Ergebnisse aus dem Telekommunikationslabor der Universität Bremen

PC-Faxkoppelung: Der kürzeste Versandweg für Dokumente

15.02.1991

Kein Dienst der Bundespost hat so schnell seine Verbreitung gefunden wie der Telefaxdienst. In knapp zehn Jahren wurden in der Bundesrepublik zirka 500 000 Telefaxteilnehmer gezählt, bis Ende des Jahres wird sich diese Zahl wohl auf zirka 800 000 bis 900 000 erhöhen. Nicht enthalten in dieser Zahl sind die vielen Fernost-Geräte ohne ZZF (Zulassung der Post), deren Anzahl noch einmal auf zirka 100 000 geschätzt wird.

Ursache für diesen Erfolg ist vor allem die leichte Bedienbarkeit der Faxgeräte sowie die Kostenersparnis. Statt ein Schriftstück als Brief zu versenden, was selbst bei Versand als Drucksache noch 0,60 Mark kostet, kann vor allem bei Ausnutzung der günstigen Nachttarife das Schreiben für 0,23 Mark verschickt werden. Und der letzte Vorteil ist wohl die Geschwindigkeit: Statt mehrerer Tage als Brief unterwegs zu sein, ist das Telefax bereits wenige Sekunden nach dem Absenden beim Empfänger.

In fast allen Betrieben werden Dokumente heute bereits mittels Computer erstellt. Einziges Manko der zentral aufgestellten Telefaxgeräte ist, daß die Vorlage noch erstellt werden muß und der Absender sich zum Gerät begeben muß, um sein Dokument zu versenden. Was liegt also näher, als den Versand der Dokumente direkt aus dem PC zu ermöglichen, statt diese erst auszudrucken und in das Faxgerät legen zu müssen, um sie zu versenden.

Die Lösung heißt PC-Faxkoppelung. Dabei kommen mehrere Möglichkeiten in Frage. 1. Über die V.24-Schnittstelle des PC wird das Faxgerät an den PC angeschlossen, mit der entsprechenden Software lassen sich dann Dokumente direkt verschicken.

Bei der V.24-Lösung handelt es sich um eine komfortable Lösung für den Einzelplatz. Wie bisher wird das Faxgerät für den Empfang und das Versenden von Dokumenten benutzt. Gleichzeitig kann mit der Software ein auf dem PC erstelltes Dokument direkt aus dem PC versendet werden. Zusätzlich lassen sich die Möglichkeiten des zeitversetzten Sendens nutzen. Neuere Geräte können die Formatierung von Dokumenten mitübertragen, genauso wie die Einbettung in vorhandene Software ermöglicht wird.

Im Gegensatz dazu erfordert der Einsatz einer PC-Faxkarte kein zusätzliches Faxgerät mehr. Durch den Einsatz einer PC-Faxkarte ist der PC in der Lage, Dokumente zu senden (und je nach Karte zu empfangen). Drucker wie auch Scanner sind nicht unbedingt nötig, allerdings eignet sich ein Drucker zum Ausdrucken von Telefaxen eher, da die Speicherung auf dem Rechner viel Platz benötigt. Der Einsatz von Scannern ist aber besonders in Klein- und Mittelbetrieben wegen der komplizierten Bedienung nicht unbedingt zu empfehlen.

Nahezu alle in den letzten Monaten auf dein Markt erschienenen PC-Faxkarten können aus entsprechenden Anwendungen heraus benutzt werden und sind in der Lage, Formatierungsmerkmale zu konvertieren - ein Punkt, der vor allem bei Textverarbeitungsprogrammen wichtig ist, schließlich soll eine kursiv geschriebene Zeile auch beim Empfänger kursiv ankommen. Es sollte aber darauf geachtet werden, daß die Karte nicht nur senden, sondern auch empfangen kann. Ebenso ist auf die Übertragungsgeschwindigkeit zu achten - besonders die preiswerten Karten senden oft nur mit 4800 Baud, was zu unnötig hohen Übertragungskosten führt.

Ein weiteres Einsatzgebiet von PC-Faxkarten ist die Benutzung von Faxservern. Hier handelt es sich um die Möglichkeit, in Computernetzen einen PC mit einer PC-Faxkarte auszustatten. Durch eine entsprechende Software ist jeder am Netz angeschlossene PC in der Lage, ein Telefax zu versenden. Dabei braucht der Absender sich nicht weiter um seinen Sendeauftrag zu kümmern. Er übergibt dem Faxserver das zu versendende Dokument und die Rufnummer des Empfängers: Der Faxserver kümmert sich dann um den Versand.

