Eigene Position als Marktführer soll, wo immer möglich, ausgebaut werden

Palmisano sieht Anzeichen für eine Markterholung

23.05.2003
MÜNCHEN (CW) - Die IT-Industrie steht nach Ansicht von IBM-CEO Samuel Palmisano vor wieder besseren Zeiten. Zumindest mittelfristig werde, wie der IBM-Frontmann vor Analysten erklärte, die Nachfrage in gewohnter Weise anziehen.

Zwar wollte Palmisano vergangene Woche auf dem traditionellen Frühjahrsmeeting seiner Company mit Analysten in Boston noch nicht das Ende der Branchenkrise ausrufen, doch die Situation habe sich, so der IBM-Chef, im Vergleich zum Vorjahr schon deutlich verbessert. Wenn sich jetzt die weltpolitische Situation wieder stabilisiere und die Nachfrage anziehe, habe die IT-Industrie "alle Chancen", mittelfristig zu soliden Wachstumsraten zurückzukehren. Dabei dürfte sich auch das lange Zeit gewohnte Verhältnis der IT-Branche zur allgemeinen konjunkturellen Entwicklung wieder einstellen. Will heißen: Das Wachstum in der IT wird in der Regel wieder doppelt so groß sein wie beim Rest der Volkswirtschaft(en) und sich bei deutlich über fünf Prozent einpendeln.

Mit seinen Äußerungen sorgte der IBM-Chef umgehend für das erwartete "Aha"-Erlebnis an der Börse. Alle wichtigen Technologietitel zogen vorübergehend deutlich an. Palmisano zeichnete jedoch in seinen weiteren Ausführungen ein durchaus differenziertes Bild. Die Zeiten, in denen einzelne Innovationen für "extreme Wachstumsimpulse" sorgten, seien vorbei. Die IT-Branche werde wieder zu einer Schlüsselindustrie, "aber nicht, weil sie technologiegetrieben wie in der Vergangenheit agiert, sondern weil sie ihren Kunden bei der Produktivitätssteigerung behilflich ist".

Wie nicht anders zu erwarten, sang Palmisano diesbezüglich das Hohelied auf einen integrierten IT-Lösungsansatz und damit indirekt auch auf das On-Demand-Computing-Konzept seiner Company. Bis 2005 werde weltweit ein Drittel des operativen Gewinns der IT-Industrie aus Beratungsumsätzen beziehungsweise Business-Outsourcing-Projekten resultieren, prognostizierte der IBM-Chef. Zum Vergleich: Im Jahr 2000 waren es knapp über 20 Prozent. Bezogen auf die eigene Bilanz bedeute dies umgekehrt, dass man im gleichen Zeitraum mit einem Rückgang der operativen Gewinnmarge im traditionellen Server- und PC-Geschäft von derzeit 19 auf zehn Prozent rechne, führte Palmisano aus.

Für den Wandel gut gerüstet

Der Armonker Konzern sieht sich für diesen Wandel gut gerüstet. So sei mit dem Kauf der Consulting-Sparte von Price-Waterhouse Coopers (PWCC) auf den steigenden Beratungsbedarf reagiert worden, auch die Übernahme von Geschäftsprozessen im Kundenauftrag könne IBM nun "besser als zuvor" stemmen. Aufgrund der sinkenden Nachfrage nach Hardware habe man sich unter anderem vom Festplattengeschäft verabschiedet, erklärte Palmisano. Die PC-Sparte sei jedoch aus Sicht großer Kunden nach wie vor wichtig.

Last, but not least nutzte der IBM-Chef die eigene Standortbestimmung auch für mehr oder weniger unverblümte Kampfansagen an die Konkurrenz. So kündigte er unter anderem an, im kommenden Jahr EMC als führenden Speicheranbieter ablösen zu wollen. Auch HP wolle man die Spitzenposition im Servermarkt möglichst schnell wieder streitig machen. Bezogen auf Microsoft legte Palmisano den Finger vor allem in die "Open-Source-Wunde" der Gates-Company: Wenn man sich überlege, in welchem Ausmaß die Unternehmensvorstände am Thema Linux interessiert seien, sehe man, "wie sich die Welt verändert hat". (mb/gh)