Optimistische Mienen auf DV-lndustriekongreß in Phoenix:

PC-Hersteller machen einander wieder Mut

13.03.1987

MÜNCHEN/PHOENIX (vwd/ujf) - Geradezu fröhliche Töne kommen aus Arizona: "Die Talsohle ist durchschritten". So zumindest wollen es die Bosse einiger PC-Anbieter sehen. Doch just zur gleichen Zeit konstatiert das Wall Street Journal, die Computerfirmen hätten im letzten Quartal 1980 durchschnittlich 64 Prozent weniger Gewinn gemacht als ein Jahr zuvor.

An die 400 Größen der Branche hatten sich in Phoenix/Arizona versammelt, um zu diskutieren, was sich seit ihrem letztjährigen Jammer-Meeting getan hat und wie es weitergehen wird. Man war sich einig: Im PC-Bereich ist wieder alles in Butter. Das freilich hatte Ben Rosen, einst Lotus- und Compaq-Starthelfer, schon letztes Jahr in Hannover als CeBIT-Gastredner vorhergesagt - ganz im Gegensatz zum IDC-Propheten Bill Zachmann, der seinerzeit ein Gemetzel unter den Mikro-Anbietern kommen sah: Die Preise der ATs würden auf XT-Niveau fallen, Kampfpreise würden die Renditen dahinschmelzen lassen.

Trotz aller Unsicherheiten über Big Blues künftige Produktpolitik - sprich: Bleibt MS-DOS, kommt IBM mit 80386? - setzte Compaq-Chairman Rosen jedenfalls alles auf die 386er Karte. Da sein Unternehmen in diesem Marktsegment tatsächlich inzwischen die führende Rolle einnimmt, hat sein Optimismus eine gute Grundlage, wenn er in Phoenix sagt: "Wir sind eine solide Industrie mit einer zweistelligen Wachstumsrate geworden. Und ich denke, das bleiben wir auch nach 1987."

Doch auch Manager von Unternehmen, die es am Markt nicht so leicht hatten, präsentieren sich wieder mit strahlenden Mienen der Öffentlichkeit. So etwa John Roach, Boß der außerhalb der USA erfolglosen und mit Strukturschwächen kämpfenden Tandy/Radio-Shack-Gruppe, der auf dem Phoenix-Treffen verkündete: "Wir können wieder respektable Zuwachsraten vorweisen."

John Sculley gar, früherer von den Coca-Cola-Chefs gefürchteter Pepsi-Spitzenmann, tönt zum Ruhme der seit i983 von ihm geleiteten Apple Computers Inc.: "Heute bin ich optimistischer als jemals zuvor, was die Entwicklung unserer Industrie anbetrifft." Seine Zuversicht gründet sich freilich auf einen neuen Hoffnungsträger, ein Gerät, das nach Ansicht vieler wohlmeinender Apple-Kritiker schon vor zwei Jahren fällig gewesen wäre, nämlich den jetzt annoncierten "offenen Mac".

Während die Ex-Freak-Firma aus Cupertino jetzt die Unix-Welt mit der des legendären Apple II in der neuen Hardware zu verbinden sucht, leidet die MS-Dosseria unter dem Zwang, immer mehr Geräte zu produzieren (und abzusetzen), weil die Scales regelrecht den Economies davonlaufen: So schnell, wie die Preise wegen des wachsenden Angebots an Massenware sinken, kommen sie mit den Kosteneinsparungen durch Großserienfertigung gar nicht nach. Wie im Chipmarkt beschleunigt sich die Drehung der (Verdienst-)Spirale nach unten. So liegt der (deutsche) Einstiegspreis für einen halbwegs kompletten Marken-PC mit MS-DOS seit neuestem bei 1295 Mark. Der billigste 386er PC wird in Texas inzwischen - widersinnigerweise per Versandhauskatalog - für umgerechnet kaum mehr als 7000 Mark (ohne Mehrwertsteuer) feilgeboten, hierzulande für rund 10 000 Mark.

Seymour Merrin, einst als einer der erfolg- und einflußreichsten PC-Händler an der US-Ostküste eine wichtige Figur in der Branche, stellte diesen Tatsachen zum Trotz in seiner neuen Tätigkeit als Analyst bei der Gartner Group seinen Ex-Kollegen ein hervorragendes Geschäftsjahr 1987 in Aussicht. Stückzahlmäßig seien 30 Prozent Plus drin, nach Dollar allerdings nur 15 bis 18 Prozent. Aber Merrin selbst ist bereits ein Opfer von nicht eingetretenen Weissagungen über die Marktentwicklung. Er ging zu Gartner, weil er erkannt hatte, daß mit dem Verkauf von Personalcomputern kein Geld mehr zu verdienen sei.