Ein weiterer wesentlicher Vorteil aller Konfigurationen besteht darin, die Adreßangaben im PC speichern zu können und diese dann beim Versenden hinzuzufügen. Verbunden damit ist auch die Möglichkeit, die Rufnummer nicht mehr eingeben zu müssen, sondern lediglich noch den Empfänger aus der Datei zu suchen und den Rest dem Programm zu überlassen. Zwar sind auch die Faxgeräte in der Lage, eine Anzahl von Rufnummern zu speichern. Die angebotenen Speicherkapazitäten von 30 bis 100 Rufnummern reichen aber nur in den wenigsten Fällen aus. Außerdem existiert die Möglichkeit, Rundsendungen zu verschicken - eine Option, die nur bei Faxgeräten der oberen Preisklasse zu finden ist. Das gleiche gilt für den zeitversetzten Versand von Telefaxen zu den günstigeren Nachttarifen.

Es gibt aber auch einige Nachteile, die nicht verschwiegen werden sollten. Vor allem die preiswerten PC-Faxkarten sind oft nicht in der Lage, mit 9600 Bit zu übertragen. Die Einsparungen beim Preis werden dann durch höhere Übertragungsgebühren wieder zunichte gemacht. Viele dieser Karten können Faxe zwar versenden, aber nicht empfangen.

Ein sehr weit verbreitetes Problem bei vielen Faxkarten ist der Speicherbedarf der Software. Viele Standardprogramme können nicht mehr benutzt werden, da die Faxsoftware den Hauptspeicher belegt. Ist dieses Problem gelöst, dann taucht ein zweites auf. Die im Hintergrund laufende Software unterbricht beim Empfang eines Faxes die Anwendung. Bei niedrigen Übertragungsraten kann der Empfang eines mehrseitigen Dokumentes den Rechner für längere Zeit stillegen.

Ein weiteres Manko besteht in der mangelnden Unterstützung von Standardsoftware. Viele preisgünstige Karten unterstützen lediglich das ASCII-Format und bieten die Möglichkeit, einen per Grafikprogramm erstellten Briefkopf und -fuß an den Text anzuhängen, so daß der eigentliche Text keine Formatierung enthält. Kaum eine Faxkarte unterstützt grafische Oberflächen wie Windows. Uns ist lediglich eine einzige Faxlösung bekannt, die unter Windows arbeitet.

Aber selbst wenn all diese Nachteile nicht vorhanden sind, tauchen noch Probleme auf. Dazu ein Beispiel aus Beratungsgesprächen des Telekommunikations-Labors: Ein Zusammenschluß mehrerer Betriebe innerhalb eines Hauses zu einer Bürogemeinschaft mit gemeinsamer Nutzung der Telefonanlage sowie eines PC-Netzes wollte Telefax nutzen. Dabei sollte analog, zur Abrechnung der Telefongebühren der Telefonnebenstelle eine Abrechnung der Telefaxgebühren erfolgen. Es stellte sich heraus, daß zur Zeit keine Faxkarte in der Lage ist, Gebührensignale auszuwerten und zuzuordnen. Als Lösung dieser Problem, wurde ein zentral stehendes Faxgerät aufgestellt. Den einzelnen Firmen wurden dabei über die Nebenstellenanlage Nummern zugeordnet, denen die Gebühr für die Faxverbindung zugerechnet wird. Zwar ist auch diese Lösung nicht als ideal zu betrachten, aber so konnte mit geringsten Aufwand eine Abrechnung der Telefaxgebühren erreicht werden.

Ein anderes Beratungsgespräch ergab, daß in einem mittelgroßen Betrieb Bremens Bestellungen bisher per Telex aufgegeben wurden. Da der Betrieb weltweit bestellt und auch sehr große Mengen an Bestellungen verschickte, wurde die Bestellung auf Fax umgestellt. Dabei entstand eine Kombination von Faxservern zum Senden der Telefaxe aus dem Arbeitsplatz-Rechner und einem zentralen Telefaxgerät zum Empfang von Telefaxen. Dabei mußten zwei organisatorische Klippen umschifft werden. Bisher wurden Bestellungen vor dem Versand von den Abteilungsleitern abgezeichnet. Durch den Versand aus dem PC heraus entfiel diese Kontrolle, genauso wie die Tatsache, daß nun in den Abteilungen keine Dokumente über die Bestellungen mehr vorhanden waren. Um diese Probleme zu lösen, wurde daher die Faxsoftware so geändert, daß bei jedem Versand eines Telefaxes ein Ausdruck auf einem lokalen Drucker erfolgt.

