Prozessunterstützung statt reiner Finanzierung

PC-Leasing ist besser als sein Ruf

04.07.2003
In Zeiten knapper Kassen suchen Unternehmen nach Alternativen zum Kauf ihrer IT-Ausrüstung. Vor allem das Leasing verspricht eine kapitalschonende Beschaffung. Die einschlägigen Dienstleister bieten weitaus mehr an, als nur PCs zu liefern und den Kaufpreis vorzustrecken.

Das Thema IT-Leasing polarisiert seit jeher die Branche - entweder man mag es, oder man kauft seine Rechner. Ernest Schambil, DV-Leiter der Ford-Werke in Saarlouis, hat den Schritt weg vom Eigentum gewagt, und seine Erfahrungen mit Leasing fielen "im Großen und Ganzen sehr gut" aus. Probleme, die durch die Alternative zum Kauf entstanden, seien laut Schambil vollkommen durch den günstigen Preis kompensiert worden - "und wer muss heute nicht kostenbewusst denken?"

"Heute" war für den DV-Leiter indes der Mai des Jahres 1975, als er sich in der CW zum Thema Leasing äußerte; Mitte der 70er Jahre wurden auch noch keine PCs geleast, sondern ein mit 60 Hertz getakteter IBM-Großrechner des Typs "360/30 mit schnellerer Peripherie". Damals hatte das DV-Leasing in Deutschland seine besten Tage noch vor sich: Als die Großrechner in allen Unternehmen den Takt angaben, bildeten die Investitionen in Computer-hardware den überwiegenden Teil des gesamten deutschen Leasingvolumens.

Doch mit dem Siegeszug des Client-Server-Computing ab Mitte der 80er Jahre waren die goldenen Zeiten der Branche vorbei. Im Jahr 1993 betrug der DV-Anteil am Leasingvolumen aller Wirtschaftsgüter gerade einmal noch 13,5 Prozent, gegenwärtig sind es nach Erkenntnissen des Kölner Instituts der Deutschen Wirtschaft knapp 13 Prozent. Von einem Boom kann folglich keine Rede sein: "Momentan stagnieren alle Wirtschaftsbereiche, und davon ist natürlich auch die Leasingbranche betroffen", berichtet Luz Roger Kling, Vertriebsleiter der IT-Leasingfirma CHG-Meridian in Weingarten.

Rund 20 Prozent aller PCs sind geleast

Dazu gehen die Marktforscher der Meta Group davon aus, dass sich der Anteil der weltweit geleasten PCs im kommenden Jahr bei rund 20 Prozent einpendeln wird. Dies bedeutet allerdings nicht, dass in jedem fünften Unternehmen auf den Kauf von Hardware verzichtet wird. Vor allem Konzerne werden laut Meta Group dazu übergehen, gemischte Rechnerflotten zu unterhalten und etwa ihre Notebooks zu leasen, während sie ihre Desktop-Rechner weiterhin kaufen.

Ein großes Problem der Leasingbranche ist, dass es keine einheitlichen Begriffe, Produkte oder auch Marketing-Schubladen gibt, in denen sich die verschiedenen Angebote unterbringen lassen. Immerhin herrsche in der Praxis darüber Einigkeit, schreibt der Bundesverband Deutscher Leasingunternehmen (BDL), dass es sich beim Leasing um die mittel- bis langfristige Vermietung von Wirtschaftsgütern handelt. Jede weitergehende Definition wäre entweder zu eng oder zu weit gefasst, heißt es. Leasing ist folglich das, was nach der Verhandlung im Vertrag steht.

Leasing ist nicht gleich Miete

Die Spanne der Ausprägungen reicht dabei vom Miet- bis hin zum Ratenkaufvertrag. Allerdings ist Leasing rein rechtlich nicht gleich Miete: So ist der Vermieter verpflichtet, den Gebrauch des Mietgegenstandes zu gewährleisten - wenn der Kopierer ausfällt, muss er ihn reparieren oder auf sein Geld verzichten. Beim Leasing hingegen liegt die Verantwortung für den Gegenstand in der Regel beim Kunden, hier fallen rechtliches und wirtschaftliches Eigentum auseinander. Dennoch werden Leasing, Miete oder Mietkauf stets synonym verwendet, was nicht gerade zur Klärung beiträgt.

Unterschieden werden muss in jedem Fall zwischen direktem und indirektem Leasing (siehe Grafik "Gängige Leasingvarianten"), wobei das erste Modell keinen zwischengeschalteten Dienstleister vorsieht, sondern der Vertrag direkt zwischen dem Hersteller des Wirtschaftsguts und dem Kunden geschlossen wird. Inzwischen hat sich jeder große IT-Hersteller das Thema PC-Leasing auf die Fahnen geschrieben, doch häufig bleibt es bei Lippenbekenntnissen auf der Website: So konnten Fujitsu-Siemens und Hewlett-Packard auf Anfrage der COMPUTERWOCHE innerhalb von drei Tagen keinen adäquaten Ansprechpartner auftreiben, Dell brauchte länger als zwei Wochen.

Für das Leasing entschieden hat sich auch Alfons Wahlers, IT-Leiter der Keiper GmbH & Co. - allerdings nicht bei einem Hersteller, sondern bei CHG-Meridian. Noch bis vor drei Jahren hat er die PCs und Server für den Automobilzulieferer aus Kaiserslautern gekauft und steuerlich abgeschrieben. Ursprünglich entscheidend für das Leasingmodell sei der Aspekt gewesen, stets die aktuelle Hardware auf und unter dem Tisch zu haben. Aber der Richtungswechsel hatte noch einen positiven Nebeneffekt: "Nachdem wir das Angebot mit spitzem Bleistift durchgerechnet hatten, fiel auf, dass wir auch viel Geld damit sparen", sagt Wahlers. Die Summe kann sich auf mehrere 100000 Euro pro Jahr belaufen. Seitdem hat der DV-Leiter eine klare Beschaffungsstrategie für Rechner - er least "grundsätzlich jede IT-Hardware".

