Dürftiger on-Premise-Support

Partner hadern mit Microsofts Cloud-Plänen

07.02.2014
Von 
Regina Böckle durchforstet den Markt nach Themen, die für Systemhäuser und Service Provider relevant sind - oder es werden könnten - und entwickelt dazu passende Event-Formate.
Microsoft investiert mehrere Millionen Euro, um mehr Partner auf Cloud-Kurs zu bringen. Zahlreiche Reseller sind auf den Zug aufgesprungen, doch ein großer Teil hadert - nicht mit der Cloud, sondern mit Microsofts Strategie
Foto: Microsoft

Microsoft holt erneut aus: Einen zweistelligen Millionenbetrag will das Unternehmen in den kommenden sechs Monaten investieren, um Partnern den Einstieg in das Cloud-Geschäft zu erleichtern. "Das Cloud Business ist und bleibt für uns ein Partner Business", betonte Bernd Stopper, Direktor Partner Business & Development bei Microsoft Deutschland.

Zwar vermarktet Microsoft die Office 365-Angebote auch direkt. Partnern nehme man damit aber kein Geschäft weg, betont Wolfgang Brehm, Direktor Mittelstand, Distribution und Fachhandel bei Microsoft Deutschland: "Das Direktgeschäft zielt auf kleine Kunden, die typischerweise keine Partner und deren Leistung in Anspruch nehmen und diese auch nicht bezahlen könnten. Derzeit haben wir hier einen Durchschnitt von vier Lizenzen pro Kunde. Wir nehmen unseren Partnern kein Geschäft weg." Genaue Zahlen zum Anteil des Direktgeschäfts im Office-365-Segement gibt der Hersteller nicht bekannt.

Workshops und Partnerprogramme sollen den Weg in die Cloud ebnen

Bernd Stopperl, Microsoft: Partner müssen ihre Geschäftsmodell der Cloud anpassen.
Bernd Stopperl, Microsoft: Partner müssen ihre Geschäftsmodell der Cloud anpassen.
Foto: Microsoft

Die angekündigten Investitionen sollen vornehmlich in ein neues Programm namens "SureStep" fließen, dass Startups und bestehenden Partnern den Einstieg ins Office-365-Business versüßen soll. Zudem will man die Partnerprogramme für das Cloud-Portfolio erweitern und die Strategie für Social, Mobile und Big Data soll besser vermitteln.

Technologisch sind nach Ansicht Stoppers viele Partner bereits fit für die Cloud. Probleme bereite eher der Umbau des Geschäftsmodells. Beispielsweise hake es in der Anpassung der Provisionsregelungen für Vertriebsmitarbeiter und der Gestaltung von Webshops sowie bei der Datensicherheit und dem Datenschutz.

Microsoft bietet deshalb ergänzend zu den Trainingsprogrammen auch Workshops an, in denen Partner mit Hilfe eines externen Beraters all diese Detail-Aspekte klären können, die für die Transformation ihres Geschäftsmodells wichtig sind.

Partner bleiben misstrauisch

Fraglich ist, ob das reicht, um die seit längerem spürbare Unruhe im Channel zu glätten. Trotz aller Beteuerungen begegnen viele Partner den Cloud-Plänen des Herstellers mit Misstrauen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Microsoft seine Vertriebspartner in jüngster Zeit kräftig aufgemischt hat. Vergleichsweise schnell und nach Ansicht vieler Partner viel zu radikal drehte der Software-Tanker auf Cloud-Kurs. Preise, Lizenz- und Vertriebsmodelle für das Flaggschiff, Office 365, wurden mehrfach neu justiert.

Viele bangen um das Geschäft mit klassischen On-Premise-Produkten rund um Virtualisierung, Software-Infrastruktur und Betriebssystemen. Das ist für die Partner enorm wichtig, in der Kommunikation und beim Support betont Microsoft geraten die klassischen Geschäftssegmente aber massiv ins Hintertreffen, monieren die Partner.

Für Systemhäuser, die ihr Kerngeschäft seit Jahren erfolgreich mit Microsofts Infrastrukturprodukten bestreiten, erweist sich diese Gemengelage als riskant. Zum einen, weil sie derzeit in diesem Segment keine klare Strategie erkennen. Zum anderen, weil sie trotz gegenteiliger Bekundungen fürchten, Microsoft könnte langfristig die Cloud-Produkte direkt verkaufen. Die Sorge ist nachvollziehbar, weil standardisierte Produkte weder individueller Beratung noch Anpassungen benötigen.