Ein ebenfalls nicht zu unterschätzendes Problem beim Einsatz einer reinen PC-Faxlösung ist insbesondere in Netzwerken die fehlende Möglichkeit, einkommende Telefaxe dem jeweiligen Arbeitsplatz zuordnen zu können. Für den jeweiligen Sachbearbeiter bedeutet dies, daß er in gewissen Zeitabständen nachschauen muß, ob für ihn ein Fax angekommen ist.

Welche Konfiguration ist für wen geeignet?

Worauf sollte also beim Kauf geachtet werden?

- Hat die Faxkarte eine Zulassung der Post? (ohne die ZZF-Zulassung gibt es keinen Eintrag in das amtliche Telefaxverzeichnis)

- Wie hoch ist der Anteil von Dokumenten, die nicht auf dem PC erstellt werden? Je mehr Dokumente handschriftlich ausgefertigt werden, desto weniger Sinn macht eine PC-Faxkarte.

- Hat das Programm eine automatische Wahlwiederholung?

- Kann ein Adreßverzeichnis angelegt werden?

- Läßt sich ein Dokument an mehrere Teilnehmer verschicken (rundsenden)?

- Kann ein Empfangs- und Sendejournal geführt werden?

- Mit welcher Geschwindigkeit wird übertragen? Die Karte sollte mit 9600 Baud übertragen können, sonst wird der Preisvorteil durch ein erhöhtes Gebührenaufkommen zunichte gemacht.

- Unterstützt die Faxsoftware den vorhandenen Drucker?

- Kann zeitversetzt übertragen werden (Gebühren sparen)?

- Gibt es Probleme mit anderen Programmen, wenn die Faxsoftware im Speicher geladen wird?

- Läßt sich das Programm zusammen mit der Maus bedienen?

- Kann die Software gescannte Vorlagen verarbeiten?

- Wieviel Speicher belegt die Software? Bei mehr als 100 bis 120 KByte gibt es fast immer Probleme mit der Anwendungssoftware.

- Ist die Software leicht bedienbar?

- Kann die Software in bestehende Umgebung (zum Beispiel Windows) integriert werden?

- Wird die bestehende Anwendungssoftware unterstützt, kann also auch die Formatierung übertragen werden?

- Läßt sich die gewählte Lösung problemlos in den bestehenden organisatorischen Rahmen integrieren?

Für viele Anwender stellt sich die Frage, welche Konfiguration denn nun für ihn geeignet ist. Die Tabelle auf Seite 46 listet auf, welche Konfiguration für welche Anwendung zweckmäßig sein könnte und was sie kostet. Wir haben auf die Angabe von Herstellerangaben verzichtet, und auch die Preisangaben können nur einen ungefähren Mittelwert bieten.

Der Einsatz von PC-Faxkarten ist immer dann empfehlenswert, wenn direkt aus einer PC-Anwendung heraus verschickt werden soll. Ebenfalls geeignet ist der Einsatz in Netzwerken. Die Option, die Dokumente am Arbeitsplatz zu erstellen und über das Netz zu versenden, schafft eine flexible Lösung. Da in den letzten Monaten auch die Unterstützung von Standardsoftware erheblich verbessert wurde, sollten Betriebe, die über den Einsatz von Telefaxlösungen entscheiden, zumindestens in Erwägung ziehen, eine Kombination aus einem Standardfaxgerät zum Empfang sowie einer Faxkarte für das Senden zu implementieren.

Ebenso überlegenswert ist der Einsatz von reinen Sendekarten in Laptops (zum Beispiel bei Außendienstmitarbeitern).

Für Klein- und Mittelbetriebe mit hohem Anteil handschriftlicher Vorlagen und Formulare, die mit Schreibmaschine ausgefüllt werden, kommt entweder ein Faxgerät mit V.24-Schnittstelle in Frage oder der Einsatz einer PC-Karte mit einem zusätzlichen Faxgerät. Von Scannern ist abzuraten. Erstens ist die Bedienung der Scannersoftware verhältnismäßig kompliziert, zweitens beansprucht das Einscannen der Vorlagen viel Zeit.