Vor allem lohnt sich Leasing laut Wahlers für Unternehmen, die ihre Rechner alle drei Jahre austauschen, damit stets die aktuelle Software darauf laufen kann. Ähnliche Beweggründe haben auch die Commerzbank dazu bewogen, in diesem Jahr 30 000 neue PCs nicht zu kaufen: "Leasing gibt uns die Möglichkeit, technisch stets auf einem einheitlichen Spitzenniveau zu sein", sagt IT-Sprecherin Gisela Hawickhorst. Auch glaubt sie, mit dem Leasingansatz Kosten zu sparen. Für Firmen, deren Desktops im Durchschnitt fünf Jahre oder länger im Einsatz sind, gibt Leasing hingegen kaum wirtschaftlichen Sinn.

Doch es müssen nicht gleich Tausende von PCs auf einen Schlag sein, damit sich Leasing bezahlt macht. Martin Bauer, bei der Helmut Fischer GmbH in Talheim bei Heilbronn für die DV zuständig, hat sich im vergangenen Jahr wohl endgültig vom Rechnerkauf verabschiedet. Den Anbieter von Stahl-Glasfassaden-Systemen überzeugten vor allem die finanziellen Argumente, denn im Baubereich müssen viele Projekte vorfinanziert werden. Addieren sich dazu noch die kompletten Hardwarekosten beim Neukauf, könne es zu finanziellen "Problemchen" kommen. Neben vier Servern hat das Unternehmen rund 70 Desktops im Einsatz.

Günstigere Zinsen

Beim Leasing - "eine feine Sache" - würden die gegenwärtig niedrigen Kapitalmarktzinsen schneller an die Kunden weitergegeben als bei den Banken, berichtet Bauer. Auch kämen die PCs nach drei bis vier Jahren automatisch wieder fort - "dann leasen wir etwas Frisches". Bauer, der den Vertrag beim Systemhaus Bechtle unterschrieben hat und Leasing jederzeit weiterempfehlen würde, betrachtet es inzwischen als einen Wettbewerbsnachteil, wenn Hardware nicht nach spätestens vier Jahren ausgetauscht wird. Allerdings ist klar: Werden nur wenige Rechner geleast, lohnt sich der administrative Aufwand des Verfahrens weder für den Leasingnehmer noch für den -geber.

Für alle anderen Unternehmen bietet Leasing Vorteile, wenn etwa finanzielle Belastungsspitzen abgeschwächt oder die Liquidität geschont werden sollen. Jedoch gehen die Angebote einiger Hersteller und vor allem von Leasinggesellschaften inzwischen weit über die reine Abwicklung der finanziellen Transaktion hinaus: "Nur Leasing an sich ist nicht alles", sagt Peter Lehmann von der Deutschen Leasing AG in Bad Homburg. Die Prozesskette, also der Lebenszyklus des geleasten PC, umfasst darüber hinaus Dienstleistungen wie das Asset-Management oder die anschließende Verwertung der Rechner inklusive Datenlöschung. "Wenn der Kunde klare Vorstellungen hat, in welchen Zyklen er seine Rechner aufrüstet und welche Partner er dafür benötigt, ist Leasing sinnvoll."

Nicht von der Stange

Dies betrifft nicht nur die Hardware, sondern zunehmend auch Software und komplette IT-Projekte. "Die größten Investitionen", berichtet Lehmann, "finden im Bereich Software statt." PC-Flotten werden da einfach mitgeleast. Wer sich heute nur mit dem reinen Hardwareleasing beschäftigt, ist nach Einschätzung des Dienstleisters "schlecht sortiert". Ähnlich beurteilt die Situation auch der Vertriebsleiter von CHG-Meridian, Kling: "Koffermietmodelle, bei denen man sich nur für die Optionen A, B oder C entscheiden kann, laufen nicht mehr." Stattdessen bezeichnet er Leasing als "ein Projekt, das beim Kunden aus Komponenten zusammengesetzt und im Leasingvertrag zu einem Lösungspaket vereint wird".

Die Branche hat sich in den vergangenen Jahren von der reinen Finanzierung von Hardwareinvestitionen hin zur Abwicklung und Administration bewegt. Folglich müssten Leasingdienstleister laut Kling bereits mit den Kunden verhandeln, bevor die PC-Austauschprojekte fertig definiert seien. "Den klassischen Leasingverkäufer", sagt auch Leasingexperte Lehmann von der Deutschen Leasing AG, "gibt es nicht mehr."

Trotz oder gerade wegen der Branchen- und Wirtschaftskrise sieht Kling von CHG-Meridian die Zeit für Leasing der anderen Art gekommen. In den guten Jahren sei schließlich nicht aufgefallen, ob ein IT-Prozess funktionierte oder nicht: "Alle Anwender konnten aus dem Vollen schöpfen." Die laufende Konsolidierung zwinge die Verantwortlichen jedoch dazu, ihre Abläufe zu überprüfen und unrentablen Ballast über Bord zu werfen. "Leasing," sagt Kling, "ist das Werkzeug, um Hardware, Software und Services zusammenzuführen."

Alexander Freimark, afreimark@computerwoche.de

Abb: Gängige Leasingvarianten

Ob direkt vom Hersteller oder über einen Dienstleister: Leasing ist mehr als eine finanzielle Transaktion. Mit Services rund um die Abwicklung und Verwaltung schaffen Anbieter Mehrwert für ihre Kunden. Quelle: CW