustellung des Postkonkurrenten United Parcel Service (UPS). Zentral ist die Verwendung der digitalisierten Unterschrift. Indes haben bereits einige Landesdatenschutzbeauftragte Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes angemeldet.

DIAD steht fuer Delivery Information Acquisition Device, was soviel bedeutet wie Zustellinformationserfassungsgeraet. Saemtliche Zustelldaten einer Sendung werden auf dem DIAD erfasst. Dabei ist jedes Geraet auf eine bestimmte Fahrtroute und einen Zusteller abgestimmt. Vor Fahrtantritt gibt der Zusteller seinen Namen, seine Personaldaten und die Anfangszeit in das Geraet ein. Bevor er dann den ersten Stop anfaehrt, tippt er den Strassennamen sowie die Hausnummer des ersten Zustellstops ein. Auf dem Display wird dann die komplette Adresse mit Postleitzahl, Stadt und Zustellbereich angezeigt.

Die Geraete sind mit spezifischen Zustellgebietsinformationen programmiert. Der PDA erkennt nach Eingabe der Hausnummer und der Strassenabkuerzung, welchem Bereich diese zuzuordnen sind, und zeigt daraufhin alle weiteren Informationen an. Waehrend der Zustellung werden die Paket- sowie die Absendernummer der Sendung eingegeben, entweder ueber die Folientastatur oder mit dem in das Geraet integrierten Laserscanner, der die Informationen direkt von den Barcodes der Sendungsaufkleber einliest. Zuletzt unterschreibt der Empfaenger mit einem Spezialstift auf einem druckempfindlichen Membranfeld des DIAD. Die Unterschrift erscheint daraufhin digitalisiert im Display, und der Zusteller gibt den Namen des Empfaengers noch einmal ueber die Tastatur ein. Damit sind saemtliche Daten der Zustellung erfasst und im DIAD gespeichert.

Ausser fuer die Zustellung wird das Handy noch fuer die Erledigung der Nachnahmeabrechnung, als Fahrtenbuch und fuer die Arbeitszeiterfassung der Zusteller eingesetzt.

Nach Beendigung der Fahrt uebergibt das Geraet die gespeicherten Daten in der UPS-Niederlassung an einen PC. Dazu wird es in ein Basismodul gesteckt. Die Verbindung wird dann ueber eine optische Schnittstelle mit Lichtwellenleitern realisiert, also eine echte Plug-and-play-Loesung. Damit ist DIAD eines der ersten mobilen Geraete, das serienmaessig ueber eine optische Schnittstelle zur Datenkommunikation verfuegt.

Spezielle Software fuer die Kunden

Vom Netzwerk der Niederlassung aus werden die gesamten Daten an das UPS Information Services Headquarter in Mahwah, USA, weitergeleitet. Die Uebermittlung erfolgt via Satellit (Intelsat IV) und ueber das weltweite Telekommunikationsnetz von UPS, das mehr als 1300 Umschlagplaetze in 46 Laendern verbindet und das internationale Sendungsabwicklunssystem von UPS (International Shipment Processing System) unterstuetzt. Dieses verfuegt nun ueber die Sendungsinformationen, die von UPS-Kunden ab dem Morgen nach der Zustellung abgefragt werden koennen. Hierzu stellt UPS seinen Kunden eine spezielle Software zur Verfuegung.

Das Basismodul dient ausserdem noch dazu, die DIAD-Geraete vor Antritt der Zustellfahrten mit den relevanten Daten der jeweiligen Touren zu programmieren.

Ab Ende Mai 1994 wird die Uebermittlung der Daten noch schneller erfolgen. Dann wird das Geraet sofort nach der Zustellung in einen im Fahrzeug installierten Adapter (Diad Vehicle Adapter = DVA) gesteckt. Dieser enthaelt neben einem Ladegeraet ein angepasstes Motorola-Funkmodem fuer den Modakom-Dienst der Telekom. Das Verfahren bietet die Gewaehr dafuer, dass die Sendungsdaten schon wenige Minuten nach der Zustellung in der UPS- Zentrale verfuegbar sind. Befindet sich das Fahrzeug nach der Zustellung in einem Funkschatten, so wird dies dem Zusteller im Display mitgeteilt. Dieser sucht dann einen oeffentlichen Fernsprecher auf und waehlt ueber eine 0130er Nummer den UPS-Zentralcomputer an. Fuer diese Faelle ist in das Handy ein High-speed-Akustikkoppler integriert, der die Uebermittlung der Sendungsdaten dann anstelle des Funkmodems uebernimmt.

Das DIAD-Geraet entspricht in seinen Abmessungen in etwa dem Format DIN A4 und wiegt rund 1500 Gramm. Entwickelt wurde der PDA von der UPS-Tochtergesellschaft Roadnet, die sich auf mobile Datenerfassungs- und Verarbeitungsgeraete fuer das Transportgewerbe spezialisiert hat. Die Herstellung hat ein namhafter PC-Hersteller uebernommen, dessen Name von UPS jedoch wie ein Staatsgeheimnis gehuetet wird

Auch weitergehende technische Informationen ueber den verwendeten Hauptprozessor, die Speicherbausteine sowie die Spezifikationen der optischen Schnittstelle und des LCD-Displays will UPS vorlaeufig auf keinen Fall preisgeben. DIAD verfuegt ueber 1,5 MB Hauptspeicher und wahrscheinlich mehrere Flashroms zur dauerhaften Datenspeicherung. Zu dem sechszeiligen, in LCD-Technik ausgefuehrten Display gehoert eine zuschaltbare Hintergrundbeleuchtung.

