Parallelen zwischen EDV-Budget und Konjunkturlage?

17.01.1975

CW fragte: "Spüren Sie konjunkturelle Schwankungen an Ihrem EDV-Budget 1975 oder am Verhalten des Managements?"

Der EDV-Branche geht's angeblich schlecht. Diesen Trend beschrieb DER SPIEGEL in der Ausgabe Nr. 1/2 vom 6. Januar 1975 mit dem Thema "Magere Margen:" "Viele Firmen haben bei flauer Beschäftigung und mageren Margen zunächst einmal ihr EDV-Programm gekürzt." Ähnliches hört man auch von Diebold: "Mit den Computeraktien ist nichts mehr los." Optimistisches von Honeywell Bull wie "Das Wachstum Ist uns treu geblieben" hat sich nicht bewahrheitet. Die HB-Wachstumsprognose für 1975 Ist laut Spiegel-Recherchen von 15 auf null Prozent zusammengeschrumpft. Auch der Computerriese IBM mußte gestehen: "Die Planzahlen für dieses und das nächste Jahr bleiben aufgrund der unsicheren Wirtschaftslage unerreichbar."

Teuere Mammut-Systeme finden derzeit kaum noch Abnehmer. Für deutsche Computer-Hersteller beobachtete der Zentralverband der Elektrotechnischen Industrie (ZVEI) bereits für das dritte Quartal 74 einen Rückgang der Bestellungen um fast 14 Prozent. Auf dem deutschen Hardware-Markt (etwa sechs Milliarden Mark Umsatz) macht sich Ernüchterung breit: Atemberaubende Rechenzelten und schönes Computerdesign lassen sich laut Spiegel und Umsatz-Astrologen nicht mehr verkaufen.

COMPUTERWOCHE befragte EDV-Anwender nach den Auswirkungen konjunktureller Schwankungen auf das Budget und nach eventuellen konjunkturgerechten Maßnahmen seitens des Top-Managements.

Befragt wurden diesmal weit über 30 EDV-Chefs. Bei keinem "Thema der Woche" stieß die Redaktion jedoch auf so viele Absagen. Dabei waren In der Regel die EDV-Leute bereit, Ihre Sorgen zu klagen, das - Top-Management aber gebot In letzter Minute Funkstille. Vier Anwender nahmen Stellung.

Miklos K. Hoffmann, Leiter der Zentralen Organisation und Datenverarbeitung, Zentralverwaltung der Delden-Gruppe, Gronau/Westfalen Textilindustrie

Bei unseren Anwendungen auf der 370/135 handelt es sich nicht um komplexe Lösungen a la Datenbank und Informationssysteme. Vielmehr laufen auf den Anlagen ganz normale Brot- und Butter-Anwendungen und die Dinge, die "Muß" sind. Weil hier die EDV eindeutig für Aufgaben eingesetzt wird, die nachweisbare Rationalisierungserfolge bringen werden, haben wir vom Management auch keine Stops erhalten. Die Wirtschaftslage zwingt eher zu solchen EDV-Verfahren. Warum auch sollten wir die laufenden Projekte wie etwa Auftragsabwicklung oder Rationalisierung der Datenerfassung stoppen. Das wäre sicherlich Sparen am falschen Platz.

Allerdings, wenn es sich bei unseren Projekten nicht um Vorhaben handelte, bei denen sich der Nutzen in Mark und Pfennig darstellen läßt,- wenn wir also TP- und DB- Dinge jetzt vorhätten, die ebenso gut auch später gelöst werden könnten, dann glaube ich schon, hätte unser Management diese Budgetvorschläge abgelehnt hätte.

Hermann Engstler, Leiter des Rechenzentrums der Firma Werner Schulze, Kiel, Lebensmittel-Filialunternehmen

Am Budget für 1975 spüren wir bis jetzt noch keinerlei konjunkturelle Schwankungen, - am Verhalten des Managements um so mehr: Das Management arbeitet mehr als früher mit seinem EDV-Zahlenwerk. Es wird mehr als bisher auf genaue Termin-Einhaltung der Auswertungslisten geachtet. Die Bearbeitungszeiten sollen möglichst verkürzt werden, um früher als bisher die Informationen bereitstellen zu können.

