Bitkom: Schlimmste Befürchtungen werden wahr

PC-Abgabenschlacht geht in die nächste Runde

05.01.2001
MÜNCHEN (CW) - Die Verwertungsgesellschaften (VG) Wort und Bild-Kunst haben ab sofort eine Vergütungspauschale von 30 Euro pro verkauften PC gefordert. Da die Gerätehersteller das Geld abführen sollen, läuft der Bundesverband Bitkom gegen die Pläne Sturm.

"Hiermit werden unsere schlimmsten Befürchtungen wahr", so Bitkom-Vize Menno Harms in einem Statement zur geplanten Pauschalabgabe, die theoretisch seit Anfang Januar erhoben werden soll. Insgesamt, so die Lobbygruppe, erreicht die Gebühr bei einzelnen Geräten eine Höhe von bis zu 25 Prozent des Verkaufspreises, bei PCs der niedrigsten Leistungsklasse einschließlich Peripherie muss mit etwa 180 Mark Mehrkosten gerechnet werden. Die Last tragen laut Bitkom-Verband die Endverbraucher und rund 10000 Einzelhändler insbesondere in grenznahen Regionen - es seien dadurch "mehrere zehntausend Arbeitsplätze bedroht". Schließlich, so die simple Rechnung, würden die Endkunden ihre Desktops dann bevorzugt bei Händlern im angrenzenden Ausland kaufen.

30 Euro Pauschalgebühr für jeden neuen PC?Der Grund für die heftige Bitkom-Reaktion lag in einer Ankündigung der VG Wort (Autoren) und der VG Bild-Kunst (Künstler), ab Beginn des Jahres eine Pauschalabgabe in Höhe von insgesamt 30 Euro für jeden verkauften PC einzufordern. Dem vorausgegangen waren monatelange Diskussionen um Form und Höhe, in der die Urheberrechte der Autoren und Künstler abgegolten werden sollten. Sowohl die Verwertungsgesellschaften als auch die Industrie waren nicht bereit gewesen, von ihren Positionen abzurücken. Zusätzlich zu den 30 Euro wird erwartet, dass die Gema Pauschalgebühren für Musik einfordern wird, über deren Höhe noch nicht entschieden ist.

Die VGs wollen eigenen Angaben zufolge mit ihrer Initiative auf die "zunehmende Verbreitung digitaler Vervielfältigungs- und Speichersysteme" reagieren. In Verbindung mit Peripheriegeräten stellten PCs die moderne Alternative zu Kopierern, Kassettendecks und Videorekordern dar, auf die bereits seit Jahren eine Abgabe bezahlt wird. Diese beträgt gegenwärtig für Videorekorder 18 Mark sowie für Datenspeicher zwölf bis 17 Pfennig pro Stunde Aufzeichnungszeit. Erst im vergangenen November hatte sich die Industrie geeinigt, eine Vergütung von zwölf Mark pro CD-Brenner zu bezahlen. Damit sind jedoch nur die Urheberrechtsansprüche für Audio und Video abgedeckt, Text- und Bildwerke wurden bislang noch nicht entsprechend berücksichtigt.

Für den Bitkom ist die Pauschalvergütung jedoch nicht mehr zeitgemäß. Gerade die neuen Technologien - beispielsweise digitale Wasserzeichen - böten zusätzliche Möglichkeiten zum Schutz vor Urheberrechtsverletzungen. Folgt man dieser Argumentation, würde es auf die individuelle Vergütung von Urheberrechtsansprüchen hinauslaufen. Die Hauptforderung des Verbandes zielt auf eine Projektgruppe aus Politik und Wirtschaft, die Empfehlungen erarbeiten soll, wie das Urheberrecht an die "Gegebenheiten der digitalen Welt" angepasst werden kann. Allerdings ist nach dem Vorstoß der Verwertungsgesellschaften noch nichts entschieden: Beobachter wie Reinhard Meyer, Direktor der VG Bild-Kunst, gehen davon aus, dass es zu einem Schiedsverfahren oder zu einer Gerichtsentscheidung kommen wird.