Das ist auch der Grund, weshalb Partner auf jede Veränderung der Preis- und Vergütungsmodelle hoch empfindlich reagieren. Dass Microsoft die für den Channel äußerst interessante SPLA-Variante (Server Provider Licence Agreement) seltener erwähnt als das Office 365-Modell, schürt die Bedenken. SPLA-Partner haben nicht nur die Möglichkeit, das Cloud-Angebot von Microsoft individuell anzupassen und eigene Services mit einzubringen, sondern behalten auch die Kundenhoheit. Das Modell setzt voraus, dass der Partner selbst hostet oder die Hosting-Leistungen bei einem Rechenzentrumsbetreiber anmietet. Vermarkten kann er alle Produkte, die auch in Office 365 stecken - allerdings nicht unter diesem Namen.

Bei manchen Microsoft-Partnern erweckt das Schweigen über SPLA den Eindruck, Microsoft schließe das Modell von der Cloud-Strategie aus. "Die beginnt erst bei Office 365, also wenn ausschließlich Microsoft die Bereitstellung und damit auch die Kundenbeziehung kontrolliert. Im Grunde gelten bei Microsoft nur noch Azure, Office 365 und deren Add Ons als Cloud", wie es ein Systemhauspartner formuliert.

Es ist nicht nur Misstrauen gegenüber der Channel-Treue, das die Partner umtreibt. Es ist vor allem auch die Frage, welche Art Geschäftsmodell die Cloud-Strategie des Herstellers impliziert. Und das sieht nach Ansicht vieler Systemhäuser so aus: Erst wenn der Partner zum reinen Cloud-Makler geworden ist, der ausschließlich volumenstarke Standard-Dienste verkauft, gilt er in Augen von Microsoft als echter Cloud-Partner. "So funktioniert aber das Geschäft nicht", kritisiert ein Partner. "Für ein Systemhaus wird es auch künftig entscheidend sein, dem Kunden die ganze Bandbreite anzubieten: klassische Dienstleistungen und Cloud Services."

Geschäft mit Infrastrukturprodukten wird vernachlässigt

Hinzu kommen lokale Befindlichkeiten: Die Nachfrage nach traditionellen On-Premise-Produkten, insbesondere im Bereich Infrastruktur wie SystemCenter, sei in Deutschland ungebrochen hoch, gleiches gelte generell für das gesamte UCC-Portfolio (Unified Communication and Collaboration). Noch immer suchten außerdem viele ihrer Kunden, die beispielsweise Teile ihre Office-Anwendungen nicht in die Cloud verlagern wollten, nach einer kostengünstigen Alternative für den Small Business Server (SBS). Doch diese Themen spiele in der Kommunikation von Microsoft kaum eine Rolle.

Zudem hake es beim Support rund um die Infrastruktur-Produkte. "Alles wirklich gute Lösungen, aber immer wieder tauchen massive Probleme bei der Integration auf, weil bei den Upgrades und Service-Packs plötzlich wichtige Funktionen der Vorgängerversion fehlen - oder vergesse wurden", ist immer wieder von Partnern zu hören. Die wenigen Support-Tickets, die im Rahmen des Partnerprogramms zur Verfügung stehen, seien damit schnell aufgebraucht. Und dann beginne die Odyssee durch die Hotlines. Die Cloud habe Microsoft den Blick verschleiert für die Gegebenheiten des deutschen Marktes, monieren die Kritiker, alles drehe sich nur um Office 365 und Azure.

Dass die Cloud künftig eine wichtige Rolle spielen werde, bestreitet dabei keiner der Partner, im Gegenteil. Wie Microsoft sind sie überzeugt, dass Kunden hybride Szenarien, also einen Mix aus hausintern betriebener und aus der Cloud bezogener IT-Ressourcen, einsetzen werden. Sie stört, dass Microsoft die zweite Komponente dieses Mixes vernachlässigt und gleichzeitig in überstürztem Tempo neue, nicht ausreichend getestete Produkt-Releases oder Versionen auf den Markt bringt. (jha)