Outsourcing: Was ist das beste Preismodell?

16.01.2013
Werden IT-Dienste unscharf kalkuliert, drohen Wertverluste für den Dienstleister, für den Kunden oder gar für beide.

There`s no such thing as a free lunch", lautet ein Zitat des Wirtschaftswissenschaftlers Milton Friedman. Am Ende zahlt der Kunde die Zeche, denn ein Dienstleister strebt wie jedes Unternehmen nach Gewinnmaximierung. Sind Kosten an einer Stelle nicht gedeckt, müssen sie woanders eingespart werden, was zu Leistungs- und Qualitätseinbußen führen kann. Damit kann ein anfangs günstiger Deal für den Kunden unterm Strich ziemlich teuer werden.

Eine wesentliche Grundlage für Outsourcing-Projekte sind Preismodelle. Fehler in ihrer Gestaltung können finanzielle und operative Risiken nach sich ziehen. Doch das Pricing kann komplex und vielschichtig werden, weil Marktteilnehmer keine einheitliche Nomenklatur verwenden. Soll eine Partnerschaft im Outsourcing funktionieren, ist es für Anwender wichtig, die Preismodelle der Anbieter zu verstehen. Die folgende Übersicht soll dabei helfen.

Abrechnung pro Anwender oder Systemeinheit?

Der erste Schritt ist stets, die für einen Service relevanten Messgrößen zu definieren. Das können etwa Gigabyte (GB) für Storage-Leistungen oder Concurrent User für diverse Anwendungen sein. Die Kunden müssen sich in dem Zusammenhang entweder auf das Usage-based Pricing oder das Capacity-based Pricing festlegen.

Beim Usage-based Pricing wird nach dem Verbrauch des Kunden abgerechnet. Dabei ist zu beachten, dass der Anwender nicht nur die Menge bezahlt, die er tatsächlich verbraucht. Der Dienstleister muss die Kosten der Gesamtkapazität eines Ressourcen-Pools (etwa Storage) auf seine Kunden abwälzen. Selbst ein optimal gemanagter Ressourcen-Pool enthält immer gewisse Überkapazitäten für Wachstum oder Bedarfsschwankungen. Das Risiko ungeplanter Unterauslastungen trägt der Dienstleister. Ihm obliegt die Aufgabe, den Ressourcen-Pool so zu verwalten, dass er den Minderbedarf eines Kunden im Idealfall durch den Mehrbedarf anderer Kunden kompensieren kann.

Beim Capacity-based Pricing wird die dem Kunden bereitgestellte Kapazität unabhängig von dessen tatsächlichem Verbrauch abgerechnet. Das Auslastungsrisiko trägt der Kunde.

Preisfindung: Drei Modelle zur Auswahl

Preisfindungsmodelle definieren, wie viel ein Kunde für eine bestimmte Menge zu einem definierten Zeitpunkt bezahlt.

Das Cost-based Pricing ergibt sich aus den Kosten des Providers zuzüglich seiner Gewinnspanne. In der Spielart "Cost-plus Pricing" legt er Kosten und Marge offen.

Das Value-based Pricing orientiert sich am finanziellen Nutzen, den ein Service für den Kunden stiftet. Das können etwa Umsatzsteigerungen oder Einsparungen sein.

Ein Market-based Pricing ergibt sich durch eine Ausschreibung oder ein Benchmarking. Die Preise orientieren sich an marktüblichen Konditionen für vergleichbare Leistungen. Zu den Paramatern zählen zum Beispiel Leistungsumfang, Mengen, Service-Levels, Geografie und Branche beziehungsweise Peer Group. Aufgrund des intensiven Wettbewerbs führt dieser Ansatz meistens zu den aus Kundensicht besten Ergebnissen. Er ist daher auch das üblichste Preisfindungsmodell. Voraussetzung ist, dass es einen Markt für die Leistungen gibt. Das gilt beispielsweise nicht für kundenindividuelle Lösungen.

Preisanpassung über Menge

Vor dem Hintergrund schwankenden Bedarfs ist es erforderlich, Preise abhängig von der Abnahmemenge zu definieren. Die Wahl geeigneter Preiskurven verringert das finanzielle Risiko beider Parteien.

Im Fixed Pricing vereinbaren die Partner einen festen Preis. Das Modell ist für den Kunden dann sinnvoll, wenn Kosten über weite Strecken mengenunabhängig sind.

Das Unit Pricing sieht nur variable Preisbestandteile vor. Gäbe es in diesem Modell Fixkosten, müsste der Dienstleister für den Fall abnehmender Mengen einen entsprechenden Risikoaufschlag berücksichtigen, den der Kunde natürlich auch bei steigenden Mengen bezahlt.

Das am häufigsten passende Modell ist das Fixed & Variable Pricing, das einen Sockelbetrag mit variablen Preisbestandteilen kombiniert. Eine verbreitete Spielart ist das sogenannte ARCs & RRCs-Modell. Hier zahlt der Kunde eine Grundgebühr inklusive Fixpreisanteil für den geplanten Verbrauch. Mehrverbräuche werden über "Additional Resource Charges" (ARCs) berechnet und Minderverbräuche über "Reduced Resource Credits" (RRCs) rückvergütet. Steigt der Bedarf, profitiert der Kunde von Skaleneffekten, weil die durchschnittlichen Stückkosten sinken.

