Konkurrenz auf der Überholspur

Palm-Splitting: Aus eins mach zwei?

22.06.2001
MÜNCHEN (CW) - PDA-Hersteller Palm zieht die Trennung von Hard- und Softwaregeschäft in Erwägung. Gleichzeitig beteuerte CEO Carl Yankowski, sein Unternehmen verfüge - entgegen Mutmaßungen von Analysten - über jede Menge Barreserven und werde rasch zur Profitabilität zurückkehren. Bis dahin könnte Rivale Compaq dem angeschlagenen Marktführer allerdings den ersten Rang ablaufen.

Die Idee, das von Absatzkrisen schwer gebeutelte Unternehmen entlang der beiden Hauptgeschäftsbereiche Hard- und Software neu zu organisieren, scheint allmählich Konturen anzunehmen. So stellte Palm-Chef Yankowski vergangene Woche anlässlich einer Bear-Stearns-Analystenkonferenz in New York zum zweiten Mal innerhalb von sechs Monaten die Teilung seines Unternehmens in zwei unabhängig voneinander agierende Divisions in Aussicht. Während das Hardwaregeschäft mit geschätzten 90 Prozent noch den Löwenanteil des Palm-Umsatzes ausmacht, verfügt das Unternehmen - neben einigen kleineren Handheld-Herstellern - mit Handspring und Sony derzeit nur über zwei große OS-Lizenznehmer, die PDAs auf Basis des Palm-Betriebssystems produzieren. Ziel des Unternehmens ist es, den Anteil des Softwaregeschäfts auf bis zu 40 Prozent auszubauen.

Ferner beteuerte Yankowski, Palm arbeite am Abbau seiner Lagerbestände in den USA und werde zum Jahresende seine komplette Produktlinie erneuert haben. Gleichzeitig wolle man die operative Effizienz steigern und vor allem im Wireless-Bereich aggressiv neue Produkte vermarkten.

Erst im vergangenen Monat hatte der Handheld-Marktführer seine ursprünglichen Umsatzprognosen halbieren und im laufenden Quartal 300 Millionen Dollar Inventar als Verlust abschreiben müssen. In die finanzielle Schräglage war das Unternehmen nicht nur aufgrund der schwächelnden US-Konjunktur geraten. Mitverantwortlich für die Absatzkrise waren Lieferverzögerungen bei den beiden Palm-V-Nachfolgern "m500" und "m505", die erstmals über einen Erweiterungssteckplatz verfügen, und hohe Lagerbestände infolge der verhaltenen Verbrauchernachfrage sowie des anstehenden Modellwechsels vom Palm V zum Nachfolger in den USA. Um die Kosten in den Griff zu bekommen, hatte der Hersteller nach dem Abbau von 300 Arbeitsplätzen im vergangenen Monat weitere Stellenstreichungen für das erste Quartal des Geschäftsjahres 2001/02 angekündigt. Angesichts dieser Sparmaßnahmen wurde in Analystenkreisen gemunkelt, Palm könnte zum Jahresende das Geld ausgehen, so dass es sich zum potenziellen Übernahmekandidaten entwickle. "Wir haben keine derartigen Offerten erhalten", versicherte Yankowski gegenüber der US-Presse.

Nach Ansicht von Branchenexperten könnte sich der PDA-Hersteller durch die Trennung der beiden Geschäftsbereiche - unbehelligt von Tiefschlägen im Hardwaregeschäft - auf die Erhaltung seiner Führungsposition im Markt für Handheld-Software konzentrieren. Gleichzeitig würde die Zweiteilung des Unternehmens die bestehenden Interessenkonflikte des Unternehmens lösen, das die eigene Hardwarekonkurrenz derzeit mit Software versorgt. Laut Palm-Sprecherin Marlene Somsak ist das Splitting allerdings noch keine beschlossene Sache, sondern lediglich "eine von vielen Optionen", die zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch wenig sinnvoll sei.

Bis es so weit ist, könnte es für den derzeitigen Marktführer allerdings eng werden: Nach den jüngsten Gartner-Prognosen wird der Handheld-Hersteller in Sachen Stückzahlen zwar weiterhin die Nase vorn haben. Was den Umsatz betrifft, befindet sich Rivale Compaq mit Einnahmen von mehr als 200 Millionen Dollar für das laufende Quartal nach Einschätzung der Auguren allerdings auf der Überholspur.

Im Vergleich dazu soll der über den Geräteverkauf erzielte Umsatz von Palm für das vierte Fiskalquartal (Ende: 1. Juni) lediglich zwischen 130 und 135 Millionen Dollar liegen. Allerdings räumt Gartner dem Handheld-Pionier Palm gute Chancen ein, seine Marktführerposition im zweiten Halbjahr mit der Einführung eines Palm-7x-Nachfolgemodells zurückzuerobern.