500000 Anschlüsse bis Ende des Jahres

Overlay-Netz im Osten sorgt für entspannte TK-Situation

12.07.1991

BONN (pg) - Nach monatelanger heftiger Kritik in der Öffentlichkeit kann die Telekom jetzt endlich Lob ernten. Das Post-Unternehmen nahm vergangene Woche in den neuen Bundesländern ein digitales Overlay-Netz in Betrieb, das laut Telekom die "Beseitigung der bestehenden Engpässe in der Telekommunikation" bedeutet.

Ob das Netz die angekündigte Beseitigung der Engpässe bringen wird, bleibt abzuwarten. Dieter Gallist, Vorstand Marketing und Vertrieb der Telekom, relativierte auf einer Pressekonferenz denn auch die ursprüngliche Aussage und sprach nur noch von einer "drastischen Reduzierung.

Mit der Fertigstellung des auf modernster Technik basierenden Overlay-Netzes gingen in den östlichen Bundesländern acht digitale Haupt- und vier digitale Knotenvermittlungsstellen ans Netz. Im einzelnen heißt das: Die Zahl der Leitungen zwischen den alten und neuen Ländern steigt um 26 000 auf insgesamt 34 000, vor der Wende gab es lediglich 1460 Verbindungen. 11 000 Leitungen kommen zur TK-Infrastruktur auf dem Gebiet der ehemaligen DDR hinzu. 50000 Verbindungen dienen der Verknüpfung des analogen Netzes in den neuen Bundesländern mit dem Overlay-Netz und 28000 der Anbindung von Turn-key-Projekten an das Fernnetz.

Etappensieg mit Hilfe von Turn-key-Projekten

Stichwort Turn-key-Projekte: Der Vorstandsvorsitzende der Telekom, Helmut Ricke, lobte im Zusammenhang mit der Inbetriebnahme des Overlay-Netzes auch die Industrie und mittelständische Unternehmen, ohne deren Leistung "dieser entscheidende Etappensieg" nicht zu realisieren gewesen wäre. Die Mehrkosten der Turn-key-Projekte gegenüber dem Regelbetrieb der Telekom schätzt Ricke auf 20 Prozent.

Der Telekom-Chef nutzte die Pressekonferenz allerdings auch dazu, erneut eine Lanze für das Monopol seines Unternehmens zu brechen. Nach Ansicht Rikkes hätten Aktivitäten verschiedener privater Betreiber mit unterschiedlichen Lieferanten beziehungsweise Vermittlungs- und Übertragungstechniken wegen der notwendigen Kompatibilität zum bestehenden Netz nur erhebliche Probleme verursacht und das gebotene rasche Handeln verhindert.

Bis zum Jahresende werden laut Gerd Tenzer, Vorstandsmitglied der Telekom, insgesamt 500 000 neue Teilnehmer an das Overlay-Netz angeschlossen. Dann sei "eine moderne Netzstruktur geschaffen, die alle Optionen für die Zukunft offen hält". Als Grundlage für das neue Netz wurden in 13 Betriebsstellen im Bereich Vermittlungstechnik 250 000 Leitungsanschlüsse für digitale Fernleitungen installiert und im Bereich Linientechnik 40 000 Kilometer Glasfaser verlegt.

"Die Situation hat sich für den Anwender ganz deutlich verbessert", meint jedenfalls Hans-Joachim Vallery, Vorstand des Verbands Deutscher Telekom-Anwender e.V. Von einer Normalität zu sprechen sei jedoch - mit Ausnahme weniger Gebiete - falsch. Dennoch, so Vallery, habe die Telekom in den letzten neun Monaten Bemerkenswertes geleistet.