Versteckte Kosten machen DV-Managern das Leben schwer

PC-Aufrüstung kommt Firmen teuer zu stehen

10.07.1998

In der Branche gilt es mittlerweile als Allgemeinplatz: Intel und Microsoft funktionieren wie ein eingespieltes Tandem. Die Gates-Company bringt in regelmäßigen Abständen neue Betriebssystem- und Anwendungssoftware oder Upgrades auf den Markt, die vor allem eine Eigenschaft haben: Sie brauchen immer leistungsfähigere Hardware. Und Intel liefert prompt den jeweils neuesten, besten, schnellsten Prozessor zur Software.

Dieses Geschäftsmodell funktioniert seit Jahren. Es hat übrigens nicht nur das Wintel-Duo reich gemacht. Auch die Lieferanten von Computerperipherie wie Festplattenhersteller oder DRAM-Produzenten profitieren von den ständig steigenden Anforderungen an die Hardware-Ausstattung. Momentan liefern die PC-Hersteller Notebooks standardmäßig mit Massenspeichern aus, deren Kapazität vor 15 Jahren ausreichte, die komplette Datenhaltung eines mittelständischen Unternehmens zu sichern. Heute braucht man sie für ein bißchen Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und Terminplanung.

Für Unternehmen gehen die ständigen Aufrüstaktionen ordentlich ins Geld. Neue Betriebssysteme und Applikationen genauso wie aktuelle Büroautomatisierungs-Anwendungen oder auch die Jahr-2000-Problematik überfordern die Leistungsfähigkeit alter Hardware oft, schreiben die Gartner-Analysten.

Neue Rechner oder zumindest Upgrades müssen also her. Hier aber gelte: Die Migration beispielsweise von Windows 3.x auf Windows 95 ziehe zwar einen erheblichen Arbeitsaufwand sowie hohe Software- und Lizenzgebühren nach sich. Die dabei nötigen neuen Hardwarekomponenten seien aber noch teurer.

Die Marktforscher von Gartner kommen denn auch zu Überlegungen, deren Fazit nur auf den ersten Blick überraschend anmutet: Gegebenenfalls könnten neue Rechner alles in allem billiger kommen als Upgrades.

Daher sollten Firmen genau durchrechnen, welche Investitionen im Falle der Aufrüstung alter Systeme anfallen würden.

Neben dem Basispreis für die eigentlichen Komponenten sowie für die Arbeitszeit, um diese zu installieren, müßten DV-Manager bei Upgrades nämlich noch eine Reihe weiterer, verdeckter Kostenfaktoren berücksichtigen. Hierzu zählen die Gartner- Leute:

-Unklare Wartungsprofile und daraus erwachsende Kosten:

Die Instandhaltung und Pflege von Arbeitsplatzrechnern (Clients) wird häufig erschwert durch ungenügende Inventaraufzeichnungen über aufzurüstende Maschinen. Oft fehlt es an den nötigen Informationen über das Innenleben jedes einzelnen Rechners. Wichtig ist auch, ob für einen alternden Upgrade-Kandidaten noch Garantieverträge gelten und wenn ja, welche.

-Ausufernde administrative Komplexität:

Den Rechnerbestand so zu inventarisieren, wie es für eine gute Upgrade-Politik nötig ist, braucht viel Zeit. Zudem gilt es, die Kooperation mit Hardwarelieferanten zu pflegen. Ferner müssen die Garantiestände neuer und unterschiedlicher Systemkomponenten permanent kontrolliert werden. Bestellungen tragen ebenfalls erheblich zum Administrationsaufwand bei.

-Steigende Anforderungen an die Support-Mannschaften in Unternehmen:

Mit der Zahl neuer Komponenten in Computern wächst auch die Wahrscheinlichkeit von Inkompatibilitäten. Die machen sich bei in Rechnernetzen arbeitenden Clients ganz besonders negativ bemerkbar und bescheren den Wartungsmannschaften in Firmen zusätzliche Arbeit.

-Buchhalterische Betrachtung:

Hardware-Aufrüstungen sollen und können zwar die Leistung der Maschine verbessern. Betriebswirtschaftlich läßt sich aber keine analoge Rechnung aufmachen: Der Restwert aufgepeppter Altsysteme steigt nämlich wenig oder gar nicht. Vier Jahre alte PCs können eigentlich nur mehr als Ersatzteillager herhalten.

-Fragliche Leistungszuwächse:

Wer glaubt, mit nachträglichen Technologieinfusionen Altgeräte in ungeahnte Leistungsdimensionen katapultieren zu können, sollte vorsichtig sein. Auch aufgemotzte Clients können für die Anforderungen heutiger Software schlecht gerüstet sein. Die Gartner-Analysten schreiben zu Recht, Engpässe in einem System verlagerten sich durch Upgrades oft nur von einer auf eine andere Komponente.

-Anpassungsschwierigkeiten an neue Technologien:

Aufgerüstete Systeme mögen vielleicht ein bestimmtes Problem lösen. So kann beispielsweise ein größerer Arbeitsspeicher mehr Programme gleichzeitig fassen. Solch ein Client unterstützt deshalb trotzdem keine neuen Technologieentwicklungen, die aber sehr nützlich sein können. Zu denken wäre etwa an das Desktop Management Interface (DMI). Bedient ein Altrechner diese Spezifikation nicht, kann dessen Verwaltung im Netz sogar erschwert werden. Weitere nennenswerte Neuerungen sind der Universal Serial Bus (USB) oder die ebenfalls von Intel stammende Komplementärtechnologie des Bus-Subsystems Accelerated Graphics Port (AGP), die die Leistungsfähigkeit eines Gesamtsystems anheben soll.

Unternehmen, rät die Gartner Group, sollten sich all dieser zusätzlichen Kostenfaktoren bewußt sein, wenn sie aufrüsten wollen. Am weitesten verbreitet und am wenigsten problematisch dürfte noch die Aufrüstung des Arbeitsspeichers von Clients sein. Nicht nur ist sie einfach auszuführen, sie kann als Heilmittel für leistungsschwach gewordene PCs in einigen Fällen auch durchaus Wirkung entfalten.

Prinzipiell sollten Firmen jedoch nicht wegen kurzfristiger Kostenvorteile eine ökonomische Langzeitstrategie aus den Augen verlieren. Solch ein Fehler komme ihnen letztlich teurer zu stehen.

Die Experten empfehlen deshalb unter anderem: Wer heute noch PCs mit 386-, 486- oder alten Pentium-Prozessoren im Einsatz hat und konzernweit beispielsweise auf 32-Bit-Betriebssysteme wie Windows NT umzusteigen plant, der sollte diese Clients nicht weiter hochrüsten, sondern gegen Rechner austauschen, die auf dem neuesten Stand der Technologie sind. Gegebenenfalls können Altmaschinen im sogenannten Kaskadierungsverfahren an Anwender weitergegeben werden, für deren Tätigkeit keine anspruchsvollen Rechner benötigt werden.