Mit Schnellschüssen sollen zusätzliche Erläuterungsinformationen aus den bisherigen Daten erstellt werden. Wie auch schon in der Vergangenheit in regelmäßigen Abstanden soll der Gesamt-Papieroutput auf Notwendigkeit, auf Häufigkeit und auf richtigen Verteiler überprüft werden.

Die Möglichkeit der Rationalisierung mittels EDV erhält eine höhere Priorität. Der Mittelfristplan für neue EDV-Anwendungen soll gestrafft werden, alle Möglichkeiten, mit vernünftigen Kosten eine schnellere Realisation zu erreichen, sollen überprüft werden. Der Drei-Jahres-Plan soll in weniger als zwei Jahren abgewickelt werden.

In einem besonderen Arbeitskreis sollen über den bisherigen Plan hinaus neue Anwendungsmöglichkeiten gesucht werden.

Alexander Ritter, EDV-Organisator der Gisela-Versicherung, München

Wie in den meisten Unternehmen, werden auch bei uns - einer Lebensversicherungsgesellschaft - die einzelnen Budgets jährlich im voraus festgelegt. Das Budget für den Bereich "EDV" zum Beispiel setzt sich in der Hauptsache aus den Kosten der laufenden maschinellen Verwaltung und aus den Beträgen für die Realisierung von EDV-Projekten zusammen. Auf die laufenden Verwaltungskosten wird die jeweilige Marktlage wohl keinen spürbaren Einfluß nehmen. Vielleicht wird das Management jedoch in "schlechteren Zeiten" vor größeren Umstellungen auf EDV zurückschrecken. Bekanntlicherweise ist ja gerade die Umstellung selbst unverhältnismäßig teuer, während der Rationalisierungseffekt erst viel später voll zum Tragen kommt. Andererseits ist aber das Management gezwungen, aus Konkurrenzgründen so kostengünstig wie möglich zu verwalten und damit auch den Einsatz der EDV zu erweitern.

Die Vergangenheit hat gezeigt, daß speziell in Zeiten mit konjunktureller Baisse der Versicherungsgedanke bei der Bevölkerung starken Anklang findet und die Bestände der Versicherungsunternehmen besonders zunehmen.

Fazit: Unabhängig von Konjunkturrückgängen wird ein Lebensversicherungs-Unternehmen wachsen. Die EDV - als eines der Hauptinstrumente für die Verwaltung - wird demzufolge in immer größerem Umfang am Gesamtetat partizipieren.

Franz X. Axtner, Leiter der zentralen Organisation der Rechenzentrale Bayerischer Genossenschaften eGmbH, München

Das bayerische Genossenschaftswesen, das durch die Rechenzentrale Bayerischer Genossenschaften datenverarbeitungsmäßig betreut wird, erlitt trotz heftiger konjunktureller und wirtschaftlicher Schwankungen keinen Einbruch. Unter den allseits bekannten erschwerten Bedingungen wurde immer noch ein gewisses Wachstum erreicht. Diese Tatsache sehen wir, als zuständiges Service-Zentrum für diesen Bereich zugleich als Auftrag und Verpflichtung, in der bisher praktizierten Art auf allen Ebenen weiter zu entwickeln, damit für alle Beteiligten der erreichte Rationalisierungsstand erhalten und darüber hinaus das Erreichte ständig verbessert werden kann.

Streichungen am Budget für Entwicklungen wurden von der Geschäftsleitung für das Jahr 1975 nicht vorgenommen. Alle Aufgaben werden innerhalb des vorgesehenen Rahmens der kurz-, mittel- und langfristigen Planung durchgeführt.

Die Devise für die Zukunft sieht so aus, daß die Weichen weiterhin nach der erfolgreichen Art gestellt bleiben.