DIAD soll auch extreme Umwelteinfluesse verkraften. Das Geraet sei wasserdicht und koenne in einem Temperaturbereich von minus zehn bis plus 60 Grad Celsius ohne Einschraenkungen eingesetzt werden.

Neben dem Laserscanner zur Abtastung von Barcodes und dem Akustikkoppler ist das druckempfindliche Membranfeld fuer die Unterschriftenerfassung zentraler Bestandteil des DIAD. Die Digitalisierung der Unterschriften erfolgt in Echtzeit und einer annehmbaren Qualitaet. Dabei erfolgt jedoch keine Schrifterkennung, sondern nur eine Speicherung der Unterschrift als Pixelgrafik, die auch auf dem Display des DIAD angezeigt wird.

Mangelhafte Informationspolitik

So manchem Paketempfaenger wird angesichts dieses Verfahrens der Gedanke an eine moegliche unrechtmaessige Verwendung seiner digitalen Unterschrift und der sonstigen Daten kommen. Auch ist die rechtliche Wirksamkeit einer digital gespeicherten Unterschrift heute doch noch sehr umstritten. Diese und weitere Bedenken fuehrten bereits zu ersten Interventionen bei UPS. So haben die Datenschutzbeauftragten der Laender Hamburg, Berlin, Schleswig- Holstein und das Regierungspraesidium Darmstadt Anfragen gemaess Paragraph 38, Absatz 1, des Bundesdatenschutzgesetzes an die UPS- Zentrale in Oberursel gerichtet.

UPS ist nun gehalten, alle Wege und Datenschutzmassnahmen, die in Zusammenhang mit dem DIAD-System und der Sendungsverfolgung stehen, offenzulegen. Dabei ist vor allem interessant, wie UPS die missbraeuchliche Verwendung der Unterschriften ausschliessen will. Schliesslich wird die Grafikdatei mit der Unterschrift zusammen mit den anderen Daten der jeweiligen Sendung in das UPS-Datennetz uebertragen. UPS-Kunden koennen mit der schon erwaehnten Software auf dieses Netz zugreifen und sich per Fax die kompletten Sendungsdaten - offenbar einschliesslich Unterschrift - ausdrucken lassen.

Grundsaetzlich ist es heute ja moeglich, jede Unterschrift mit einem einfachen Handscanner in sehr guter Qualitaet einzuscannen, mit einem passenden Grafikprogramm entsprechend zu ueberarbeiten und dann auf vielfaeltige Weise, das heisst eben auch fuer Faelschungen, zu verwenden. Dabei steht jedoch die kriminelle Absicht im Vordergrund, und die Unterschriftsvorlage muss ja auch erst beschafft werden.

Die digitalisierte Unterschrift beim DIAD-System ruft jedenfalls Beruehrungsaengste und Unsicherheit hervor. Dies liegt sicherlich zum einen in der neuen und relativ unbekannten Technologie begruendet, zum anderen aber auch in der Informationspolitk von UPS gegenueber seinen Kunden. Auf entsprechende Fragen nach Verwendung und Datenschutz koennen die meisten Zusteller nicht zufriedenstellend antworten. Hier taete eine Aufklaerungsbroschuere oder eine bessere Ausbildung der Zusteller not.

Das komplette DIAD-System kostet einschliesslich Entwicklung und Betrieb innerhalb der ersten fuenf Jahre ueber 100 Millionen Dollar. Nach den USA, Kanada und Puerto Rico ist die Bundesrepublik das vierte Land, in dem DIAD flaechendeckend eingefuehrt wird. In Deutschland verfuegt UPS ueber 4300 Zusteller, die bereits alle mit dem System ausgeruestet wurden. Jeder Zustellmitarbeiter musste dazu eine dreitaegige Schulung durchlaufen und sich mit dem Konzept und der integrierten Software vertraut machen.

PDAs fuer Logistik und Sicherheitsdienste

Das System setzt den ersten PDA ein, der fuer eine spezielle Anwendung entwickelt wurde und in einem weltweiten Datenverbundsystem auf breitester Basis zum Einsatz kommt. Im Gegensatz zu Apples Newton und aehnlichen Geraeten, die hinsichtlich ihrer Praxistauglichkeit recht eingeschraenkt sind, stellt DIAD ein funktionierendes und leistungsfaehiges Kommunikationssystem dar.

So werden in Zukunft sicherlich immer mehr Unternehmen dazu uebergehen, PDAs fuer spezialisierte Anwendungen anzupassen beziehungsweise zu entwickeln. Insbesondere fuer Aufgaben im Transport und Lagerwesen, in der Logistik und bei Sicherheitsdiensten bietet sich ein PDA an.

Der in ein globales Kommunikationsnetz integrierte PDA fuer jedermann liegt allerdings noch in weiter Ferne.