Eine besondere Ausprägung ist das Tier-Pricing-Modell. Hier werden mehrere Mengenintervalle und eine abnehmende, treppenförmige Grenzpreiskurve definiert. (Beispiel: Das erste Terabyte Speicher kostet zehn Cent, das zweite neun). Im Vergleich zum Fixed & Variable Pricing ergibt sich eine abflachende Gesamtpreiskurve (siehe Grafik).

Preisanpassung über Zeit

Heutige Outsourcing-Verträge haben eine Laufzeit von drei bis acht Jahren. Kunden erwarten während der Zeit sinkende Preise aufgrund technischen Fortschritts. Für den Provider ist das eine Herausforderung. Seine Profitabilität steht und fällt mit Modernisierungs- und Skalierungseffekten. Folgende Methoden zur Preisanpassung sind in Outsourcing-Verträgen üblich:

Das Forward Pricing berücksichtigt kalkulierbare Veränderungen der Kosten während der Laufzeit. Der Dienstleister preist risikobehaftete Veränderungen wie eine erwartbare Inflation in Nearshore- und Offshore-Regionen ein, um sein finanzielles Risiko zu begrenzen.

Alternativ wird die tatsächliche Teuerung, insbesondere für lokale Services, häufig auch über einen jährlichen Inflationsausgleich berücksichtigt.

Das Benchmarking vergleicht die vereinbarten Preise zur Laufzeit des Vertrags mit geeignet normalisierten Preisen einer Peer Group. So lassen sich unabsehbare Veränderungen berücksichtigen, die sich zum Beispiel durch die Verwendung neuer Techniken ergeben.

Insbesondere das Forward Pricing bietet Potenzial sowohl für Kunden als auch Dienstleister. Viele Provider kalkulieren ihre Preise auf Basis einer linearen Abschreibung für Hardware. Es erfolgt keine Berechnung auf Basis kalkulatorischer Kosten und der hier erlaubten degressiven Abschreibungen. Diese Methode würde den Restwertverlauf einer Hardware realitätsnäher abbilden. Da der Dienstleister hierbei seine Investition früher amortisiert, könnte er dem Kunden niedrigere Preise anbieten. Aufgrund der über die Zeit stärker fallenden Preise wäre sein Benchmarking-Risiko geringer.

Eine Hardware mit niedrigerem Restwert wäre leichter an anderer Stelle weiterzuverwenden, was die Termination Charges für Kunden reduzieren könnte. Entsprechen die Abschreibungsfaktoren der marktüblichen Price Performance, sind die Stückkosten pro Leistungseinheit in einem gegebenen Jahr unabhängig vom Wachstum und Investitionszeitpunkt. Das würde das für Kunden und Dienstleister relevante Wachstumsrisiko verringern. Bei klassischer Kalkulation bezahlt der Kunde nämlich mehr als nötig, falls das Wachstum größer als angenommen ausfällt. Umgekehrt macht der Provider bei zu geringem Wachstum Verluste. Das ist bei korrekter Verwendung einer degressiven Abschreibung als Kalkulationsgrundlage jeweils nicht der Fall.

Fazit

Die Definition eines optimalen Preismodells ist vielschichtig und komplex. Bei der Gestaltung sind in jeder der beschriebenen Dimensionen wichtige Entwurfsentscheidungen zu treffen. Kunde und Dienstleister sollten frühzeitig in den Dialog treten, um finanzielle Rahmenbedingungen und Risiken zu diskutieren und zu bewerten. Risiken sollten dann jeweils der Partei zugewiesen werden, die diese am besten managen kann. So können unnötige Risikozu-schläge und unvorhersehbare Kosten vermieden werden. Diese hätte im Zweifel der Kunde zu tragen, denn "there`s no such thing as a free lunch". (jha)

Drei Modelle zur Incentivierung

Für Dienstleister gibt es drei unterschiedliche Anreizsysteme, die sie motivieren, die finanziellen und qualitativen Ziele zu erreichen.

1. Das Pönalen-Modell soll dazu anhalten, vereinbarte Service-Levels zu erfüllen. Geschieht das nicht, zahlt der Dienstleister festgelegte Vertragsstrafen.

2. Das in Verträgen des Beratungshauses ISG übliche Credit-and Earn-Back-Modell sieht neben den Abgaben für verfehlte Ziele die Möglichkeit vor, "Credits" zurückzuverdienen (Earn-Back), indem der Provider beispielsweise Service-Level-Targets nach einer Verletzung über einen definierten Zeitraum durchgehend erfüllt. Das schafft einen zusätzlichen Anreiz zur nachhaltigen Wiederherstellung der Servicequalität.

3. Pain-Share-/Gain-Share-Modelle haben das Ziel, finanzielle Risiken ("Risk") und korrespondierende Gewinne ("Reward") zwischen Auftraggeber und Dienstleister zu teilen. Diese Modelle legen Zielgrößen fest (Kosten, Einsparungen, Key Performance Indicators = KPIs). Werden sie unterschritten, können sich für den Auftraggeber finanzielle Nachteile ("Pain") einstellen, beim Überschreiten locken zusätzliche finanzielle Gewinne ("Gain"). Das Modell teilt Risiken und Chancen auf Dienstleister und Auftraggeber auf - entweder hälftig oder nach einer zu vereinbarenden "Split Ratio" unterschiedlich.